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Empty Mile

Empty Mile

Titel: Empty Mile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Stokoe
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Immobilienverträge und Krimskrams seiner frühen Jahre in England auf. Als ich den Deckel hob und den kühlen Duft von altem Papier und trockenem Holz roch, kam ich mir wie ein Eindringling vor.
    Und als ich mit der Durchsuchung der Truhe begann, stellte ich fest, wie sehr es mir widerstrebte, ihren Inhalt zu inspizieren. Da er mich ein Leben lang auf Armeslänge von sich gehalten hatte, fiel es mir schwer, mich auf mehr als die rudimentäre Intimität einzulassen, die ich von ihm gewöhnt war. Aus diesem Grund rührte ich viele seiner Besitztümer nicht an – ein Paar goldene Manschettenknöpfe, eine Uhr, die nicht funktionierte, eine Rugbytrophäe aus seiner Jugend, einen Beutel alter Münzen. Doch ich verbrachte eine Stunde damit, die Papiere und Dokumente durchzusehen, und am Ende hatte ich tatsächlich drei Sachen gefunden, die mit Empty Mile zu tun hatten.
    Da war zum einen die Luftaufnahme, die ich schon kannte, die mein Vater so aufgeregt im Wohnzimmer an die Wand gehängt hatte – das heißt, eine kleinere Version davon. Es sah aus, als wäre dieses kleinere Foto das Original. Es war schärfer, das Papier schwerer, wie von einem professionellen Fotografen. Ich drehte den Abzug herum. In einer Ecke stand in der Handschrift meines Vaters und mit Füllfederhalter geschrieben folgender Satz:
Die Bäume sind anders.
    Ich drehte das Foto mehrmals um und betrachtete abwechselnd das Bild und die Worte, die mein Vater geschrieben hatte. Auf beiden Seiten der Biegung des Flusses in Empty Mile standen Bäume, doch das war nichts Besonderes. In diesem Teil des Landes gab es überall Bäume. Was hatte mein Vater in diesen speziellen Bäumen gesehen? Ich betrachtete das Bild noch eine ganze Weile, fand jedoch keine Antwort darauf, daher legte ich es beiseite und hob meinen zweiten Fund hoch: den Kaufvertrag meines Vaters für das Land in Empty Mile.
    Das Datum des Kaufs war vermerkt: gerade mal zwei Wochen nach meiner Rückkehr nach Oakridge. Der Vertrag enthielt den Zusatz, dass der Besitzer neben dem Land auch die Rechte an allen Mineralien und Wasser besaß. Die Blockhütte wurde erwähnt, die Grundstücksgrenzen, die Anzahl der Hektar. Und natürlich die beteiligten Parteien – mein Vater als neuer Besitzer, eine Firma namens Simba Inc. als Verkäufer. Anstelle einer Firmenadresse war die einer Anwaltskanzlei in Sacramento als Treuhänder angegeben.
    Ich rief mit dem Handy die Auskunft an, bekam die Telefonnummer der Kanzlei und versuchte es dort. Nachdem ich von der Telefonistin an einen Assistenten und schließlich an einen Anwalt weitergeleitet worden war, erfuhr ich, dass die kleine Investmentfirma Simba Inc. auf äußerste Diskretion bedacht sei. Und man bedaure, aber leider sei es nicht möglich, ohne Gerichtsbeschluss Einzelheiten über die Identität des vorherigen Besitzers von Empty Mile bekannt zu geben.
    Ich legte enttäuscht auf, dachte mir aber, dass Empty Mile ein Geheimnis haben müsste, das der vorherige Besitzer nicht kannte, denn andernfalls hätte er es meinem Vater kaum verkauft.
    Der dritte Hinweis auf Empty Mile, den ich fand, war über hundertfünfzig Jahre alt, und die Tatsache, dass er sich in der Truhe befand, war ebenso rätselhaft wie der Inhalt. Drei vergilbte Blätter Papier. Sechs Seiten, beschrieben in Tusche mit einer säuberlichen, leicht verschnörkelten Handschrift. Die fehlenden Seiten aus dem Tagebuch des Goldgräbers, das ich im Haus von Millicent Jeffries gelesen hatte.
    Mein Vater musste sie gestohlen haben, anders war es nicht zu erklären. Allerdings wäre mir nicht bekannt gewesen, dass er in seinem ganzen Leben jemals so etwas getan hätte.
    Es herrschte Halbdunkel im Zimmer. Ich schaltete die Lampe ein, die neben dem Bett stand, und las in der Hoffnung, dass diese letzten Seiten des Tagebuchs mir einen Hinweis geben könnten, weshalb er Empty Mile gekauft hatte.
    17 . März 1849
    Ich stand im Morgengrauen auf und brach das Lager in der festen Entschlossenheit ab, den Flussabschnitt zu erreichen, von dem der Trapper gesprochen hatte, bevor die Sonne über den Bäumen stand. Ich war noch nicht weit gegangen, da dünnte die Vegetation am Ufer sichtlich aus, sodass sich das Vorankommen unbeschwert gestaltete. Peinlich genau hielt ich nach Hinweisen auf mein ersehntes El Dorado aus, da ich fürchtete, ich könnte es passieren, ohne es zu erkennen. Die Beschreibung des Mannes ging mir nicht aus dem Sinn – eine weite Kurve sandigen Ufers mit langsam fließendem, seichtem

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