E.M. Remarque
Denkmäler», sage ich schließlich.
«Ja,
sicher, es ist nur ...»
Sie
stockt wieder und blickt mich fast flehentlich an. «Ich weiß nicht, ob es
überhaupt erlaubt ist ...» preßt sie schließlich hervor.
«Was?
Einen Grabstein zu setzen? Wer kann das verbieten?»
«Das
Grab ist nicht auf dem Kirchhof ...»
Ich
sehe sie überrascht an. «Der Pastor will nicht, daß mein Mann auf dem Kirchhof
beerdigt wird», sagt sie rasch und leise, mit abgewandtem Gesicht.
«Warum
denn nicht?» frage ich erstaunt.
«Er
hat – weil er Hand an sich gelegt hat», stößt sie hervor. «Er hat sich das
Leben genommen. Er hat es nicht mehr ausgehalten.»
Sie
steht und starrt mich an. Sie ist noch erschrocken von dem, was sie gesagt hat.
«Sie meinen, daß er deshalb nicht auf dem Kirchhof beerdigt werden darf?» frage
ich.
«Ja.
Nicht auf dem katholischen. Nicht in geweihter Erde.»
«Aber
das ist doch Unsinn!» sage ich ärgerlich. «Er sollte in doppelt geweihter Erde
begraben werden. Niemand nimmt sich ohne Not das Leben. Sind Sie ganz sicher,
daß das stimmt?»
«Ja.
Der Pastor hat es gesagt.»
«Pastoren
reden viel, das ist ihr Geschäft. Wo sollte er denn sonst beerdigt werden?»
«Außerhalb
des Friedhofs. Auf der anderen Seite der Mauer. Nicht auf der geweihten Seite.
Oder im städtischen Friedhof. Aber das geht doch nicht! Da liegt doch alles
durcheinander.»
«Der
städtische Friedhof ist viel schöner als der katholische», sage ich. «Und auf
dem städtischen liegen auch Katholiken.»
Sie
schüttelt den Kopf. «Das geht nicht. Er war fromm. Er muß ...» Ihre Augen sind
plötzlich voll Tränen. «Er hat es sicher nicht überlegt, daß er nicht in
geweihter Erde liegen darf.»
«Er
hat wahrscheinlich überhaupt nicht daran gedacht. Aber grämen Sie sich nicht
wegen Ihres Pastors. Ich kenne Tausende von sehr frommen Katholiken, die nicht
in geweihter Erde liegen.»
Sie
wendet sich mir rasch zu. «Wo?»
«Auf
den Schlachtfeldern in Rußland und Frankreich. Sie liegen da beieinander in
Massengräbern, Katholiken, Juden und Protestanten, und ich glaube nicht, daß
das Gott etwas ausmacht.»
«Das
ist etwas anderes. Sie sind gefallen. Aber mein Mann ...»
Sie
weint jetzt offen. Tränen sind in unserm Geschäft etwas Selbstverständliches;
aber diese sind anders als gewöhnlich. Dazu ist die Frau wie ein Bündelchen
Stroh; man glaubt, der Wind könne sie wegwehen. «Wahrscheinlich hat er es im
letzten Augenblick noch bereut», sage ich, um etwas zu sagen. «Damit ist dann
alles vergeben.»
Sie
sieht mich an. Sie ist so hungrig für ein bißchen Trost!
«Meinen
Sie das wirklich?»
«Bestimmt.
Der Priester weiß das natürlich nicht. Das weiß nur Ihr Mann. Und der kann es
nicht mehr sagen.»
«Der
Pastor behauptet, die Todsünde ...»
«Liebe
Frau», unterbreche ich sie. «Gott ist viel barmherziger als die Priester, das
können Sie mir glauben.»
Ich
weiß jetzt, was sie quält. Es ist nicht sosehr das ungeweihte Grab; es ist der
Gedanke, daß ihr Mann als Selbstmörder für alle Ewigkeit in der Hölle brennen
muß und daß er vielleicht gerettet werden und mit ein paar hunderttausend
Jahren Fegefeuer davonkommen könnte, wenn er auf dem katholischen Friedhof
beerdigt würde.
«Es
war wegen des Geldes», sagt sie. «Es war auf der Sparkasse für fünf Jahre
mündelsicher angelegt, und er konnte es deshalb nicht abheben. Es war die
Mitgift für meine Tochter aus erster Ehe. Er war der Vormund. Als er es dann
vor zwei Wochen abholen konnte, war es nichts mehr wert, und der Bräutigam
machte die Verlobung rückgängig. Er hatte erwartet, wir hätten Geld für eine
gute Aussteuer. Vor zwei Jahren hätte es noch gereicht, aber jetzt ist es
nichts mehr wert. Meine Tochter hat nur noch geweint. Das hat er nicht
ausgehalten. Er glaubte, es wäre seine Schuld; er hätte besser
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