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Emma im Glück

Emma im Glück

Titel: Emma im Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
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zwischen den Gräbern hindurchführt. Rechts und links ragten Grabsteine auf. Hier war keine Menschenseele.
    Lili hörte auf zu brüllen und ich atmete auf. »Sag mal, musste das sein?«, fragte ich vorwurfsvoll.
    Lili sah mich ernst an. Natürlich antwortete sie nicht. Stattdessen erschien auf ihrem Gesicht wieder dieser konzentrierte Ausdruck. Ein paar Sekunden später begann es fürchterlich zu stinken.
    Ich rümpfte die Nase. »Auch das noch! Das hast du mit Absicht gemacht, gib’s zu! Nur um mich zu ärgern.« Lili klimperte unschuldig mit den Wimpern. Aber mich konnte sie nicht täuschen. Ich durchbohrte sie mit einem stahlharten Blick. »Du hast es faustdick hinter den Ohren, das weiß ich ganz genau. Den anderen kannst du vielleicht das süße Baby vorspielen, aber ich hab dich durchschaut! Mit der Nummer kommst du bei mir nicht durch, klar?«
    Ich war mir nicht ganz sicher, aber es sah fast so aus, als würde Lili grinsen. Wahrscheinlich hatte sie jedes Wort verstanden und lachte sich jetzt ins Fäustchen. Dann gähnte sie demonstrativ, schloss die Augen und schlief ein.
    »Na toll«, murmelte ich. »Warum nicht gleich so?«
    Ich ging einmal über den Friedhof, bis ich das Grab von Herrn Martens Frau gefunden hatte. Auf dem Grabstein stand:
Hier ruht meine geliebte Frau und unsere liebe Mutter Hilda Marten
. Ich war schon einmal hier gewesen, als Herr Marten im Schneegestöber nur mit Pantoffeln an den Füßen zum Friedhof gelaufen war. Das war einer seiner schlechten Tage gewesen, an denen er Gegenwart und Vergangenheit nicht auseinanderhalten konnte. Ich hatte ihn gesucht und mir furchtbare Sorgen gemacht. Es war wirklich gut, dass er jetzt bei seiner Tochter lebte. Da konnte ihm wenigstens nichts Schlimmes passieren.
    Das Grab sah ganz in Ordnung aus. Zwischen dem Heidekraut wuchsen ein paar Grashalme. Ich zupfte sie sorgfältig aus. Das Grablicht war erloschen. Ich suchte nach dem alten Feuerzeug in meiner Jackentasche und zündete es wieder an. Es war fast leer gebrannt. Beim nächsten Mal würde ich ein neues Grablicht mitbringen. Ich beschloss, Herrn Marten auch eine Karte zu schreiben, damit er wusste, dass alles in Ordnung war. Hoffentlich hatte er nicht schon wieder vergessen, dass er mir geschrieben hatte.
    Auf dem Rückweg schlief Lili tief und fest und darüber war ich heilfroh. Plötzlich sah ich zwei Gestalten auf mich zukommen. Lea und Simone! Die beiden gehen in meine Klasse. Lea wohnt auch in Tupfingen. Bis vor einer Weile war sie meine beste Freundin. Dann hatten wir Streit und jetzt ist Simone ihre beste Freundin.
    So ist das Leben, sagt Oma immer.
    Ich wollte schnell in eine Seitenstraße abbiegen, aber es war zu spät. Simone hatte mich schon gesehen. Sie winkte. Langsam ging ich auf die beiden zu. Lea sah zur Seite. Ihr schien es auch nicht zu gefallen, mich zu treffen. Normalerweise gingen wir uns aus dem Weg.
    »Hallo, Emma!« Simone zeigte auf den Kinderwagen. »Ist das deine kleine Schwester?«
    »Nein, das ist ein Kinderwagen«, sagte ich. Lea verdrehte die Augen. Okay, der Witz war nicht besonders gut, aber darum brauchte sie noch lange nicht so ein Gesicht zu machen.
    »Darf ich mal gucken?« Ohne eine Antwort abzuwarten, reckte Simone den Hals und starrte in den Kinderwagen. »Wie süüüß!«, rief sie.
    Lili zuckte im Schlaf.
    »Nicht so laut«, zischte ich ärgerlich. »Sonst wacht sie noch auf.«
    »Darf ich mal schieben?«, fragte Simone. Ich sah sie misstrauisch an, aber sie schien es tatsächlich ernst zu meinen. »Bitte!« Sie trippelte von einem Fuß auf den anderen, als könnte sie es kaum erwarten.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Von mir aus. Einmal schieben kostet einen Euro.« Das hatte ich natürlich nicht ernst gemeint. Es sollte ein Scherz sein. Aber das kapierte Simone nicht. Manchmal ist sie echt dämlich.
    Sie begann sofort, in ihren Hosentaschen zu kramen. »Warte mal, irgendwo hab ich doch noch … Hier!« Freudestrahlend drückte sie mir einen Euro in die Hand. »Jetzt darf ich, ja?« Sie schubste mich zur Seite, griff nach dem Kinderwagen und marschierte los. Ich sah ihr verdattert nach.
    »Ich dachte, wir wollten zur Pferdewiese!«, rief Lea. »Das ist die falsche Richtung!«
    Aber Simone reagierte überhaupt nicht. Sie lief einfach weiter. Lea und mir blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
    Ich warf Lea einen schnellen Seitenblick zu, als wir nebeneinanderher gingen. »Seit wann stehst du denn auf Pferde?«
    Lea zuckte mit den Schultern. Sie

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