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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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ihre Stimme so resigniert, dass ich mich wie Dreck fühlte.
    »Nein.«
    Ich küsste sie. Im ersten Moment sprach sie darauf an, drückte sich an mich, doch dann wich sie unvermittelt zurück.
    »Es reicht, Johnny! Herrgott! Findest du nicht, wir sollten uns ein klein wenig Zeit lassen?«
    Wir setzten uns an einen kleinen Holztisch, der an der Küchenwand stand, tranken Kaffee und umgingen das dräuende Thema Vergangenheit, indem wir unverbindlich über unsere derzeitige Situation plauderten.
    Marla erzählte mir, dass sie sich entschlossen hatte, das Haus zu behalten, als ich fortgegangen war, dass sie schlechte Zeiten erlebt hatte, sich aber vor einem Jahr alles zum Besseren gewandt hatte, als sie den Job als Verwaltungsassistentin bei der Stadt bekam. Ich erzählte ihr von London. Zwanzig Minuten später, als sie sich gerade fertig machte, um zur Arbeit zu gehen, brachte ich die Sache mit meinem Vater und Patricia Prentice zur Sprache.
    »Ich war gestern schon mal hier.«
    »Tatsächlich?«
    »Am Nachmittag. Da sind zwei Leute hergekommen. Und ins Haus gegangen. Ihre Autos parkten in der Einfahrt.«
    »Du bist nicht mein einziger Bekannter.«
    »Dann weißt du, wer sie waren?«
    Marla ließ den Hausschlüssel in die Handtasche fallen. »Freunde.«
    »Freunde, ach so?«
    »Herrgott. Du hast gesehen, wer sie waren.«
    »Du kannst mir nicht verübeln, dass ich neugierig bin, was mein Vater hier zu suchen hatte.«
    »Warum fragst du ihn nicht?«
    »Als ob ich ihn jemals so etwas fragen könnte.«
    »Es wäre ihm sicher nicht recht, wenn ich es dir erzähle.«
    »Na und?«
    Marla seufzte. »Ich vermiete ihnen ein Zimmer.«
    »Wozu brauchen sie ein Zimmer? Unser Haus ist groß genug.«
    »Ein Zimmer zum Ficken. Okay?«
    »Echt?«
    »Echt.«
    »Treiben sie es nicht gern in Motels?«
    »Hier ist es diskreter.«
    »Und da sie ist, wer sie ist, spielt Diskretion eine große Rolle. Verstehe.«
    »Du kennst sie?«
    »Ich habe sie im Gartenzentrum kennengelernt.«
    Marla zuckte die Achseln. »Ich kenne deinen Vater schon ziemlich lang. Und Patricia ist so etwas wie eine Freundin. Als er mich fragte, konnte ich nicht gut Nein sagen. Sie benutzen es nur, wenn ich arbeiten bin.«
    »Wie lange geht das schon?«
    »Sechs Monate.«
    »Mann. Schön für ihn.«
    »Vermutlich.«
    »Du findest es nicht gut?«
    »Wenn man sie zusammen sieht, hat man den Eindruck, dass Pat sich völlig verzweifelt an ihn klammert, als hätte sie Angst, ohne ihn unterzugehen.«
    Wir verließen das Haus. Als Marla in ihr Auto einstieg, legte ich ihr eine Hand auf den Arm.
    »Ich könnte heute Abend wiederkommen, wenn du Feierabend hast.«
    Sie sah mich einen Moment an, dann schüttelte sie langsam den Kopf.
    »Du bist ein kluger Junge, Johnny, aber manchmal kannst du sehr dumm sein. Ich muss über eine Menge nachdenken. Wenn ich fertig bin, rufe ich dich an; bis dahin kommst du lieber nicht her, einverstanden?«
    Sie küsste mich, dann fuhr sie weg.
     
    Um die Mittagszeit fuhr ich zum Gartenzentrum, wo Stan und ich mit Bill Prentice verabredete waren, um ihn zu fragen, ob wir seine leer stehende Lagerhalle mieten könnten. Er sagte, er würde darüber nachdenken und sich in ein paar Tagen bei uns melden.

[zurück]
    Kapitel Sechs
    An diesem Samstag machten wir einen Familienausflug. Mein Vater fuhr mit Stan und mir von Oakridge in die Berge. Hier war der Wald dünner und führte in Schluchten und kleine Täler hinab. Es war ein heißer Tag; der staubige Geruch trockener Nadelbäume und dürstenden Erdreichs lag in der Luft.
    Wir parkten auf einer Lichtung, wo schon eine Menge Geländewagen und Pick-ups standen. Ein Trampelpfad führte bergab; mit Goldpfannen, einer Schaufel und einem Rucksack voll Essen bewaffnet, folgten wir ihm rund zehn Minuten durch eine Landschaft, die noch so urwüchsig und wild aussah wie vor Urzeiten.
    Auf halbem Weg blieb Stan bei einer Fichte stehen und lehnte sich mit dem Kopf dagegen. Er schlang die Arme so weit er konnte um den Stamm und atmete lang und langsam durch die Nase ein.
    »Stan, was machst du da?«
    Ich glaube, der Zorn in der Stimme meines Vaters rührte weniger daher, dass Stan so unverhohlen Intimität zeigte, sondern weil er unser Fortkommen verzögerte. Stan antwortete nicht. Er hatte die Augen geschlossen.
    »Ich spüre sie, Johnny.«
    »Wen?«
    »Die Kraft. Manchmal strömen Bäume sie aus.«
    Ich sah meinen Vater an, damit er es mir erklärte, doch er schüttelte nur gereizt den Kopf und ging weiter den Pfad

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