E.M. Remarque
kleinen
Besuchsanzug, gestreifte Hose mit Marengo-Jackett, dazu einen altmodischen,
harten Stehkragen mit Ecken und eine gedämpfte Krawatte mit viel Schwarz darin.
Er hat vor zwei Jahren einen Augenblick geschwankt, als er dieses Kostüm
bestellte; er überlegte, ob ein Cutaway nicht passender für ihn wäre, entschied
sich dann aber dagegen, weil er zu klein ist. Es war ein glücklicher Verzicht;
auch Napoleon hätte lächerlich in einem Schwalbenschwanz ausgesehen. So, in der
heutigen Aufmachung, wirkt Heinrich Kroll wie ein kleiner Empfangschef des
lieben Gottes – und das ist genau, wie es sein soll. Die Radfahrklammern geben
dem Ganzen noch einen heimeligen, aber raffinierten Zug – von Leuten, die sie
tragen, glaubt man, im Zeitalter des Autos billiger kaufen zu können.
Heinrich
legt seinen Hut ab und wischt sich mit dem Taschentuch über die Stirn. Es ist
draußen ziemlich kühl, und er schwitzt nicht; er tut es nur, um uns zu zeigen,
was für ein Schwerarbeiter er gegen uns Schreibtischwanzen ist.
«Ich
habe das Kreuzdenkmal verkauft», sagte er mit gespielter Bescheidenheit, hinter
der ein gewaltiger Triumph schweigend brüllt.
«Welches?
Das kleine aus Marmor?» frage ich hoffnungsvoll.
«Das
große», erwidert er noch schlichter und starrt mich an.
«Was?
Das aus schwedischem Granit mit dem Doppelsockel und den Bronzeketten?»
«Das!
Oder haben wir noch ein anderes?»
Heinrich
genießt deutlich seine blöde Frage als einen Höhepunkt sarkastischen Humors.
«Nein»,
sage ich. «Wir haben kein anderes mehr. Das ist ja das Elend! Es war das
letzte. Der Felsen von Gibraltar.»
«Wie
hoch hast du verkauft?» fragt jetzt Georg Kroll.
Heinrich
reckt sich. «Für dreiviertel Millionen, ohne Inschrift, ohne Fracht und ohne
Einfassung. Die kommen noch dazu.»
«Großer
Gott!» sagen Georg und ich gleichzeitig.
Heinrich
spendet uns einen Blick voll Arroganz; tote Schellfische haben manchmal so
einen Ausdruck. «Es war ein schwerer Kampf», erklärt er und setzt aus
irgendeinem Grunde seinen Hut wieder auf.
«Ich
wollte, Sie hätten ihn verloren», erwidere ich.
«Was?»
«Verloren!
Den Kampf!»
«Was?»
wiederholt Heinrich gereizt. Ich irritiere ihn leicht.
«Er
wollte, du hättest nicht verkauft», sagt Georg Kroll.
«Was?
Was soll denn das nun wieder heißen? Verdammt noch mal, man plagt sich von
morgens bis abends und verkauft glänzend, und dann wird man als Lohn in dieser
Bude mit Vorwürfen empfangen! Geht mal selber auf die Dörfer und versucht ...»
«Heinrich»,
unterbricht Georg ihn milde. «Wir wissen, daß du dich schindest. Aber wir leben
heute in einer Zeit, wo Verkaufen arm macht. Wir haben seit Jahren eine
Inflation. Seit dem Kriege, Heinrich. Dieses Jahr aber ist die Inflation in
galoppierende Schwindsucht verfallen. Deshalb bedeuten Zahlen nichts mehr.»
Das
weiß ich selbst. Ich bin kein Idiot.»
Niemand
antwortet darauf etwas. Nur Idioten machen solche Feststellungen. Und denen zu
widersprechen ist zwecklos. Ich weiß das von meinen Sonntagen in der
Irrenanstalt. Heinrich zieht ein Notizbuch hervor. «Das Kreuzdenkmal hat uns im
Einkauf fünfzigtausend gekostet. Da sollte man meinen, daß dreiviertel
Millionen ein ganz netter Profit wären.»
Er
plätschert wieder in Sarkasmus. Er glaubt, er müsse ihn bei mir anwenden, weil
ich einmal Schulmeister gewesen bin. Ich war das kurz nach dem Kriege, in einem
verlassenen Heidedorf, für neun Monate, bis ich entfloh, die Wintereinsamkeit
wie einen heulenden Hund auf den Fersen.
«Es
wäre ein noch größerer Profit, wenn Sie statt des herrlichen Kreuzdenkmals den
verdammten Obelisken draußen vor dem Fenster verkauft hätten», sage ich. «Den
hat Ihr verstorbener Herr Vater vor sechzig Jahren bei der Gründung
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