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Emerald: Hörspiel

Titel: Emerald: Hörspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Stephens , Alexandra Ernst
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und Michael nahmen die Gelegenheit wahr und schauten sich um. In einer Ecke stand ein breites Bett mit einer Decke aus Bärenfell, auf dem Emma lag und schlief. Dann waren da der steinerne Kamin, wo der Mann Feuerholz aufschichtete, ein alter Holztisch mit Stühlen und zwei Bänken. An den Wänden hingen Schneeschuhe, Angeln, Eispickel, Bögen und Köcher mit Pfeilen, Messer und ein langer Speer, während an der Decke neben unterschiedlich großen Töpfen und Pfannen auch etliche Tierfallen aufgehängt waren. Die Hütte war klein, aber sauber und ordentlich. Alles, was man zum Leben benötigte, war vorhanden. Es dauerte nicht lange, und ein heller, warmer Feuerschein ergoss sich in den Raum, und als Kate nach Michael sah, entdeckte sie ihn auf dem Bett neben Emma. Er schnarchte leicht.
    »Hängt eure Kleider am Feuer zum Trocknen auf. Und haltet die Vorhänge geschlossen. Ihr könnt das Bett haben.«
    Dann war er fort.
    Mit viel Mühe brachte Kate ihren Bruder und ihre Schwester dazu, aufzustehen und die nassen Schuhe und Kleidungsstücke abzustreifen. Ohne die Augen zu öffnen, ließen Emma und Michael alles auf einen Haufen auf dem Boden fallen, zogen trockene, knielange Hemden an, die der Mann für sie bereitgelegt hatte, und krabbelten dann wieder unter die Decke. Kate
stellte die Schuhe auf den Kaminsims. Die Kleider wrang sie in einen Eimer aus und hängte sie über ein Seil, das sie gefunden und quer vor den Kamin gespannt hatte. Sie fühlte sich wie in einem Land jenseits der Müdigkeit, als ob sie niemals wieder Schlaf benötigen würde. Trotzdem kletterte sie zu ihren Geschwistern ins Bett, nachdem sie das letzte trockene Hemd angelegt hatte. Wohin war der Mann gegangen? Und wer war er? Sicher kein Freund der Gräfin – aber konnten sie ihm vertrauen? Er war ganz offensichtlich sehr gefährlich. Kate lag da, fühlte das Gewicht des Bärenfells und die Wärme und Trockenheit der Laken auf ihrer Haut. Der Regen vor der Tür klang weit entfernt. Sie beschloss, wach zu bleiben, bis der Mann zurückgekehrt war.
    Sie riss die Augen auf. Wie lange hatte sie geschlafen? Es war immer noch Nacht und es regnete nach wie vor. Aber der Mann war wieder da. Er saß neben dem Kamin und sägte an den Metallmanschetten, die seine Handgelenke umschlossen. Die flackernden Flammen spielten mit der langen Narbe auf seinem Gesicht. Jetzt war die rechte Zeit, ihn zu fragen, wer er war und warum er die Gräfin töten wollte. Aber Kate lag nur da, lauschte auf die Atemzüge ihrer Geschwister, auf das Prasseln des Regens auf dem Dach, auf das leise Knistern und Knacken des Feuers und auf das stetige Schnarren der Säge, die durch Metall schnitt. Sie war so müde. Sie würde nur eine Minute die Augen zumachen. Dann wollte sie ihn fragen.
    Kate wurde von einer ganzen Reihe übler Träume heimgesucht. Im letzten sah sie eine unterirdische Stadt. Sie erhob sich in dem ausgehöhlten Herzen eines riesigen Berges. Gebäude wie diese hatte Kate noch niemals gesehen. Sie sahen aus, als wären sie geradewegs aus dem Felsen gehauen worden, als ob die
Stadt nicht gebaut, sondern ausgegraben worden wäre. Die Gebäude wirkten übermächtig, auf eine merkwürdige Art roh und brutal und gleichzeitig wunderschön. Plötzlich fing die Erde an zu wanken und zu zerbrechen. Gebäude stürzten ein. Feuer brachen aus. Und dann schien die Erde sich zu öffnen und die gesamte Stadt zu verschlingen.
    Kate erwachte schwer atmend und schweißgebadet. Das Feuer war erloschen. Tageslicht spähte durch die Vorhänge. Die Ketten, mit denen der Mann gefesselt gewesen war, lagen zusammengerollt neben dem Kamin. Kate war allein. Emmas und Michaels Kleider hingen nicht mehr auf der Wäscheleine. Sie betastete ihre eigenen. Sie waren trocken. Rasch zog sie sich an und ging nach draußen.
    Der Schritt in das gleißende Sonnenlicht war wie ein Schock und sie musste mehrmals blinzeln und die Augen mit der Hand abschirmen. Die Hütte klebte an einem Berghang und blickte über das Tal. Es war ein herrlicher, wolkenloser Morgen. Die Luft schmeckte kühl und sauber. Wären nicht der schlammige Untergrund gewesen und die glitzernden Regentropfen auf den Bäumen, ihre zerrissenen und verschmutzten Kleider und das getrocknete Blut auf ihren Händen, hätte sie fast glauben können, dass sie die Nacht und alles, was passiert war – der Sturm, die Wölfe, das plötzliche Auftauchen des Mannes –, nur geträumt hatte.
    »Guten Morgen!«
    Michael saß auf einem Felsen, ein paar

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