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Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe)

Titel: Emily Brontë: Sturmhöhe (Wuthering Heights) (Vollständige deutsche Ausgabe) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Brontë
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Linton um. Earnshaw war herausgekommen, um das Unheil, das er angerichtet hatte, zu betrachten, und war gerade dabei, den armen Jungen hinaufzutragen. Zillah und ich folgten ihm; aber er hielt mich am Ende der Treppe an und sagte, da dürfe ich nicht hinein, ich solle nach Hause gehen. Ich schrie ihn an, er habe Linton getötet, und ich wolle hinein. Joseph schloss die Tür und erklärte, ich würde nichts dergleichen tun, und fragte mich, ob ich auch so verrückt werden wolle wie Linton. Ich stand da und weinte, bis die Haushälterin wieder erschien. Sie behauptete, es werde ihm bald besser gehen; aber er könne das Geschrei und den Lärm nicht vertragen, und sie umfasste mich und trug mich fast in das ›Haus‹.
    Ellen, ich hätte mir die Haare raufen können. Ich schluchzte und weinte so, dass ich kaum aus den Augen sehen konnte, und der Grobian, den du so gern hast, stand vor mir und nahm sich heraus, mich hin und wieder zu bitten, ruhig zu sein, und zu behaupten, dass es nicht seine Schuld sei. Eingeschüchtert durch meine Drohung, dass ich es Papa sagen und dass er ins Gefängnis kommen und gehenkt werde, fing er schließlich an zu weinen und stürzte hinaus, um seine feige Aufregung zu verbergen. Und doch war ich ihn immer noch nicht los; als sie mich endlich zum Wegreiten genötigt hatten und ich etliche hundert Meter von dem Grundstück entfernt war, kam er plötzlich aus dem Schatten des Wegrandes hervor, hielt Minny an und griff nach mir.
    ›Miss Catherine, es tut mir sehr leid‹, fing er an, ›aber es is zu schlimm, dass…‹
    Ich versetzte ihm einen Schlag mit der Reitgerte, weil ich glaubte, er wolle mich ermorden. Er ließ los, stiess einen seiner schrecklichen Flüche aus, und ich galoppierte, halb von Sinnen, heim.
    An dem Abend habe ich dir nicht gute Nacht gesagt, und am nächsten Tag bin ich nicht nach Wuthering Heights geritten. Ich hätte es sehr gern getan, aber ich war seltsam erregt: ich fürchtete zu hören, dass Linton tot sei, und schauderte bei dem Gedanken, Hareton zu begegnen. Am dritten Tag schließlich fasste ich mir ein Herz, denn ich konnte die Ungewissheit nicht länger ertragen, und stahl mich noch einmal fort. Ich ging um fünf Uhr, und zwar zu Fuß, weil ich glaubte, ich könnte unbemerkt ins Haus und in Lintons Zimmer hinaufschlüpfen. Aber die Hunde gaben Laut, als ich näher kam. Zillah empfing mich, sagte, der Junge erhole sich ganz nett, und führte mich in ein kleines, sauberes, mit Teppichen ausgelegtes Zimmer, wo ich zu meiner unaussprechlichen Freude Linton erblickte, der auf einem kleinen Sofa lag und in einem meiner Bücher las. Aber er wollte mich eine ganze Stunde lang weder ansehen noch mit mir sprechen, Ellen; er ist so unglücklich veranlagt. Und was mich geradezu bestürzte, als er seinen Mund auftat, war, dass er die unwahre Behauptung aufstellte, ich hätte neulich den ganzen Aufruhr verursacht und Hareton sei unschuldig. Ausserstande, ruhig zu antworten, stand ich auf und ging aus dem Zimmer. Er schickte ein schwaches ›Catherine!‹ hinter mir her. Er rechnete wohl nicht damit, eine Antwort zu erhalten, und ich wollte nicht umkehren. Am nächsten Tag blieb ich zum zweiten Male zu Hause, nahezu entschlossen, ihn nicht mehr zu besuchen. Aber es war so trübselig, ins Bett zu gehen und aufzustehen und nichts von ihm zu hören, dass mein Entschluss in nichts zerfloss, ehe er richtig gefasst worden war. Vorher war es mir unrecht erschienen, den Ausflug zu unternehmen, jetzt erschien es erst recht unrecht, ihn zu unterlassen. Michael kam und fragte, ob er Minny satteln solle, ich sagte: ›Ja‹, und als sie mich über die Hügel trug, kam es mir vor, als ob ich eine Pflicht erfüllte. Ich musste an den vorderen Fenstern vorbei, um in den Hof zu gelangen; der Versuch, meine Anwesenheit zu verbergen, hatte keinen Zweck.«
    »Der junge Herr ist im ›Haus‹«, sagte Zillah, als sie sah, dass ich aufs Wohnzimmer zuging. Ich trat ein; Earnshaw war auch da, doch verließ er den Raum sofort. Linton saß, halb im Schlaf, in dem großen Lehnstuhl; ich ging zum Feuer und begann, ihm in ernstem Ton eine Rede zu halten, die ich zum Teil selbst für bare Münze hielt.
    ›Da du mich nicht leiden magst, Linton, und da du glaubst, ich käme in der Absicht, dir wehe zu tun, und ich täte es jedesmal, ist das heute unser letztes Zusammensein. Wir wollen Abschied nehmen, und sage du Mr. Heathcliff, dass du kein Verlangen hast, mich zu sehen, und dass er in dieser Sache

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