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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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kei­nen Sinn für Rhyth­mus.»
    «Ich
auch nicht. Las­sen Sie es uns zu­sam­men pro­bie­ren.» Wir klem­men uns in die Mas­se
auf der Tanz­flä­che und wer­den lang­sam vor­wärts ge­scho­ben. «Drei Män­ner oh­ne
Frau­en im Nacht­klub», sagt Ger­da. «Warum?»
    «Warum
nicht? Mein Freund Ge­org be­haup­tet, wer Frau­en in einen Nacht­klub mit­brin­ge,
la­de sie ein, ihm Hör­ner auf­zu­set­zen.»
    «Wer
ist Ihr Freund Ge­org? Der mit der di­cken Na­se?»
    «Der
mit dem kah­len Kopf. Er ist An­hän­ger des Ha­rem-Sys­tems. Frau­en soll man nicht
vor­zei­gen, sagt er.»
    «Na­tür­lich
… Und Sie?»
    «Ich
ha­be kein Sys­tem. Ich bin wie Spreu im Win­de.»
    «Tre­ten
Sie mir nicht auf die Fü­ße», sagt Ger­da. «Sie sind kei­ne Spreu. Sie wie­gen
min­des­tens sieb­zig Ki­lo.»
    Ich
neh­me mich zu­sam­men. Wir sind ge­ra­de an Er­nas Tisch vor­bei­ge­scho­ben wor­den, und
dies­mal hat sie mich Gott sei Dank er­kannt, ob­schon ihr Kopf an der Schul­ter
des Schie­bers mit dem Sie­gel­ring liegt und er ih­re Tail­le um­klam­mert. Der
Teu­fel soll da auf Syn­ko­pen auf­pas­sen! Ich lächle zu Ger­da hin­un­ter und zie­he
sie en­ger an mich. Da­bei be­ob­ach­te ich Er­na.
    Ger­da
riecht nach Maiglöck­chen­par­füm. «Las­sen Sie mich nur wie­der los», sagt sie.
«Da­mit er­rei­chen Sie nichts bei der Da­me mit dem ro­ten Haar. Und das wol­len Sie
doch, nicht wahr?»
    «Nein»,
lü­ge ich.
    «Sie
hät­ten sie gar nicht be­ach­ten sol­len. Statt des­sen ha­ben Sie wie hyp­no­ti­siert
zu ihr rü­ber­ge­starrt und dann plötz­lich die­ses Thea­ter mit mir ar­ran­giert.
Gott, sind Sie ein An­fän­ger!»
    Ich
ver­su­che im­mer noch, das falsche Lä­cheln zu hal­ten; ich möch­te um al­les nicht,
daß Er­na merkt, daß ich hier eben­falls rein­ge­fal­len bin. «Ich ha­be das nicht
ar­ran­giert», sa­ge ich lahm. «Ich ha­be nicht tan­zen wol­len.»
    Ger­da
schiebt mich von sich weg. «Ein Ka­va­lier sind Sie an­schei­nend auch noch! Hö­ren
wir auf. Mei­ne Fü­ße tun mir weh.»
    Ich
über­le­ge, ob ich ihr er­klä­ren soll, daß ich das an­ders ge­meint ha­be; aber wer
weiß, wo­hin mich das dann wie­der bringt! Lie­ber hal­te ich den Schna­bel und ge­he
hoch­er­ho­be­nen Kopf­es, aber be­schämt hin­ter ihr her zum Tisch.
    Dort
hat der Al­ko­hol in­zwi­schen ge­wirkt. Ge­org und Rie­sen­feld du­zen sich. Rie­sen­feld
hat den Vor­na­men Alex. In spä­tes­tens ei­ner Stun­de wird er auch mich auf­for­dern,
ihn zu du­zen. Mor­gen früh ist na­tür­lich al­les wie­der ver­ges­sen.
    Ich
sit­ze ziem­lich trü­be da und war­te dar­auf, daß Rie­sen­feld mü­de wird. Die
Tan­zen­den glei­ten da­hin, von der Mu­sik ge­tra­gen, in ei­nem trä­gen Fluß von Lärm,
Kör­per­nä­he und Her­den­ge­fühl. Auch Er­na kommt her­aus­for­dernd vor­bei und
igno­riert mich. Ger­da stößt mich an.
    «Das
Haar ist ge­färbt», sagt sie, und ich ha­be das ekel­haf­te Ge­fühl, daß sie mich
trös­ten will.
    Ich
ni­cke und mer­ke, daß ich ge­nug ge­trun­ken ha­be. Rie­sen­feld ruft end­lich nach dem
Kell­ner. Li­sa ist ge­gan­gen; jetzt will auch er raus.
    Es
dau­ert ei­ne Zeit­lang, bis wir fer­tig sind. Rie­sen­feld be­zahlt tat­säch­lich den
Cham­pa­gner; ich hat­te er­war­tet, er wür­de uns mit den vier Fla­schen, die er
be­stellt hat, sit­zen­las­sen. Wir ver­ab­schie­den uns von Wil­ly, Renée de la Tour
und Ger­da Schnei­der. Es ist oh­ne­hin Schluß; auch die Mu­sik packt ein. Al­les
staut sich an den Aus­gän­gen und der Gar­de­ro­be.
    Ich
ste­he auf ein­mal ne­ben Er­na. Ihr Ka­va­lier ru­dert mit lan­gen Ar­men an der
Gar­de­ro­be her­um, um ih­ren Man­tel zu ho­len. Er­na mißt mich ei­sig. «Hier muß ich
dich er­wi­schen! Das hät­test du wohl nicht er­war­tet!»
    «Du
mich er­wi­schen?» sa­ge ich ver­blüfft. «Ich dich!»
    «Und
mit was für Sub­jek­ten!» fährt sie fort, als hät­te ich nicht geant­wor­tet. «Mit
Tin­gel­tan­gel­wei­bern! Rühr mich nicht an! Wer weiß, was du dir schon ge­holt
hast!»
    Ich
ha­be kei­nen Ver­such ge­macht, sie an­zu­rüh­ren. «Ich bin hier ge­schäft­lich», sa­ge
ich. «Und du? Wie kommst du hier­her?»
    «Ge­schäft­lich!»
Sie lacht schnei­dend auf.

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