Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen
zum Dienst am Nächsten. Die verlangte Hinwendung zur höheren Gottesliebe erlaubte zwar die Liebe in der Ehe, vorausgesetzt, sie wurde von den moralischen Grundsätzen der Kirche getragen. Heute dagegen wird in der Literatur eher das Scheitern, die Unmöglichkeit der Liebe thematisiert. Es werden Beziehungserwartungen und - hoffnungen beschrieben, die sich nicht erfüllen. Manchmal wird die erfüllende Liebe in der Literatur auch dem Trivialen zugeordnet.
Kein literarisches Thema ist so anfällig für Kitsch wie das der Liebe: Dort hat sie ihren Platz gefunden mit allem, was dazugehört, wie die Sehnsucht nach einer glücklichen und befriedigenden Partnerschaft, die allen Schwierigkeiten standhält durch alle Verwirrungen hindurch – bis sie am Ende belohnt wird. Das Happy End ist für den Leser umso beglückender, je mehr Hindernisse die Liebenden zuvor überwinden mussten. Im Trivialroman weiß man bald, welche Personen der Liebe würdig sind. Die Positivfiguren sind früh füreinander bestimmt, und Hindernisse lassen sich verhältnismäßig leicht ausräumen: Entweder stirbt der Widersacher und der Weg für den begehrten Liebhaber wird frei, oder es bestand von vornherein keine enge Bindung zu dem Konkurrenten und dem Glück steht nichts mehr im Weg.
In der anspruchsvollen Literatur geht es meist nicht ohne tiefen Schmerz und Verluste, die der Leser erlebt: Zur Liebe gehört immer auch ihre Unmöglichkeit. Trotz aller Nähe zu einem Partner droht die Distanz, die Fremdheit. Im Trivialroman hingegen werden Differenzen zumindest zum Ende hin wieder aufgehoben. Anleitungen zum Genre der Liebeserzählung gibt Angeline Bauer in Liebesromane schreiben, und wie man gelungene erotische Szenen schreibt, die nicht unfreiwillig komisch wirken, erklärt Elizabeth Benedict in ihrem Buch Erotik schreiben.
Anregung
Lesen Sie einen typischen Liebesroman. Fassen Sie den Inhalt und die Handlung (Plot) auf maximal einer Seite zusammen. Schreiben Sie die Geschichte neu, aber so, dass die Gegensätze der Protagonisten nicht mehr so eindeutig schwarz-weiß gezeichnet und leicht durchschaubar sind. Erfinden Sie ein neues Ende, verzichten Sie auf eine einfache Problemlösung (wie Tod durch Unfall des Gegenspielers). Machen Sie es sich nicht einfach!
Am Thema »Liebe« lässt sich besonders gut erkennen, wie menschliche Gefühlswelten in literarischen Motiven Gestalt annehmen können. In verschiedenen Varianten treten immer wieder verwandte Motive auf. Ein berühmter literarischer Topos ist die Trennung der Liebenden (es waren zwei Königskinder…). Ein anderes Motiv ist die Widersprüchlichkeit zwischen dem von Herzen erwählten und dem von den Eltern vorgeschriebenen Partner. Oder der Verzicht auf die Liebe zugunsten eines höheren Ideals (Entsagung).
Ein klassisches Motiv ist die Heilung oder Erlösung durch die Liebe. Hier sind die Voraussetzungen, die das Leben beherrschen, zunächst so negativ, dass eine positive Wendung kaum möglich scheint.
•Der Protagonist ist hässlich und verkrüppelt. Er ist – nach allgemeiner Auffassung – nicht der Liebe würdig. Eine (meist schöne) Frau erkennt jedoch seine inneren Werte und liebt ihn dafür – obwohl er hässlich ist.
•Der Protagonist wird durch einen Dritten bedroht. Eigentlich ist ihm nicht zu helfen. Aber die Liebe seiner Partnerin ist größer als ihre Furcht vor dem Tod, was ihr hilft, sich zu bewähren und den Geliebten aus der Bedrohung zu befreien.
In grundlegender Form findet sich das Motiv in dem Kunstmärchen Die Schöne und das Tier , das um 1750 von der französischen Erzieherin und Kolumnistin J.M. Leprince de Beaumont verfasst worden ist. Man kann das Motiv tiefenpsychologisch deuten: Die Heldin ist ein Mädchen, das mit dem Vater durch eine innige geistige Liebe verbunden ist. Es reift heran, die Sexualität, die in die Vater-Tochter-Beziehung nicht hineingehört, schleicht sich ein. Der Vater versündigt sich, indem er der Tochter in dem fremden Park eine Rose bricht, was ihm nicht zusteht. Der Tochter hingegen begegnet der künftige Geliebte, der nicht ihr Vater ist, zunächst als schreckliche Bedrohung. Durch ihre Beziehungsfähigkeit und ihre persönliche Autonomie jedoch ist es ihr möglich, den verwunschenen Prinzen zu befreien, ihm als gleichberechtigte Partnerin gegenüberzutreten und mit ihm glücklich zu werden.
Auch in tradierten Märchen gibt es dieses Motiv. In Jorinde und Joringel von den Brüdern Grimm erlöst der Mann die Frau. In einem
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