E.M. Remarque
doch nicht behaupten,daß dieses absurde Naturspiel die
Zauberin vom Fenster Ihnengegenüber ist?»
Ich
will es gerade behaupten, um zu sehen, wie er reagiert, da sehe ich etwas wie
einen engelhaften Schein um seine Elefantennase wehen. Ohne zu sprechen deutet
er mit dem Daumen zum Eingang. «Da – dort drüben – da ist sie ja! Dieser Gang!
Man kennt ihn sofort wieder!»
Er
hat recht. Lisa ist hereingekommen. Sie ist in Gesellschaft von zwei älteren
Knackern und benimmt sich wie eine Dame feinster Gesellschaft, wenigstens nach
Riesenfelds Begriffen. Sie scheint kaum zu atmen und hört ihren Kavalieren
zerstreut und hochmütig zu. «Habe ich recht?» fragt Riesenfeld. «Kennt man
Frauen nicht gleich am Gang?»
«Frauen
und Polizisten», sagt Georg und grinst; aber er blickt ebenfalls wohlgefällig
auf Lisa.
Die
zweite Nummer des Programms beginnt. Eine Akrobatin steht auf der Tanzfläche.
Sie ist jung, hat ein keckes Gesicht, eine kurze Nase und schöne Beine. Sie
tanzt einen akrobatischen Tanz, mit Saltos, Handständen und hohen Sprüngen. Wir
beobachten Lisa weiter. Sie scheint am liebsten das Lokal wieder verlassen zu
wollen. Das ist natürlich Schwindel; es gibt nur diesen einen Nachtklub in der
Stadt; das andere sind Cafés, Restaurants oder Kneipen. Deshalb trifft man hier
auch jeden, der genug Zaster hat, herzukommen.
«Champagner!»
schmettert Riesenfeld mit Diktatorstimme.
Ich
schrecke auf, und auch Georg ist besorgt. «Herr Riesenfeld», sage ich. «Der
Champagner ist hier sehr schlecht.»
In
diesem Augenblick schaut mich ein Gesicht vom Boden an. Ich blicke erstaunt
zurück und sehe, daß es die Tänzerin ist, die sich so weit nach hinten
heruntergebeugt hat, daß ihr Kopf zwischen den Beinen wieder hervorkommt. Sie
sieht eine Sekunde aus wie ein äußerst verwachsener Zwerg. «Den Champagner
bestelle ich!» erklärt Riesenfeld und winkt dem Kellner.
«Bravo!»
sagt das Gesicht von unten.
Georg
zwinkert mir zu. Er spielt die Rolle des Kavaliers, während ich da bin für die
unbequemen Sachen; das ist so ausgemacht zwischen uns. «Wenn Sie Champagner
wollen, Riesenfeld, bekommen Sie Champagner», sagt er deshalb jetzt. «Aber Sie
sind natürlich unser Gast.»
«Ausgeschlossen!
Ich übernehme das! Kein Wort mehr darüber!» Riesenfeld ist ganz Don Juan hoher
Klasse. Er sieht befriedigt auf die goldene Kapsel im Eiskühler. Verschiedene
Damen zeigen sofort starkes Interesse. Ich bin ebenfalls einverstanden. Der
Champagner wird Erna lehren, daß sie mich zu früh über Bord geschmissen hat.
Mit Genugtuung trinke ich Riesenfeld zu, der feierlich erwidert.
Willy
taucht auf. Es war zu erwarten; er ist hier Stammgast. Aufstein bricht mit
seiner Gesellschaft auf, und Willy wird unser Nachbar. Er erhebt sich gleich
darauf und heißt Renée de la Tour willkommen. Sie hat ein hübsches Mädchen bei
sich, das ein schwarzes Abendkleid trägt. Nach einer Weile erkenne ich die
Akrobatin. Willy macht uns bekannt. Sie heißt Gerda Schneider und wirft einen
abschätzenden Blick auf den Champagner und auf uns drei. Wir passen auf, ob
Riesenfeld Interesse faßt; dann wären wir ihn für den Abend los. Aber
Riesenfeld ist verkauft an Lisa. «Meinen Sie, daß man sie zum Tanzen auffordern
kann?» fragt er Georg.
«Ich
würde es Ihnen nicht raten», erwidert Georg diplomatisch. «Aber wir werden sie
vielleicht später noch irgendwie kennenlernen.»
Er
sieht mich vorwurfsvoll an. Hätte ich im Büro nicht gesagt, daß wir nicht
wüßten, wer Lisa sei, wäre die Sache in Ordnung. Aber wer konnte ahnen, daß
Riesenfeld auf die romantische Tour gehen würde? Jetzt ist es zu spät, ihn
aufzuklären. Romantiker haben keinen Humor.
«Tanzen
Sie nicht?» fragt die Akrobatin mich.
«Schlecht.
Ich habe
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