Emily und der Playboy-Prinz
dreizehn.
Mit zitternden Fingern blätterte Emily weiter, bis sie endlich zu den Fotos im Gesellschaftsteil kam. Über ihre blassen Wangen liefen Tränen, die sie unwirsch mit dem Handrücken wegwischte.
Lieber Himmel! Das war doch Kat, die einfach umwerfend in ihrer scharlachroten Satinrobe aussah! Und dann Bella und Olivia, die nebeneinander standen und deren eingeübtes, strahlendes Lächeln die Anspannung in den blauen Augen nicht verbergen konnte.
„ Die Ruhe vor dem Sturm “, lautete die Bildunterschrift.
Während Emily die vertrauten Gesichter betrachtete, weiteten sich ihre Lippen zu einem Lächeln, das verschwand, als sie ein Foto ihres Vaters sah. Oscar Balfour stand viel zu dicht neben einer bekannten englischen Schauspielerin, einen Arm um ihre gertenschlanke Taille gelegt. Fast sah es so aus, als …
Schnell wandte sie sich dem nächsten Bild zu und gefror zu Eis.
Sie versuchte den Blick abzuwenden, brachte es aber nicht fertig. Mit klopfendem Herzen dachte sie daran, wie er sie gemustert hatte – voller Amüsement und eindeutig verlangend.
„Prinz Luis Cordoba von Santosa beehrt die Party mit seiner Anwesenheit“ , stand neben dem Foto, „aber hat der angeblich geläuterte Prinz überhaupt eine Chance, den ebenso betörenden wie unberechenbaren Balfour-Töchtern zu widerstehen?“
Erst als die U-Bahn mit einem Ruck zum Halten kam, fiel Emily auf, dass sie ihr Ziel erreicht hatte. Erschrocken sprang sie auf die Füße und war den Bruchteil einer Sekunde versucht, die Zeitung einfach auf der Sitzbank liegen zu lassen. Doch dann klemmte sie sie sich hastig unter den Arm und beeilte sich auszusteigen.
Um sich zu beweisen, dass sie die Zeitung nicht mitgenommen hatte, um mehr über Luis Cordoba zu erfahren, warf Emily sie beim Verlassen des U-Bahnhofs in einen Mülleimer, lächelte zufrieden und setzte ihren Weg fort.
„Wo, zur Hölle, sind wir denn hier gelandet?“
Luis äugte misstrauisch durch die getönte Seitenscheibe, während sich die schwere Limousine ihren Weg durch die verstopften Straßen eines Londoner Randbezirks bahnte. Zumindest nahm er an, dass diese heruntergekommene Gegend noch zu London gehörte, obwohl die düsteren Fassaden der schmuddeligen Häuserreihen wenig mit der eleganten City gemein hatten, die er kannte.
Sein Privatsekretär konsultierte sein Blackberry. „Die Gegend hier nennt sich Larchfield Park, Sir“, erläuterte er ernst. „Ein Gebiet mit hoher Arbeitslosigkeit, signifikanten Drogenproblemen, Straßengangs und einer extrem hohen Kriminalitätsrate.“
„Hört sich charmant an“, knurrte Luis, lehnte sich in den weichen Ledersitz zurück und betrachtete das konzentrierte Profil seines persönlichen Assistenten mit sardonischem Lächeln. „Tomás, sollten Sie je Ihren Job bei mir verlieren, kommen Sie bloß nicht auf die Idee, eine Stelle als Reiseführer anzunehmen. Wenn ich mich umbringen wollte, hätte ich mit meinem Helikopter die nächstbeste Klippe von Santosa ansteuern können.“
Tomás blieb unbeeindruckt. „Sir, lassen Sie mich Ihnen versichern, die Limousine ist gepanzert, und Sie befinden sich absolut nicht in Gefahr. Seit dem Tod des Kronprinzen sind die Sicherheitsvorkehrungen …“
„Ich weiß“, unterbrach Luis ihn hastig und schloss die Augen. „Es war nur ein Scherz. Vergessen Sie es einfach.“
Sein Kater und die damit verbundenen hämmernden Kopfschmerzen, die er seit heute Morgen nur dank schwerer Medikamente im Zaum hielt, drohten ihn zu überwältigen. Dafür konnte er sich nur selbst die Schuld geben.
Doch gemessen daran, dass sein Benehmen in den letzten zehn Monaten mehr als vorbildlich gewesen war, durfte er den einen kleinen Ausrutscher auf dem Balfour Charity Ballwohl getrost vernachlässigen. Besonders, weil es weder um ein Topmodel gegangen war noch um eine verheiratete Frau … um gar keine Frau, um genau zu sein. Seinen Schwur Rico gegenüber hatte er also gehalten.
Es lag nur an ihm selbst und an Oscar Balfours exzellentem Champagner, von dem er viel zu viel genossen hatte. Alles war so anders gewesen als im letzten Jahr.
Luis starrte aus dem Fenster, ohne die von Graffiti verunzierten Fassaden wirklich zu sehen, die in der späten Nachmittagssonne wie schmuddelige, längst vergessene Kinoplakate wirkten. Immer wieder schob sich ein kornblumenblaues Augenpaar dazwischen – Balfour-Blau nannte die Presse es. Er dachte daran, wie sich Emilys wundervolle Augen vor Schock und vielleicht auch vor Verlangen
Weitere Kostenlose Bücher