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Emmas Story

Emmas Story

Titel: Emmas Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miriam Muentefering
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nächsten Ersten.«
    E ine Woche ist vergangen, aber Armin hat sich immer noch nicht von der niederschmetternden Abfuhr am dritten Jahrestag erholt.
    Das erkenne ich daran, dass er Hannelore und mich zum Frühstück eingeladen hat.
    Armin geht gern aus. Er nimmt sämtliche Mahlzeiten des Tages am liebsten in schicken Bars und gemütlichen Kneipen zu sich. Dort beobachtet er die Menschen, die dort sitzen oder jene, die am Fenster vorbeigehen. Er ist zwar eher still, bestimmt kein extrovertierter Typ, aber trotzdem liebt er es, mitten im Leben zu sitzen.
    Doch heute holt er das Leben zu sich nach Hause. Zwei sehr vertraute, lang gekannte Leben. Und sein Kühlschrank sieht aus, als habe Armin vor, sich für ungefähr drei Wochen in seiner Wohnung zu verschanzen.
    Hannelore und ich werfen uns über den reich gedeckten Frühstückstisch hinweg besorgte und viel sagende Blicke zu.
    »Wie wäre es, wenn du nachher auch mitkommst, die Wohnung ansehen?«, schlage ich ihr vor.
    Sie knabbert genüsslich an einem Croissant herum und winkt abwehrend: »Unter keinen Umständen, Schätzchen. Ich habe einen Termin bei Martin, und bin schon gespannt, was er sich einfallen lässt.«
    Martin ist Hannelores viel gerühmter In-Friseur. Ein wirklich kreativer Kopf und zudem eifriger Gala-Abonnent sowie bestens eingeführt in die high society unserer Stadt. Einen Termin bei ihm würde Hannelore nur unter extrem verschärften Bedingungen, etwa einem Plausch mit Karoline von Monaco oder einer Teeeinladung bei der Queen, sausen lassen.
    »Ich werde übrigens auch nicht mitkommen«, teilt Armin mir mit, während er sich Karottensaft eingießt.
    »Wie bitte?« Terrakotta-Fliesen und Stäbchenparkett locken Armin normalerweise sogar zu frühen Morgenstunden aus dem Bett, wenn seine Augen im Regelfall noch gar nicht zu öffnen sind.
    »Steuererklärung«, sagt er jetzt dumpf.
    »Steuererklärung?«, wiederhole ich. »Im Mai?«
    »Bin spät dran«, nuschelt mein Freund.
    »Armin, bitte!«, murre ich. »Immer, wenn Rolf dich mal wieder hat hängen lassen, ziehst du dich vor der ganzen Welt zurück. Lass mich doch nicht allein in diese schöne Wohnung gehen. Das macht keinen Spaß ohne dich.«
    »Das verstehst du nicht«, entgegnet er. »Du hattest mit Ramona eine sehr pflegeleichte Beziehung, in der so was natürlich nicht vorkam. Am Jahrestag seid ihr schön essen gegangen oder ins Theater oder ins Bett. Oder alles zusammen. Aber dass du den Tag ganz allein verbringst, weil deine Liebste gerade familiäre Pflichten übernehmen muss, das ist dir nie passiert. So was zieht einen runter.«
    »Du hast den Tag nicht allein verbracht«, weise ich ihn darauf hin, dass er immerhin eine beste Freundin hat, die bereit ist, sich mit ihm gemeinsam bei einem Klagespaziergang rund um den Stausee die Füße wund zu laufen. Den weiteren Hinweis darauf, dass ich auch nie mit verheirateten Frauen zusammen war, die gleichzeitig neben unserer Beziehung noch ein möglichst intaktes Kleinfamilienleben aufrechterhalten mussten, schenke ich mir.
    »Nein, habe ich nicht. Aber obwohl wir stundenlang Zeit zum Reden hatten, hast du mir den schönsten Klatsch vorenthalten. Wieso hast du nichts von Lu erzählt?«
    Dieser Name aus Armins Mund schießt über das Villeroy-und-Boch-Geschirr, die Butter, den Aufschnitt, die gut sortierte Käseplatte und donnert mir als Hochfrequenz-Miniaturbombe in den Gehörgang. Ich verziehe das Gesicht.
    »Hattest du keine andere Idee zur Aufmunterung als zu tratschen?«, wende ich mich an Hannelore, die ohne eine Miene zu verziehen ihrem Ei den Kopf abschlägt.
    »Ich hab nur aufgeholt, was du versäumt hast.«
    »Warst du wirklich am Samstag mit ihr zusammen tanzen?«, will Armin neugierig wissen.
    »Ja.«
    »Und?«
    »Was und?«
    »Hannelore ist ganz hin und weg von Lu. (Hannelore lächelt versonnen.) Und ich selbst finde sie auch total … na ja, ist ja egal. Ich dachte, es könnte auch nach vielen Jahren noch ordentlich funken.«
    Meine Ohren klingeln.
    »Wie bitte? Das ist nicht dein Ernst! Armin, du kennst doch die ganzen nervigen Geschichten von früher. Und ich sage dir: Lu hat sich keinen Deut verändert. Sie ist eine ganz und gar merkwürdige und zudem wirklich anstrengende Person. Immer perfekt, zu allen super nett, mit dem großen Verdienstkreuz von Mutter Teresa fürs Verzeihen von Fünfzehn-Jahre-links-liegen-lassen. Und sie hatte nichts Eiligeres zu tun, als sich Antonie an den Hals zu schmeißen. Von wegen funken!«
    Armin

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