E.M. Remarque
von seiner Inspektionsreise durch die Kneipen zurückkehrt.
Wir erreichen ihn, während er gerade an dem schwarzen Obelisken neben der Tür
sein Wasser läßt. «Herr Knopf», sage ich, «das schickt sich nicht!»
«Sie
können rühren», murmelt Knopf, ohne sich umzudrehen.
«Herr
Feldwebel», wiederhole ich. «Das schickt sich nicht! Es ist eine Schweinerei!
Warum tun Sie das nicht in Ihrer Wohnung?»
Er
wendet flüchtig den Kopf. «Ich soll in meine gute Stube pissen? Sind Sie
verrückt?»
«Nicht
in Ihre gute Stube! Sie haben eine tadellose Toilette zu Hause. Benützen Sie
die doch! Sie ist nur ungefähr zehn Meter von hier entfernt.»
«Quatsch!»
«Sie
beschmutzen das Wahrzeichen unseres Hauses! Außerdem begehen Sie ein Sakrileg.
Das hier ist ein Grabstein. Eine heilige Sache.»
«Das
wird erst ein Grabstein auf dem Friedhof», sagt Knopf und stelzt auf seine
Haustür zu. «Guten Abend die Herren allerseits.»
Er
macht eine halbe Verbeugung und stößt sich dabei den Schädel am Türpfosten.
Brummend verschwindet er.
«Wer
war das?» fragt Riesenfeld mich, während ich nach Kaffee suche.
«Das
Gegenteil von Ihnen. Ein abstrakter Trinker. Trinkt ohne jede Phantasie. Braucht
keine Hilfe von außen. Keine Wunschbilder.»
«Auch
was!» Riesenfeld nimmt am Fenster Platz. «Ein Alkoholfaß also. Der Mensch lebt
von Träumen. Wissen Sie das noch nicht?»
«Nein.
Dafür bin ich noch zu jung.»
«Sie
sind nicht zu jung. Sie sind nur ein Kriegsprodukt – emotionell unreif und
bereits zu erfahren im Morden.»
«Merci»,
sage ich. «Wie ist der Kaffee?»
Die
Schwaden klären sich anscheinend. Wir sind schon wieder beim Sie angelangt.
«Meinen Sie, daß die Dame drüben schon zu Hause ist?» fragt Riesenfeld Georg.
«Vermutlich.
Es ist ja alles dunkel.»
«Das
kann auch so sein, weil sie noch nicht da ist. Wollen wir nicht ein paar
Minuten warten?»
«Natürlich.»
«Vielleicht
können wir in der Zwischenzeit unsere Geschäfte erledigen», sage ich. «Der
Vertrag braucht ja nur noch unterschrieben zu werden. Ich hole inzwischen
frischen Kaffee aus der Küche.»
Ich
gehe hinaus und gebe Georg damit Zeit, Riesenfeld zu bearbeiten. So etwas geht
besser ohne Zeugen. Ich setze mich auf die Treppenstufen. Aus der Werkstatt des
Tischlers Wilke dringt ruhiges Schnarchen. Es muß immer noch Heinrich Kroll
sein, denn Wilke wohnt auswärts. Der nationale Geschäftsmann wird einen netten
Schreck kriegen, wenn er im Sarg aufwacht! Ich überlege, ob ich ihn wecken
soll, aber ich bin zu müde, und es wird ja auch schon hell – da sollte der
Schreck für einen so furchtlosen Krieger eher ein Stahlbad sein, das ihn
kräftigt und ihm vorführt, was das Endergebnis eines frischfröhlichen Krieges
ist. Ich sehe auf die Uhr und warte auf Georgs Signal und starre in den Garten.
Lautlos hebt sich der Morgen aus den blühenden Bäumen wie aus einem bleichen
Bett. Im erleuchteten Fenster des ersten Stocks gegenüber steht der Feldwebel
Knopf im Nachthemd und nimmt einen letzten Schluck aus der Flasche. Die Katze
streicht um meine Beine. Gott sei Dank, denke ich, der Sonntag ist zu Ende.
V
Eine Frau in
Trauerkleidung drückt sich durch das Tor und bleibt unschlüssig im Hofe stehen.
Ich gehe hinaus. Eine Hügelsteinkundin, denke ich, und frage: «Möchten Sie
unsere Ausstellung sehen?»
Sie
nickt, sagt aber gleich darauf: «Nein, nein, das ist noch nicht nötig.»
«Sie
können sich ruhig umsehen. Sie brauchen nichts zu kaufen. Wenn Sie wollen,
lasse ich Sie auch allein.»
«Nein,
nein! Es ist – ich wollte nur ...»
Ich
warte. Drängen hat in unserem Geschäft keinen Zweck. Nach einiger Zeit sagt die
Frau: «Es ist für meinen Mann ...»
Ich
nicke und warte weiter. Dabei drehe ich mich gegen die Reihe der kleinen
belgischen Hügelsteine. «Das hier sind sehr schöne
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