Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Emma will’s wissen

Emma will’s wissen

Titel: Emma will’s wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maja von Vogel
Vom Netzwerk:
»War ich auch eine Schönheit?«
    Mama überlegte. »Ich glaube, damals gab es noch keine Ultraschallbilder. Zumindest kann ich mich nicht daran erinnern.«
    »Wirklich süß«, sagte Pfarrer Pauli. Damit meinte er natürlich nicht mich, sondern das Foto von dem neuen Baby. Dabei hatte er bestimmt genauso wenig auf dem Bild erkannt wie ich. Ich sehe da immer nur helle und dunkle Schatten, die ineinanderlaufen und merkwürdige Formen bilden. Man muss schon sehr viel Fantasie haben, um darin ein Baby zu erkennen. Ein bisschen wie bei diesen Suchbildern aus den Rätselzeitschriften, die Mama mir früher manchmal gekauft hat. Bloß dass da meistens Drachen oder Mäuse versteckt waren und keine Babys.
    Mama steckte das Foto wieder ein. Dann rutschte sie auf ihrem Stuhl nach vorne, sodass Papa den Arm von ihrer Schulter nehmen musste. »Könntest du mir bitte noch ein Stück Schokoladenkuchen geben?« Sie hielt Oma ihren Teller hin. »Ich hab in letzter Zeit einen richtigen Heißhunger auf Süßes.«
    Oma schnitt ein großes Stück Kuchen ab und legte es auf Mamas Teller. »Freut mich, dass es dir schmeckt.«
    Papa runzelte die Stirn. »Zu viel Zucker ist aber gar nicht gut für das Baby.«
    »Hör bitte auf, mir ständig in meine Ernährung reinzuquatschen.« Mamas Lippen wurden schmal, wie immer, wenn sie sich über etwas ärgert. »Ich bin ein erwachsener Mensch und kann essen, was ich will.«
    »Außerdem ist Stress noch schlechter für das Baby als Zucker«, bemerkte Gesa.
    Papa warf ihr einen ärgerlichen Blick zu und murmelte: »Du musst es ja wissen.« Papa hat Gesa noch nie besonders gemocht. Dass sie in sein Atelier gezogen ist und zusammen mit Mama in unserem Haus ein Gesundheitszentrum eröffnet hat, macht die Sache nicht gerade besser. Gesa gibt Kurse für Yoga und gesunde Ernährung, Mama gibt Mal- und Zeichenkurse. Papas Zimmer in der WG ist viel kleiner als sein altes Atelier in der Scheune und das Licht ist auch nicht besonders gut. Ich glaube, er würde lieber wieder bei uns wohnen, aber davon will Mama nichts wissen.
    Klaus hatte inzwischen den halben Schweinebraten, mindestens ein Dutzend Fleischklöße und eine riesige Portion Kartoffelsalat verdrückt. Er rülpste (immerhin hielt er sich die Hand vor den Mund) und stand auf.
    »Klaus, bitte!«, sagte Mama vorwurfsvoll.
    Ich glaube, meine Eltern haben bei Klaus’ Erziehung irgendetwas falsch gemacht. Manchmal benimmt er sich wie ein Schwein. Er isst am liebsten mit den Fingern, rülpst nach dem Essen und verhält sich auch sonst unmöglich. Meistens redet er nicht besonders viel. Mit Tim, Mona und mir sowieso nicht. Außerdem sieht er aus wie ein Idiot mit seinen fettigen Haaren, die ihm immer ins Gesicht hängen, der pickeligen Haut und den ölverschmierten Klamotten. Klaus schraubt nämlich am liebsten an seinem Mofa herum. Oder er trifft sich mit seiner Freundin Nadine. Keine Ahnung, ob er bei ihr gesprächiger ist. Vielleicht knutschen die beiden ja auch die ganze Zeit nur herum. Ich glaube, das tun sie ziemlich gern. Igitt! Ich weiß echt nicht, wie jemand Klaus küssen kann, ohne sich zu übergeben. Ganz ehrlich! Mir wird allein bei dem Gedanken schon schlecht.
    »Ich muss los«, sagte Klaus. »Bin noch verabredet.«
    »Triffst du dich mit Nadine?«, fragte Mama.
    Klaus grunzte irgendwas und hob die Hand zum Abschied.
    »Schöne Grüße!«, rief Mama ihm hinterher. Aber er war schon im Flur verschwunden.
    Eine halbe Stunde später kam meine Freundin Lea vorbei, um mich abzuholen.
    »Herzlichen Glückwunsch zur Verlobung«, sagte sie höflich und gab Oma und Pfarrer Pauli die Hand.
    »Vielen Dank«, sagte Oma. »Möchtest du ein Stück Schokoladenkuchen? Oder ein Erdbeertörtchen?«
    Lea betrachtete das letzte Erdbeertörtchen und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Sie steht total auf Erd-beeren.
    »Wir müssen jetzt los«, sagte ich, bevor Lea sich hinsetzen konnte und wir Ewigkeiten nicht wegkamen. »Wir haben heute noch viel zu tun.«
    Lea und ich haben nämlich einen tollen Nebenjob. Wir erledigen verschiedene Sachen für die Leute im Dorf. Eigentlich machen wir fast alles: Hunde ausführen, einkaufen, aus der Zeitung vorlesen und was sonst noch so anfällt. Einmal musste Lea bei einer alten Frau sogar den Rasen mähen. Und ich mit einem komischen Pustegerät das Laub vom Rasen pusten. Der Wind hat es sofort wieder zurückgepustet, darum war die Sache eigentlich ziemlich sinnlos. Natürlich machen wir das nicht umsonst. Wir sind zwar

Weitere Kostenlose Bücher