Empty Mile
Pflanzen waren nicht aus Versehen vergiftet worden.
Abends saß Stan erschöpft und ernst am Küchentisch. Er aß stumm, ohne seine üblichen Sprüche abzulassen oder herumzukaspern. Die Streichholzschachtel mit seinen Faltern lag neben seinem Teller. Hin und wieder öffnete er sie und sah einen Moment die Insekten darin an. Als er gegessen hatte, trank er ein Glas Milch.
»Johnny, glaubst du, dass das mit Plantasaurus etwas wird?«
»Abgesehen von heute, läuft es doch ziemlich gut, oder nicht?«
»Jetzt ist es wichtig, Johnny. Echt wichtig.« Er schwieg einen Moment, dann fuhr er fort. »Wegen Rosie. Ich muss dafür sorgen, dass sie mich weiterhin mag.«
Später, als er im Bett lag und ich ihm Gute Nacht sagte, streckte er die Hand nach der Streichholzschachtel auf dem Nachttisch aus. Er trug einen Pyjama, hatte aber seine Captain-America-Maske auf. Er schob die Schachtel ein Stück auf und inhalierte kräftig. »Wenn es hart wird, braucht man mehr Kraft«, sagte er dann ernst. »Wenn man die nicht hat, geht alles schief, so wie heute. Vielleicht solltest du auch ein Kostüm anziehen. Du kannst Superman haben, wenn du willst.«
»Ich ziehe kein Kostüm an, Stan.«
»Aber wir hätten mehr Kraft.«
»Hör mal, Alter, der Witz mit der Kraft ist langsam alt.«
»Das liegt daran, dass du an gar nichts glaubst. Du bist immer böse auf das, was in der Vergangenheit passiert ist, und deswegen glaubst du nicht mehr an das Gute in der Welt.«
»Das stimmt nicht.«
»Die Welt ist gut, Johnny, wirklich. Nur braucht man manchmal zusätzliche Kräfte, um ein bisschen nachzuhelfen.«
Ich sah, wie wichtig ihm das Thema war, daher beließ ich es dabei. »Okay, aber du musst es für uns beide machen, weil ich trotzdem kein Kostüm anziehe.«
Er lächelte zaghaft. »Okay, Johnny.«
Als Stan schlief, rief ich Marla an und fragte, ob sie herüberkommen und die Nacht hier verbringen wollte, aber es war schon spät, und sie sagte, die Fahrt wäre ihr um diese Zeit einfach zu weit.
»Ich wäre ohnehin keine angenehme Gesellschaft, Johnny. Ich fühle mich wie ein Schwein.«
»Du bist kein Schwein.«
»Ich bin abstoßend.«
»Sag das nicht. Du bist ein guter Mensch.«
Das Gelächter von Marla hörte sich verloren und unendlich weit entfernt an. »Wirklich?«
Ich überlegte, ob ich ihr von Gareths Versprechen erzählen sollte, sie nicht mehr auf den Strich zu schicken, aber so, wie sie gerade klang, war sie dafür womöglich gar nicht aufnahmefähig. Stattdessen verabredete ich mich für den nächsten Tag zum Essen bei ihr. Ich sagte ihr, dass ich sie liebe, und legte auf.
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Kapitel Siebzehn
Der nächste Tag war ein Samstag. Ich fuhr mit Stan nach Empty Mile, damit er Rosie besuchen konnte, dann fuhr ich nach Channon.
Marlas Straße war still und ruhig, wie immer. Ich hatte die Fenster heruntergelassen und genoss die im Schatten der Bäume kühle Luft. Normalerweise wäre es ein angenehmes Idyll gewesen, doch der Anblick eines roten Jaguars, der gegenüber ihrer Einfahrt am Bordstein parkte, machte es zunichte. Das Verdeck war offen, und als ich in Marlas Einfahrt einbog, winkte mir Jeremy Tripp vom Fahrersitz zu, als wären wir alte Freunde.
Marla öffnete die Tür, kaum dass ich geklopft hatte, und zerrte mich ins Innere. »Hast du ihn gesehen?«
»Ja, was hat das zu bedeuten?«
»Was macht er?«
»Sieht aus, als beobachtet er das Haus.«
»Er ist seit einer halben Stunde hier.«
Wir gingen durch die Küche in den hinteren Teil des Hauses.
»Warum ist er hier?«
»Ich glaube, das ist nicht allzu schwer zu erraten, Johnny. Gareth muss ihm meine Adresse gegeben haben.«
Marla sah blass und verängstigt aus, die Haut unter ihren Augen war dunkel. Ich legte ihr die Hände auf die Schultern.
»Ich glaube nicht, dass Gareth etwas damit zu tun hat.«
»Sei nicht albern.«
»Nein, im Ernst. Ich war gestern bei ihm und habe mit ihm darüber gesprochen, dass er dich auf den Strich schickt. Er hat mir versprochen, dass er dich in Ruhe lässt, weil er jetzt weiß, dass wir wieder zusammen sind. Er hat sich sogar entschuldigt.«
»Hört sich gar nicht nach Gareth an.«
»Ich glaube, er hat es ernst gemeint. Du stehst im Telefonbuch. Tripp hat vielleicht deinen Nachnamen erfahren, als er mit Gareth gesprochen hat, und deine Adresse selbst herausgefunden.«
»Und bildet er sich jetzt ein, er kann hierherkommen und mich ficken, wann immer ihm danach ist? Herrgott!«
Wir machten Kaffee, standen herum
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