Emma
einen großen Schluck Bier, das er
sich dazu bestellt hatte, um den Reis hinunterzuspülen. Und bestellte sich
gleich noch eins hinterher.
„Darf
ich ehrlich sein?“
Er
mochte solche Fragen nicht. Meistens kam danach eine Taktlosigkeit. Oder eine
Bosheit. Oder gleich beides zusammen. Aber es war wohl unvermeidlich.
„Wenn
es sein muss!“
„Es
muss sein. Du siehst fürchterlich aus!“
„Danke.
Du bist nicht die erste heute, die mir dieses Kompliment macht. Warum müssen
neuerdings alle, die mich sehen, das gleiche sagen?“
„Vielleicht,
weil es wahr ist?“
„Ach,
Humbug!“
„Nein,
nimm das nicht auf die leichte Schulter, Gandolfo, du siehst wirklich krank
aus!“
„Ich
bin kerngesund!“
„Das
soll dir jemand glauben?“
„Ach,
lasst mich doch einfach in Ruhe, alle miteinander!“
Unwillig
schob er seinen Teller von sich und starrte missmutig aus dem Fenster. Er war
ein Arschloch – er hätte sie bloß nicht zu fragen brauchen!
„Das
hast du nicht verdient, weißt du?“, ihre Stimme klang sanft und mitfühlend.
Er
hasste das und gab keine Antwort.
„Sie
hat dich nur ausgenutzt und du weißt es! Sie ist es nicht wert, dass du dich so
quälst!“
„Lass
es, Simo, ich will das nicht hören!“
„Aber
wenn es doch die Wahrheit ist, Davide! Sie hatte dich von Anfang an nicht
verdient und ich hatte dich vor ihr gewarnt, erinnerst du dich?“
„Nun
hör schon auf damit, ehe ich wirklich sauer werde!“
Simonetta
schien seinen Einwand zu überhören. Etwas in ihr war stärker als jede Vorsicht.
„Nein,
Gandolfo, einer muss es dir ja mal sagen! Du hast diese Frau völlig falsch
eingeschätzt, sie hat vom ersten Tag an nur mit dir gespielt und du hast mir
nicht geglaubt!“
„Sei
vorsichtig, was du sagst, Simonetta. Ich warne dich!“ Er zischte es mehr als
dass er es sagte.
„ Du hättest vorsichtig sein sollen, du hättest dir das alles ersparen können, wenn
du nur auf mich gehört hättest!“
„Genug
jetzt! Es reicht!“
Seine
geballte Faust landete mit einem lauten Knall auf dem Tisch, so dass die Teller
klirrten und sein Bierglas umkippte. Dessen Inhalt ergoss sich über sein Hemd
und seine Hose. Er würde jetzt für den Rest des Abends nach Bier stinken, aber das
war ihm gleichgültig. Es interessierte ihn auch nicht, dass alle anderen Gäste
im Lokal aufgehört hatten, zu essen und zu reden und nun zu ihnen
herüberstarrten.
Simonetta
zuckte zusammen.
„Du
brauchst nicht gleich so zu schreien!“
„Dann
halt dein Schandmaul, das kann ich dir nur raten, und zwar jetzt und in alle Zukunft,
verstanden?“
In
seinen Augen glitzerte es gefährlich, als er dem Kellner schnippte und ihm, als
er sich dem Tisch näherte, eine Hundert-Euro-Note entgegenwarf.
„Das
reicht hoffentlich auch noch für die Putzfrau!“, schnappte er, sprang auf und
verließ mit langen Schritten das Lokal.
Er
keuchte, sein Herz raste. Wieder einmal. Wenn das so weiterging, dann würde er wohl
wirklich bald zusammenklappen!
Scheiß
drauf!
Er
ging zurück zum Firmengebäude, schnappte sich beim Pförtner irgendeinen
Autoschlüssel und fuhr mit dem Lift hinunter in die Tiefgarage. Als er die
Fernbedienung betätigte, um festzustellen, was er denn da überhaupt für ein
Auto fahren würde an diesem Abend, traute er im ersten Moment seinen Augen
kaum.
Das
Fahrzeug, dessen Blinker ihm da entgegenleuchteten, war Emmas SUV, und schon
wieder schlug sein Herz einen hektischen Rhythmus.
Einen
Moment lang starrte er das Auto ungläubig an. Was tat es hier? Doch dann fiel
ihm wieder ein, dass er es ja tatsächlich nach einigen Tagen hatte abholen
lassen und da es nun mal ein Firmenfahrzeug war, hatte man es logischerweise in
die Firmengarage gebracht.
Schweratmend
stützte er die Hände gegen die Dachreling und blieb einen Moment lang so ans
Auto gelehnt stehen. Seine Gedanken überschlugen sich. Er konnte buchstäblich
ihre Anwesenheit spüren. Wenn er jetzt die Tür öffnete, dann würden seine Hände
den Türgriff dort berühren, wo Emma ihn berührt hatte. Sein Hintern würde da
sitzen, wo Emma gesessen hatte. Das Lenkrad – seine Hände auf ihren Händen,
dort auf dem Lenkrad.
Nein,
er konnte diese verdammte Karre unmöglich fahren!
Er
wandte sich ab, tat ein paar unentschlossene Schritte. Drehte sich dann aber
doch wieder zum Auto um und starrte es ein paar Sekunden lang finster an.
Kämpfte mit sich. Dann trat er mit einem wütenden Fluch heftig gegen den Reifen
und schließlich stieg er
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