Emma will’s wissen
sicher fühlt.«
»Aha.« Herr Marten nickte, aber ich wusste nicht genau, ob er es richtig verstanden hatte.
In diesem Moment klingelte es. Ich zuckte zusammen. Mona sah nervös zur Haustür. »Ist sie das?«, flüsterte sie.
Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war genau zwölf. »Die Frau ist pünktlich, das muss man ihr lassen«, murmelte ich.
Herr Marten blieb ruhig sitzen, als hätte er nichts gehört.
Es klingelte noch mal.
»Wollen Sie nicht zur Tür gehen?«, fragte ich. »Das ist bestimmt Ihr Mittagessen.«
Herr Marten schüttelte den Kopf. »Ich mach nicht auf. Diese Diebin kommt mir nicht ins Haus.«
Ich seufzte. »Aber wenn Sie sie nicht reinlassen, können wir sie auch nicht schnappen. Das haben wir doch gerade alles besprochen.«
Es klingelte zum dritten Mal. Herr Marten blieb sitzen. Mona und ich wechselten einen Blick. Dass alte Leute manchmal so störrisch sein mussten!
»Wenn wir die Diebin erwischt haben, sagen wir ihrem Chef Bescheid und sie wird entlassen«, versprach Mona.
Herrn Martens Gesicht hellte sich auf. »Wirklich? Dann kann sie niemanden mehr bestehlen. Das wäre gut.«
»Ja, das wäre es.« Ich trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Aber dazu müssen Sie jetzt die Tür aufmachen.«
Es klingelte zum vierten Mal. Herr Marten stand umständlich auf und schlurfte durch die Küche. Am liebsten hätte ich ihn angeschoben. Auf der Türschwelle blieb er stehen und drehte sich noch einmal um. »Wir können den Chef gar nicht anrufen! Ich hab doch die Telefonnummer verlegt.«
»Die suchen wir nachher«, sagte Mona. »Wir finden sie schon, keine Sorge.«
Herr Marten nickte zufrieden und ging zur Haustür. Ich atmete einmal tief durch. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob unser Plan wirklich so gut war. Was, wenn Herr Marten sich verplapperte? Oder etwas anderes schiefging?
Ich hörte, wie Herr Marten die Tür öffnete. Dann ertönte eine weibliche Stimme.
»Guten Tag, Herr Marten, wie geht es Ihnen? Ich bringe Ihnen Ihr Mittagessen. Schön, dass Sie doch noch die Tür öffnen. Darf ich hereinkommen?«
Die Stimme klang hell und freundlich. Als würde die Frau beim Reden die ganze Zeit lächeln.
Mona zupfte an meinem Ärmel. »Schnell!«, zischte sie. »Wir müssen uns verstecken!«
Wir flitzten zur Speisekammer und schlüpften hinein. Die Tür quietschte ein bisschen und ich zuckte zusammen. Hoffentlich hatten sie das auf dem Flur nicht gehört! Aber die Stimme zwitscherte fröhlich weiter. Mona und ich standen dicht nebeneinander zwischen Regalen voller Konservendosen und Einmachgläsern. In der Speisekammer war gerade genug Platz für uns beide. Die Tür ließ ich einen Spaltbreit offen, damit wir hinaussehen konnten. Die Anrichte hatte ich genau im Blick.
Die zwitschernde Stimme kam näher, dann betrat eine Frau die Küche. Sie hatte eine Styroporschachtel in der Hand, die sie auf dem Tisch abstellte. Die Frau war ungefähr so alt wie meine Mutter. Sie sah nett aus. Sie hatte dunkle Haare und trug einen Zopf. Sie lächelte tatsächlich die ganze Zeit. Ich wurde unsicher. Vielleicht waren wir ja doch auf dem falschen Dampfer. Vielleicht hatte sich Herr Marten die Diebstähle nur eingebildet. Vielleicht waren in der Kaffee-dose schon seit zehn Jahren nur noch ein paar Münzen …
»Ich hab mir Sorgen gemacht«, sagte die Frau. »Weil Sie die Tür in letzter Zeit nicht mehr geöffnet haben. Da bin ich aber froh, dass es Ihnen gut geht.«
Herr Marten sagte nichts. Er starrte die Frau feindselig an. In diesem Moment sah ich es. Über dem Küchenstuhl hing immer noch meine Jacke. Ich hatte sie dort vergessen. Sie leuchtete so rot wie ein Signalschild. Ich bekam einen riesengroßen Schreck.
Die Frau hatte die Jacke auch gesehen – fast im selben Moment wie ich. Sie hörte auf zu lächeln und runzelte die Stirn. »Haben Sie Besuch?«, fragte sie.
Herr Marten machte ein verwirrtes Gesicht. Er hatte offensichtlich keine Ahnung, wovon sie redete.
Die Frau schaute sich in der Küche um. Ihr Blick fiel auf die Tür zur Speisekammer. Mona und ich duckten uns in der Dunkelheit, obwohl sie uns unmöglich sehen konnte.
»Wem gehört die?« Die Frau zeigte auf meine Jacke.
Ich hielt den Atem an. Wenn Herr Marten jetzt etwas Falsches sagte, waren wir dran.
»Pummelchen«, antwortete Herr Marten. Er lächelte leicht.
Die Frau straffte die Schultern. »Aha. Und wo ist Pummelchen jetzt?«
Herr Marten dachte nach. Dann schüttelte er langsam den Kopf.
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