E.M. Remarque
gewidmet sind, und mir hat sie seit einer Woche
vorgelogen, es sei ihr wegen einer kleinen Gehirnerschütterung verboten,
auszugehen. Sie sei im Dunkeln gefallen. Gefallen, ja, aber an die Brust dieses
Jünglings, der einen zweireihigen Smoking trägt und einen Siegelring an der
Pfote, mit der er Ernas Kreuz stützt. Und ich Kamel habe ihr heute nachmittag
noch rosa Tulpen aus unserm Garten mit einem Gedicht von drei Strophen,
betitelt «Pans Maiandacht», geschickt. Wenn sie das nun dem Schieber vorgelesen
hat! Ich sehe direkt, wie beide sich vor Lachen krümmen.
«Was
ist los?» brüllt Riesenfeld. «Ist Ihnen schlecht?»
«Heiß!»
heule ich zurück und fühle, wie mir der Schweiß den Rücken ’runterläuft. Ich
bin wütend; wenn Erna sich umdreht, wird sie mich schwitzend mit rotem Kopf
sehen – aber ich möchte jetzt um alles in der Welt überlegen, kalt und gelassen
wie ein Weltmann wirken. Rasch fahre ich mir mit dem Taschentuch übers Gesicht.
Riesenfeld grinst mitleidlos. Georg sieht es. «Sie schwitzen selbst ganz nett,
Riesenfeld», sagt er.
«Bei
mir ist das was anderes! Es ist der Schweiß der Lebenslust!» brüllt Riesenfeld.
«Es
ist der Schweiß der dahinfliegenden Zeit», krächze ich giftig und spüre, wie mir
das Wasser salzig in die Mundwinkel läuft.
Erna
ist nahe heran. Sie stiert selig zur Musik hinüber. Ich gebe meinem Gesicht
einen leicht erstaunten, überlegen lächelnden Ausdruck, während mir der Schweiß
jetzt den Kragen aufweicht.
«Was
haben Sie denn?» schreit Riesenfeld. «Sie sehen ja aus wie ein mondsüchtiges
Känguruh!»
Ich
ignoriere ihn. Erna hat sich umgedreht. Ich blicke kühl auf die Tanzenden und
mustere sie, bis ich, mit einem Aufdämmern, so tue, als erkenne ich Erna
zufällig. Lässig erhebe ich zwei Finger zum Gruß. «Er ist meschugge», heult
Riesenfeld durch die Synkopen des Foxtrotts «Himmelsvater».
Ich
antworte nicht. Ich bin tatsächlich sprachlos. Erna hat mich überhaupt nicht
gesehen.
Die Musik hört endlich
auf. Die Tanzfläche wird langsam leer. Erna entschwindet in eine Nische. «Waren
Sie eben siebzehn oder siebzig?» heult Riesenfeld.
Da
die Musik in diesem Augenblick schweigt, schallt seine Frage mächtig durch den
Raum. Ein paar Dutzend Leute sehen zu uns her, und selbst Riesenfeld erschrickt.
Ich möchte rasch unter den Tisch kriechen; aber dann fällt mir ein, daß die
Leute, die hier sind, die Frage einfach für ein Verkaufsangebot halten können,
und ich erwidere kalt und laut: «Einundsiebzig Dollar das Stück, und keinen
Cent drunter.»
Meine
Antwort erweckt augenblicklich Interesse. «Um was handelt es sich?» fragt ein
Mann mit einem Kindergesicht vom Nebentisch her. «Habe immer Interesse für gute
Objekte. Cash natürlich. Aufstein ist mein Name.»
«Felix
Koks», erwidere ich die Vorstellung, froh, mich sammeln zu können. «Das Objekt
waren zwanzig Flaschen Parfüm. Der Herr drüben hat leider schon gekauft.»
«Schschsch
...» macht eine künstliche Blondine.
Die
Darbietungen beginnen. Ein Ansager redet Blödsinn und ist wütend, weil seine
Witze nicht zünden. Ich ziehe meinen Stuhl zurück und verschwinde hinter
Aufstein; für Ansager bin ich ein beliebtes Ziel, und das wäre Ernas wegen
heute eine Blamage.
Alles
geht gut. Der Ansager zieht mißmutig ab, und wer steht auf einmal in einem
weißen Brautkleid mit Schleier da? Renée de la Tour. Erleichtert setze ich mich
wieder zurecht.
Renée
beginnt ihr Duett. Züchtig und verschämt, in hohem Sopran, tiriliert sie als
Jungfrau ein paar Verse – dann kommt der Baß und ist sofort eine Sensation.
«Wie
finden Sie die Dame?» frage ich Riesenfeld.
«Dame
ist gut ...»
«Möchten
Sie sie kennenlernen? Mademoiselle de la Tour.»
Riesenfeld
stutzt. «La Tour? Sie wollen
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