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Emil und die drei Zwillinge

Emil und die drei Zwillinge

Titel: Emil und die drei Zwillinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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offenen Abteilfenstern hinaus in die stille Landschaft.
    Die Kiefern wiegten sich leicht im Sommerwind und flüsterten einander zu: „Die Großen Ferien haben begonnen.“
    »Drum“, brummte eine uralte Buche.

VIERTES KAPITEL - VILLA SEESEITE
    Korlsbüttel ist keiner von den großen Badeorten. Noch vor zehn Jahren hatte Korlsbüttel nicht einmal einen Bahnhof. Damals mußte man auf der Strecke Lübeck-Stralsund in einem kleinen Nest aus dem Zug steigen, das, wenn ich nicht irre, Stubbenhagen hieß. Dort stand, wenn man besonderes Glück hatte, irgendein altmodisches Fuhrwerk, das mit einem schweren mecklenburgischen Gaul bespannt war, und zockelte die Badegäste nach Korlsbüttel hinüber. Auf zerfahrenen, sandigen Waldwegen. Links und rechts dehnte sich die Heide. Die Wacholderbüsche standen wie grüne Zwerge zwischen den hundertjährigen Eichen und Buchen. Und manchmal fegte ein Rudel Rehe durch die Stille. Und von den Kohlenmeilern, die auf den Waldwiesen lagen, stieg blauer, beizender Rauch in die Sommerluft empor. Es war wie in Grimms Märchen.
    Heute ist das anders. Heute fährt man, ohne umzusteigen, bis Korlsbüttel, stiefelt vornehm aus dem Bahnhof, gibt seinen Koffer einem Gepäckträger und ist in drei Minuten im Hotel und in zehn Minuten am Meer. Ich glaube, daß es früher schöner war.
    Damals war es mit Schwierigkeiten verbunden, ans Meer zu kommen. Und man soll Schwierigkeiten, die einem Ziel im Wege stehen, nicht unterschätzen. Sie haben ihr Gutes.
    Halb Korlsbüttel war am Bahnhof, um den Ferienzug zu empfangen. Der Bahnhofsplatz stand voller Leiterwagen, Kutschen, Dreiräder, Tafelwagen und Karren. Man erwartete viele Gäste und noch mehr Gepäck.
    Fräulein Klotilde Seelenbinder, Haberlands altes Dienstmädchen, lehnte an der Sperre und winkte, als sie den Justizrat erblickte, mit beiden Händen. Er überragte die aus dem Zug strö- menden Menschen um Haupteslänge. „Hier bin ich!“ rief sie.
    „Herr Justizrat! Herr Justizrat!“
    „Schreien Sie nicht so, Klotilde“, sagte er und schüttelte ihr die Hand. „Lange nicht gesehen, was?“
    Sie lachte. „Es waren doch nur zwei Tage.“
    „Ist alles in Ordnung?“
    „Das will ich meinen. Guten Tag, gnädige Frau. Wie geht’s?
    Ein Glück, daß ich vorausgefahren bin. So ein Haus macht Arbeit. Guten Tag, Theo! Du bist blaß, mein Liebling. Fehlt dir was? Und das ist sicher dein Freund Emil. Stimmt’s? Guten Tag, Emil. Ich habe schon viel von dir gehört. Die Betten sind überzogen. Heute abend gibt’s Beefsteak mit Mischgemüse. Das Fleisch ist billiger als in Berlin. Ach, und das ist Pony Hütchen, Emils Kusine. Das sieht man sofort. Diese Ähnlichkeit! Hast du dein Fahrrad mitgebracht? Nein?“
    Emils Großmutter hielt sich die Ohren zu. „Machen Sie ‘ne Pause!“ bat sie. „Machen Sie ‘ne Pause, Fräulein. Sie reden einem ja Plissee in die Ohrläppchen. Ich bin Emils Großmutter. Guten Tag, meine Liebe.“
    „Nein, diese Ähnlichkeit!“ meinte Haberlands Dienstmädchen. Dann verneigte sie sich und sagte: „Klotilde Seelenbinder.“
    „Ist das ein neuer Beruf?“ fragte die Großmutter.
    „Nein. Ich heiße so.“
    „Sie Ärmste!“ rief die Großmutter. „Gehen Sie doch mal zum Arzt. Vielleicht verschreibt Ihnen der einen anderen Namen.“
    „Ist das Ihr Ernst?“ fragte Klotilde.

    „Nein“, erwiderte die Großmutter. „Nein, Sie kluges Geschöpf. Ich bin fast nie ernst. Es lohnt sich zu selten.“ Dann wurden die Koffer und Taschen auf einen Tafelwagen geladen. Den Wagen hatte Klotilde vom Fuhrhalter Kroger geliehen, und ein Knecht zog ihn. Emil und der Professor schoben.
    So ging’s die Blücherstraße entlang. Die Erwachsenen und Pony spazierten hinterdrein.
    Plötzlich hupte es laut. Aus einem Seitenweg bog, in voller Fahrt, ein Motorrad. Das Motorrad bremste. Krögers Knecht hielt den Wagen an und fluchte, daß die Fensterscheiben der Umgegend zitterten. Glücklicherweise fluchte er plattdeutsch.
    „Nu treten Sie sich bloß nicht auf den Schlips!“ rief der Motorradfahrer. „Is ja alles halb so wichtig.“ Emil und der Professor guckten erstaunt hinter den Koffern vor und brüllten begeistert: „Gustav!“ Sie rannten um Krögers Wagen herum und begrüßten den alten Freund.
    Der legte vor Schreck sein Motorrad auf die Straße, schob die Schutzbrille hoch und sagte: „Das hätte mir gerade noch gefehlt, Herrschaften! Daß ich meine zwei besten Freunde zerquetscht hätte! Eigentlich wollten wir euch

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