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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der schwarze Obelisk
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ge­wid­met sind, und mir hat sie seit ei­ner Wo­che
vor­ge­lo­gen, es sei ihr we­gen ei­ner klei­nen Ge­hirn­er­schüt­te­rung ver­bo­ten,
aus­zu­ge­hen. Sie sei im Dun­keln ge­fal­len. Ge­fal­len, ja, aber an die Brust die­ses
Jüng­lings, der einen zwei­rei­hi­gen Smo­king trägt und einen Sie­gel­ring an der
Pfo­te, mit der er Er­nas Kreuz stützt. Und ich Ka­mel ha­be ihr heu­te nach­mit­tag
noch ro­sa Tul­pen aus un­serm Gar­ten mit ei­nem Ge­dicht von drei Stro­phen,
be­ti­telt «Pans Mai­an­dacht», ge­schickt. Wenn sie das nun dem Schie­ber vor­ge­le­sen
hat! Ich se­he di­rekt, wie bei­de sich vor La­chen krüm­men.
    «Was
ist los?» brüllt Rie­sen­feld. «Ist Ih­nen schlecht?»
    «Heiß!»
heu­le ich zu­rück und füh­le, wie mir der Schweiß den Rücken ’run­ter­läuft. Ich
bin wü­tend; wenn Er­na sich um­dreht, wird sie mich schwit­zend mit ro­tem Kopf
se­hen – aber ich möch­te jetzt um al­les in der Welt über­le­gen, kalt und ge­las­sen
wie ein Welt­mann wir­ken. Rasch fah­re ich mir mit dem Ta­schen­tuch übers Ge­sicht.
Rie­sen­feld grinst mit­leid­los. Ge­org sieht es. «Sie schwit­zen selbst ganz nett,
Rie­sen­feld», sagt er.
    «Bei
mir ist das was an­de­res! Es ist der Schweiß der Le­bens­lust!» brüllt Rie­sen­feld.
    «Es
ist der Schweiß der da­hin­flie­gen­den Zeit», kräch­ze ich gif­tig und spü­re, wie mir
das Was­ser sal­zig in die Mund­win­kel läuft.
    Er­na
ist na­he her­an. Sie stiert se­lig zur Mu­sik hin­über. Ich ge­be mei­nem Ge­sicht
einen leicht er­staun­ten, über­le­gen lä­cheln­den Aus­druck, wäh­rend mir der Schweiß
jetzt den Kra­gen auf­weicht.
    «Was
ha­ben Sie denn?» schreit Rie­sen­feld. «Sie se­hen ja aus wie ein mond­süch­ti­ges
Kän­gu­ruh!»
    Ich
igno­rie­re ihn. Er­na hat sich um­ge­dreht. Ich bli­cke kühl auf die Tan­zen­den und
mus­te­re sie, bis ich, mit ei­nem Auf­däm­mern, so tue, als er­ken­ne ich Er­na
zu­fäl­lig. Läs­sig er­he­be ich zwei Fin­ger zum Gruß. «Er ist me­schug­ge», heult
Rie­sen­feld durch die Syn­ko­pen des Fox­trotts «Him­mels­va­ter».
    Ich
ant­wor­te nicht. Ich bin tat­säch­lich sprach­los. Er­na hat mich über­haupt nicht
ge­se­hen.
    Die Mu­sik hört end­lich
auf. Die Tanz­flä­che wird lang­sam leer. Er­na ent­schwin­det in ei­ne Ni­sche. «Wa­ren
Sie eben sieb­zehn oder sieb­zig?» heult Rie­sen­feld.
    Da
die Mu­sik in die­sem Au­gen­blick schweigt, schallt sei­ne Fra­ge mäch­tig durch den
Raum. Ein paar Dut­zend Leu­te se­hen zu uns her, und selbst Rie­sen­feld erschrickt.
Ich möch­te rasch un­ter den Tisch krie­chen; aber dann fällt mir ein, daß die
Leu­te, die hier sind, die Fra­ge ein­fach für ein Ver­kaufs­an­ge­bot hal­ten kön­nen,
und ich er­wi­de­re kalt und laut: «Ein­und­sieb­zig Dol­lar das Stück, und kei­nen
Cent drun­ter.»
    Mei­ne
Ant­wort er­weckt au­gen­blick­lich In­ter­es­se. «Um was han­delt es sich?» fragt ein
Mann mit ei­nem Kin­der­ge­sicht vom Ne­ben­tisch her. «Ha­be im­mer In­ter­es­se für gu­te
Ob­jek­te. Cash na­tür­lich. Auf­stein ist mein Na­me.»
    «Fe­lix
Koks», er­wi­de­re ich die Vor­stel­lung, froh, mich sam­meln zu kön­nen. «Das Ob­jekt
wa­ren zwan­zig Fla­schen Par­füm. Der Herr drü­ben hat lei­der schon ge­kauft.»
    «Schschsch
...» macht ei­ne künst­li­che Blon­di­ne.
    Die
Dar­bie­tun­gen be­gin­nen. Ein An­sa­ger re­det Blöd­sinn und ist wü­tend, weil sei­ne
Wit­ze nicht zün­den. Ich zie­he mei­nen Stuhl zu­rück und ver­schwin­de hin­ter
Auf­stein; für An­sa­ger bin ich ein be­lieb­tes Ziel, und das wä­re Er­nas we­gen
heu­te ei­ne Bla­ma­ge.
    Al­les
geht gut. Der An­sa­ger zieht miß­mu­tig ab, und wer steht auf ein­mal in ei­nem
wei­ßen Braut­kleid mit Schlei­er da? Renée de la Tour. Er­leich­tert set­ze ich mich
wie­der zu­recht.
    Renée
be­ginnt ihr Du­ett. Züch­tig und ver­schämt, in ho­hem So­pran, ti­ri­liert sie als
Jung­frau ein paar Ver­se – dann kommt der Baß und ist so­fort ei­ne Sen­sa­ti­on.
    «Wie
fin­den Sie die Da­me?» fra­ge ich Rie­sen­feld.
    «Da­me
ist gut ...»
    «Möch­ten
Sie sie ken­nen­ler­nen? Ma­de­moi­sel­le de la Tour.»
    Rie­sen­feld
stutzt. «La Tour? Sie wol­len

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