Emilia - Herzbeben
stürzte sich seine Armee auf ihn. Mia lief ihm entgegen und schrie, doch Angor schoss sie mit einer einzigen Handbewegung quer durch die ganze Halle. Sie schlug mit dem Kopf gegen eine Säule und brach in sich zusammen. Sie hörte Ramon noch mit schmerzverzerrter Stimme ihren Namen rufen, doch dann wurde alles still. Erneut.
Zur selben Zeit trafen Sylvia und Soraya mit ihrer Gruppe bei den anderen ein. Sie teilten ihnen sofort mit, dass Ramon und die beiden Geschwister im Schloss waren und sie Schreie gehört hatten.
»Was machen wir, wenn sie da nicht mehr lebend rauskommen?«, fragte ein Mädchen.
Viele sahen Alva an. Doch sie hatte keine Antwort auf diese Frage. Sie hatte nur tausend andere Fragen. Wo war Rece? Wenn er es geschafft hatte seinen Plan in die Tat umzusetzen, wo war er dann? Und wenn nicht, wo war dieser Vhan? Was hatte er damit bezweckt Anna und Walt aus dem Geschehen zu holen, wenn jetzt doch alles aufflog?
»Vhan?«, fragte Sylvia überrascht und sah Alva dabei perplex an.
Alva seufzte. Sylvia schaffte es nicht oft Gedanken zu hören. Manchmal fing sie nur Fetzen auf. Doch es funktionierte meistens nur in Stresssituationen. Sie wusste auch nicht warum. Vielleicht, weil Sylvia Stresssituationen gewöhnt war. Alva hatte jetzt aber keinen Nerv Sylvia die ganze Geschichte über Vhan zu erzählen und nickte nur.
»Vhan Develiér?«
Jetzt blickte sie sie erstaunt an. »Woher kennst du Vhan?«
Sylvia kramte jetzt den Anhänger aus ihrer Hosentasche, denNouel für Mia gemacht hatte und sprach aufgeregt: »Der lag sozusagen schon für Mia bereit! Dieser Vhan ist vor ein paar Tagen dort gewesen und hat Nouel beauftragt ihn für Mia anzufertigen. Er hat ihn sogar schon bezahlt.«
Alva blickte sie entsetzt an. »Wie bitte?« Was sollte das bedeuten? Hatte er das alles geplant? Hatte er gewusst, was passieren würde? Alva nahm den Anhänger in die Hand und betrachtete ihn nachdenklich. Wenn er alles vorausgesehen hatte, was hatte er für diesen Moment geplant? Was sollten sie tun?
»Mia muss den Anhänger bekommen«, sagte Sylvia fest. »Sofort.«
Mike trat jetzt vor und deutete auf das Schloss. »Sie ist da drin! Wie sollen wir das machen?«
Sylvia senkte nachdenklich den Blick auf das silberne Herz. »Er hat gesagt, dass diese Wesen sie nicht mehr wahrnehmen können, wenn sie ihn trägt.« Sie sah, wie Jona jetzt ebenfalls aus der Menge zu ihr vor trat. »Wahrscheinlich bekommen wir sie nur auf diese Weise da heraus. Es ergibt alles einen Sinn.« Sie blickten sie alle verständnislos an, während sie sprach. »Alles ist miteinander verbunden. Wie in einem Gemälde, in dem jedes Farbpigment einen Menschen repräsentiert. Jedes Pigment ist genau dort, wo es ist, richtig – denn so ergibt es ein perfektes Bild. Wir sind genau dort, wo wir sein sollen. Ich bin genau dort, wo ich sein soll«, sagte sie und verlor sich einen Moment in ihren Gedanken.
»Sylvia«, sagte Soraya warnend und berührte ihren Arm. »Du machst jetzt keinen Blödsinn, oder?«
Alva trat an sie heran. »Was meinst du damit?«
»Sie … hatte eine Vision. Sie hat gesehen, wie sie …«
In diesem Moment schnappte sich Sylvia die Kette mit dem Anhänger aus Alvas Hand und rannte los.
»Sylvia!!«, rief Soraya ihr panisch hinterher.
Sie hörte, wie sie ihr nachliefen, doch sie war zu schnell für sie. In diesem Moment fügte sich alles zusammen. Sie war schon immer die beste Läuferin an ihrer Schule gewesen, was ihr jetzt zu Gute kam. Sie lief ihnen davon und niemand konnte sie aufhalten. Und die Tatsache, dass sie diejenige war, die immer von Vampiren angegriffen worden war und sich an jedes Detail erinnern konnte,hatte sie abgehärtet und mutig werden lassen, was ihr den Entschluss leicht gemacht hatte, in diesem Moment vermutlich direkt in den Tod zu laufen. Sie musste es tun. Warum hatte sonst ausgerechnet sie diese Fähigkeit, mit der sie Vampire blenden konnte? Warum hatte Nouel ihr den Anhänger gegeben? Alles sprach dafür, dass sie dazu bestimmt war, Mia da herauszuholen. Selbst, wenn sie dabei drauf ging. Sie würde Mia nicht da drin sterben lassen. Auch, wenn sie sie nicht besonders leiden konnte und es für sie vorgesehen war sowieso bald zu sterben, so wollte sie nicht, dass es durch einen dieser Bastarde geschah. Oder den Bastard schlechthin, Angor. Sie lief seitlich am Schloss entlang und kletterte durch eines der zertrümmerten Fenster hinein. Es war stockfinster da drin. Bevor sie allzu weit hinein ging,
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