Emilia - Herzbeben
verfluchte Schloss zu stürmen, alle Vampire darin zu töten, Mia zu schnappen und so weit wie möglich wegzulaufen. Sie saßen schon viel zu lange hier. »Wieso kann ich sie nicht spüren?«, fragte er. »Ich höre weder ihre Gedanken, noch spüre ich irgendeine Gefühlsregung von ihr. Es ist, als sei sie gar nicht da.« Seine Stimme klang erschreckend ängstlich und schwach.
Sie sahen ihn stumm an und dachten sich ihren Teil. Doch Ramon ahnte schon, was sie nicht auszusprechen wagten und wollte sich erneut abstützen, um in einem Höllentempo, auf das Schloss zuzurasen. Da packte Malina wieder seinen Arm und flüsterte schnell: »Sie ist nicht tot! Ich kenne ihn. Er will sie als Trophäe. Sie ist die Tochter seines größten Feindes. Er bringt sie nicht einfach um, glaub mir. Sie ist dort irgendwo. Vermutlich hat sie instinktiv ihre Gedanken vor ihm verschlossen. So können wir sie selbstverständlich auch nicht hören oder spüren.«
Er konnte kaum an sich halten. Aber sie hatten recht. Wenn er einfach so hinein stürmte, würde er ihn töten und dann war Mia ganz allein. Er musste warten und den richtigen Moment abpassen, auch wenn ihm noch nie etwas schwerer gefallen war und es ihm fast körperlich weh tat hier zu hocken, während sie ihm da drin völlig ausgeliefert war. Er würde sich in das Schloss schleichen, sie aufspüren und … plötzlich stockte er. Er riss seinen Körper herum und sah den Weg hinunter, der in den weit abgelegenen Ort führte. Kell und Malina starrten in dieselbe Richtung und konnten nicht fassen, was sie sahen. »Sind die wahnsinnig?«, hauchte Malina. In der Dunkelheit marschierten die übersinnlichen Kids direkt auf sie zu. In ihren Händen hielten sie ihre Handys, um den Weg auszuleuchten.
»Sorgt dafür, dass sie verschwinden!«, raunte Ramon.
Kell und Malina liefen ihnen sofort entgegen und brachten die riesige Gruppe zum Stehen, als sie bei ihnen ankamen. »Seid ihr lebensmüde?!«, flüsterte Malina und blickte dabei Alvavorwurfsvoll ins Gesicht.
»Sieh mich nicht so an!«, sagte Alva. »Ich konnte sie nicht davon abhalten!«
Jona drängte sich an Malina und Kell vorbei und wollte stur weitergehen, da packte Kell ihn am Kragen und knurrte ihm warnend ins Gesicht. »Du spielst mit deinem Leben, Junge!«, raunte er.
Doch Jona riss sich wütend los. »Ich weiß!«, entgegnete er und blickte dem Vampir dabei fest in die dunklen Augen. »Das tun wir alle. Aber wir sind noch nicht tot, oder? Wir werden …«
»Ihr werdet da nicht reingehen!«, schnauzte Kell erst ihm und dann den anderen entgegen. Dann schubste er Jona zurück in die Gruppe. »Was glaubt ihr, wer ihr seid? Dass ihr übersinnliche Kräfte besitzt, macht euch nicht unsterblich! Denkt ihr wirklich, er lässt sich von einer Gruppe Kinder einschüchtern?« Ihren Gesichtern sah er an, dass sie sich nicht umstimmen lassen würden. Kell starrte sie mit offenem Mund an. Das konnte nicht ihr ernst sein. Sie wirkten fast wie hypnotisiert. Wie willenlose Zombies, die direkt und mit offenen Augen in den Tod liefen.
»Wir haben nicht vor, da reinzugehen«, sagte Nadja jetzt und stellte sich ebenso entschlossen neben Jona. »Wir sind nicht total blöd und suizidgefährdet schon mal gar nicht. Wir wissen selbst, dass wir keine Chance gegen ihn haben. Wir helfen Mia aus der Ferne.«
Malina und Kell blickten sie stirnrunzelnd an. »Aus der Ferne«, sagte Malina skeptisch. »Das nennt ihr Ferne? Er kann euch schon längst spüren!«
Jetzt machten sie alle erschrockene Gesichter. Kell verdrehte die Augen und strich sich stöhnend durch sein dunkles Haar. »Ich glaub das alles nicht.« Dann wandte er sich um und warf einen Blick auf das Gebüsch, hinter dem sie sich eben noch versteckt hatten. »Verflucht!«, rief er plötzlich aus und lief los. Ramon war fort. Malina folgte ihm und lief mit ihm auf das Schloss zu. Sie sahen sofort, dass alle Wachen zerfetzt auf der Wiese lagen. Sie teilten sich auf und liefen außen um das Schloss herum, um einen anderen Eingang zu finden. In dem Moment hörten sie, wie überall im Gebäude die Glühbirnen in den Lampen zersprangen. EinRaum nach dem anderen verdunkelte sich. Malina ahnte schon, wem sie das zu verdanken hatten, fluchte aber über ihre Dummheit. Vampire konnten in der Dunkelheit genauso gut sehen, wie am Tag. Aber das konnten sie ja nicht wissen. Sie versuchten ihnen nur zu helfen, was ihrer Meinung nach völlig überflüssig war. Als dann einige Fenster im Erdgeschoss wie durch
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