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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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sollte, läuft es ganz und gar nicht so, wie ich es mir erträumt hatte. Heute Abend sind die ersten Männer von den Schürfplätzen weiter flussabwärts eingetroffen und stecken in der Abenddämmerung ihre Claims ab. Der Traum, ich könnte eine neue Ader ganz für mich allein finden, ist ausgeträumt. Abermals bin ich einer unter vielen, und sollten sich hier tatsächlich noch Reichtümer finden, müsste ich sie mit vielen anderen teilen.
     
    29 . März 1849
    Ich muss aufgeben. Hätte Cooper’s Bend die Menge Gold enthalten, die man billigerweise erwarten durfte, so hätte ich mein Ziel erreicht und wäre als ein gemachter Mann in die Zivilisation zurückgekehrt. Doch es sollte nicht sein. Es gibt kein Gold in Cooper’s Bend. Der Zustrom von flussabwärts ist enorm, und so haben mehr als zweihundert Mann eine Woche lang den gesamten Flussabschnitt umgegraben, darum weiß ich, dass es so ist. Das gesamte Flussbett wurde gründlich abgesucht, aber nicht ein einziger Mann hat mehr als ein paar Gramm gefunden, daher ziehen langsam alle wieder ab, entweder weiter flussaufwärts oder zurück, flussabwärts, zu den alten Schürfstellen. Jene, die noch hier sind, wenn auch gewiss nicht mehr lange, haben diese vermaledeite Strecke des Flusses umbenannt. Inzwischen nennen sie sie »Empty Mile«. Das scheint mir passend zu sein. Ich ziehe mit den anderen flussaufwärts. Möglicherweise finde ich doch noch eine Stelle, die ein wenig abwirft, und auch wenn es unwahrscheinlich scheint, dass mich das Gold jemals zum reichen Mann macht, finde ich vielleicht doch genug für ein Haus oder vielleicht, wenn ich Glück habe, gar eine kleine Farm. Wenn ich Glück habe …
     
    2 . April 1849
    Der Fluss birgt wieder Vorkommen! Wir haben »Empty Mile« hinter uns gelassen. Vom Ende der Biegung, so weit das Auge flussaufwärts reicht, tummeln sich Männer, und stündlich treffen mehr ein. Jeder wirft sich auf das winzige Stück Ufer oder Flussbett, das er für sich ergattern konnte. Wir gleichen einer wahnsinnigen Rasse arbeitsamer Insekten und haben offenbar vorübergehend alles Menschliche abgestreift, während wir versuchen, eine Zukunft für uns zu sichern. Wie vielen von uns dürfte das gelingen? Werde auch ich zu ihnen gehören? Schon jetzt habe ich fünfundzwanzig Gramm sicher verwahrt, und mit jeder Pfanne, die ich hochhebe, schlägt das goldene Herz des Flusses weiter. Möge es morgen und alle Tage danach auch noch schlagen. Möge das Gold niemals versiegen.
     
    Das war alles. Nathaniel Bletcher war offensichtlich das Papier ausgegangen. Das Ende seiner Geschichte war nicht überliefert. Ich fragte mich, was ihm nach dem Goldrausch geblieben war. Millicent hatte gesagt, ihres Wissens nach sei er recht wohlhabend gewesen, demnach gehörte er also immerhin nicht zu der Heerschar von bankrotten Männern, die ärmer nach Hause zurückkehrten, als sie losgezogen waren.
    Was immer aus ihm geworden sein mochte, seine Aufzeichnungen halfen mir kein Stück weiter. Sie lösten das Rätsel von Empty Mile nicht. Wenn ich die letzten Zeilen las, kam es mir unbegreiflicher denn je vor, dass mein Vater das Land gekauft hatte. Wenn es einmal Gold in diesem Fluss gegeben hatte, hätte man meinen sollen, dass er davon ausging, ein Goldvorkommen aufspüren zu können, das alle anderen übersehen hatten. Doch aus den Tagebuchseiten ging eindeutig hervor, dass dem nicht so gewesen war, dass es dort von Anfang an kein Gold gab, das man übersehen konnte.
    Ich legte die Seiten, den Kaufvertrag und das Foto zusammen und tat sie in die Truhe zurück. Als ich den Deckel gerade zuklappen wollte, fiel mir ein Foto auf, das aus einer Papier-Bildertasche von Kodak herausgerutscht war. Ich nahm es in die Hand und betrachtete es. Es zeigte meinen Vater vor dem Einlass einer großen Achterbahn aus Holz. Er stand übertrieben aufrecht und grinste breit, als würde er für den Fotografen rumalbern. Neben ihm stand ein Schild, auf dem ich
San Diego
lesen konnte. Ich legte das Foto wieder in die Tasche und klappte die Truhe zu.
     
    Da ich Stan ein wenig aufheitern wollte, überredete ich ihn, mit mir in die Stadt zu fahren, um irgendwo zu Mittag zu essen. Angesichts unserer knappen Mittel gingen wir nie essen, daher war das durchaus etwas Besonderes. Dennoch zögerte er und schwieg fast die ganze Fahrt über. Das änderte sich jedoch schlagartig, als wir die Altstadt erreichten.
    Wir fuhren durch eine Straße mit Ladenzeilen, als ein junger Mann aus einer

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