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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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Hand ergriff und ihn über die Wiese zu Millicent führte. Dort angekommen, gingen sie alle drei hastig die Treppe hinauf und verschwanden im Haus.
    Marla kam zu mir. Wir gingen zu Gareth und sahen auf ihn hinab. Die Vorderseite seines Hemdes war blutgetränkt, und es floss immer noch mehr aus einem klaffenden Loch in seiner Brust. Er hatte seine Blase nicht mehr unter Kontrolle, der Schritt seiner Jeans war dunkel verfärbt.
    Marla legte die Hand in meine, und ich hörte sie leise hauchen: »Endlich …«
    Aber Gareth war noch nicht tot. Er hatte die Augen halb geschlossen, doch jetzt schlug er sie auf, hustete einen Mundvoll Blut auf das Kinn und sprach mit einer feuchten, erstickten Stimme, bei der ich an ein Zimmer denken musste, das langsam mit Wasser volllief.
    »Sieht so aus, als würde Einstein wieder mal in der Scheiße sitzen.«
    »Nicht so tief wie du.«
    Gareth lachte, hustete und spuckte wieder Blut. »Er wandert ins Gefängnis, weil er mich getötet hat, um dich vor etwas zu beschützen, das du getan hast, damit er nicht ins Gefängnis muss. Ich glaube, das nennt man Ironie des Schicksals.«
    Er verstummte einen Moment und rang nach Luft. Mir fiel auf, dass sich in dem Blut auf seiner Brust kleine Bläschen bildeten.
    »Rufst du keinen Krankenwagen?«
    »Nein.«
    »Ich denke, die könnten mich retten.«
    »Ernsthaft? Ich glaube nicht.«
    »Du meinst, ich habe es verdient, weil ich deinen Vater getötet habe, richtig? Also, dann will ich dir noch ein kleines Abschiedsgeschenk hinterlassen. Dir auch, Marla – dir ganz besonders. Und wenn du schlau bist, Johnny, dann handelst du entsprechend.«
    Marla ging in die Hocke, sodass ihr Gesicht nur Zentimeter von seinem entfernt war. »Nicht!«, zischte sie.
    »Es würde immer zwischen euch stehen, wenn ich es nicht sage.«
    »Du hast es versprochen.«
    »Sterben ist der große Freischein, würde ich meinen. Johnny, komm auch runter, es tut mir weh zu sprechen.«
    Ich ging neben Marla in die Hocke. Einen Moment schloss Gareth die Augen und sammelte seine Kräfte. Auf der anderen Seite der Wiese hörte ich, wie ein Motor ansprang und ein Auto wegfuhr. Als Gareth die Augen wieder aufschlug, war das Licht daraus verschwunden; sie blickten starr und trüb.
    »Okay … ich habe die Bremsen an Rays Auto manipuliert, genau wie bei Tripp. Aber ich habe ihn nicht getötet. Ich will nicht sagen, dass ich es nicht wieder versucht hätte, nur war das gar nicht nötig …«
    Ich sah zu Marla und stellte fest, dass sie mich beobachtete und weinte.
    »… weil Marla es mir abgenommen hat. Aber du musst wissen, Johnny, es war ein Unfall. Es war nicht ihre Schuld …« Er machte eine Pause und blinzelte mehrmals hastig. »Und das Rohr, das habe ich schon vor Wochen entsorgt. Gib meinem Dad einen Kuss von mir.«
    Gareth versuchte noch zweimal, Luft zu holen, doch es gelang ihm nicht. Die Wunde in seiner Brust blubberte hässlich. Und dann war er tot.
    Ich stand langsam auf und sah auf ihn hinab, auf den abkühlenden Leichnam eines Mannes, den ich seit mehr als zehn Jahren kannte – eines Freundes, dem ich die Frau weggenommen hatte, die er liebte, eines Freundes, den ich mir zum Feind gemacht hatte. Vor so vielen Jahren …
    Wie hätte ich ahnen sollen, dass sein Verlangen nach Marla meinen bedauernswerten zurückgebliebenen Bruder eines Tages zu einem Mord verleiten würde? Natürlich hatte ich das nicht ahnen können. Dennoch … dennoch kam es mir so vor, als hätte ich es wissen müssen.
    Marla barg das Gesicht in den Händen; aber sie weinte nicht um Gareth. Neues Unheil war in unser Leben getreten, dem wir uns würden stellen müssen. Aber mir war auf schmerzliche Weise bewusst, dass ich zunächst zu Stan gehen musste. Wenn er erst begriff, was er getan hatte, musste es ihm, dem unschuldigsten aller Menschen, die Seele zerreißen.
    Ich zog Marla hoch und wollte mit ihr zu Millicents Haus gehen, doch sie wehrte sich und stieß meine Hand weg.
    »Johnny … bitte …«
    Ihr Gesicht war aufgedunsen vom Weinen; sie stand vor mir, bewegte die Lippen und brachte doch keinen Ton heraus.
    »Marla, komm mit. Ich brauche dich.«
    Einen Moment bewegte sie sich nicht, doch dann huschte ein Anflug von Hoffnung über ihre Miene. Sie nahm meine Hand und lief mit mir über die Wiese zu Millicents Haus.
    Oben angekommen sah ich, dass der Datsun fort war. Millicent kam zur Tür, als sie uns auf der Veranda hörte, und mir wurde kalt, als ich sie sah. Ihre Anwesenheit bedeutete,

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