Emotionen. Gefühle literarisch wirkungsvoll einsetzen
alten Schloss mitten im Wald haust eine Zauberin, die keusche Jungfrauen in Vögel verwandelt. Jorinde und Joringel, ein Liebespaar, kommt in die Nähe des Schlosses. Die Hexe verzaubert das Mädchen in eine Nachtigall. Joringel hält sich lange Zeit als Schäfer in der Fremde auf, bis er schließlich von einer blutroten Blume träumt, in deren Mitte sich eine schöne große Perle befindet. Alles, was er mit dieser Blume berührt, wird vom Zauber befreit. Wieder erwacht, macht er sich auf die Suche und findet die Blume schließlich am neunten Tag. Er kehrt zum Zauberschloss zurück und erlöst Jorinde und die anderen in Vögel, die sich wieder in Menschen zurückverwandeln. Die treue Liebe, symbolisiert in der blutroten Blume mit der Tauperle (Liebesleidträne) in der Mitte, bricht den Bann.
In dem Jugendroman Krabat von Otfried Preußler findet sich das Motiv wieder. In der Erzählung, die in Böhmen während des Dreißigjährigen Krieges spielt, mischen sich magische und realistische Elemente. Krabat, am Anfang ein 14-jähriger Junge, verdingt sich als Lehrling bei einem Müller, der insgesamt 12 Gesellen hat. Bald stellt sich heraus, dass der Müller ein Zauberer ist, der einer dunklen Macht untersteht. Jedes Jahr muss er einen seiner Gesellen dem Teufel opfern, sonst ist er selber todgeweiht. Der Bann kann nur gebrochen werden, wenn ein Mädchen einen der Jungen, der sterben soll, durch die Kraft seiner Liebe erlösen kann. Zwei haben es schon versucht und sind tragisch gescheitert. Krabat ist nach drei Jahren so geschickt und fleißig, dass der Müller ihn zu seinem Nachfolger machen will. Doch Krabat will den Bann des Bösen mit Hilfe der Kantorka, dem Mädchen, das er liebt, brechen und beenden. Sie bereiten sich auf die Gegenüberstellung vor. Krabat vermutet, die Jungen sollen in Raben verwandelt werden, und die Kantorka soll den richtigen herausfinden. Dem Mädchen werden die Augen verbunden, und so muss sie zweimal an der Reihe der Gesellen entlanglaufen, um ihren Geliebten herauszufinden. Und tatsächlich gelingt es ihr, Krabat blind zu erkennen: »›Wie hast du mich‹, fragte er, (…) ›unter den Mitgesellen herausgefunden?‹ ›Ich habe gespürt, dass du Angst hattest‹, sagte sie, ›Angst um mich: Daran habe ich dich erkannt.‹«
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts wird das Motiv gern ironisch aufgegriffen. 1980 erschien Svende Merians Bestseller Der Tod des Märchenprinzen. Darin möchte eine »linke Frau, 24, gerne unmännliche Männer, gerne jünger, kennenlernen«. Mit einem Gedicht meldet sich Arne, 26 Jahre, autonomer AKW-Gegner. Doch schnell stellt sich heraus, dass Arne dem Wunschbild der Erzählerin nicht entspricht. Sie versucht zwar mit allen möglichen Mitteln, aus dem »Frosch« einen Prinzen zu machen, doch am Schluss geht die Beziehung dann doch auseinander. In der feministischen Variante der 80er-Jahre las sich das Motiv dann so: Frauen, versucht nicht, euch die Männer so hinzubiegen, wie ihr sie gerne hättet, sondern akzeptiert, dass sie sind, wie sie sind, und beschäftigt euch mit Wichtigerem als mit der großen Liebe.
Grundsätzlich handelt es sich um ein Motiv voller Gefühlstiefe, das vorwiegend im Bereich des Märchens oder in der Trivialliteratur auftaucht, so zum Beispiel in Angélique von Anne Golon. Hier wird die junge Frau mit einem hässlichen Grafen verheiratet, der später zu ihrer großen Liebe wird. Stark emotionsbesetzte Motive, vor allem die mit einem glücklichen Ende, sind in der gehobenen Literatur nicht oft zu finden.
Anregung
1.Schreiben Sie eine Kurzgeschichte über zwei Menschen, von denen einer für den anderen große Zuneigung empfindet, der andere nimmt jedoch diese Liebe nicht an. Durch einen überraschenden Einfall gelingt es dem Verschmähten, den geliebten Partner auf sich aufmerksam zu machen und seine Gefühle zu ändern.
2.Entwerfen Sie eine unsympathische Gestalt, die der Liebe nicht würdig zu sein scheint. Erfinden Sie für diese Figur ein Liebesglück.
Freude, Glück, Zufriedenheit
Kann ein Text von Leichtigkeit und Fröhlichkeit getragen sein, ohne dass er dabei einfältig oder undifferenziert wirkt? Glücklich macht uns ein ersehntes Happy End, ein erfüllter Wunsch, eine gelingende Liebe. Aber über Freude, Glück und Zufriedenheit literarisch zu schreiben, ist alles andere als einfach – es könnte Kitsch werden. Positiven Gefühlsthemen wie der Liebe haftet oft etwas Tragisches an, wenn die Liebe nicht erfüllt wird. Über
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