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Ende einer Welt

Titel: Ende einer Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anet
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menschlichen Gemeinschaft
unerläßlich schien, einer Gemeinschaft, die rings von
unsichtbaren Feinden umgeben war, die sie belauerten, um bei der ersten
Unterlassung oder dem ersten Fehler über sie herzufallen und
sie zu vernichten.
    Und trotz alledem vermochten die Leute vom Fluß eine
dunkle Ahnung nicht zu bannen, daß ihr Leben, die Existenz des
Stammes in jedem Augenblick bedroht sei. Der Mensch sah sich allein im
Mittelpunkt einer feindlichen Welt. Unter den Tieren zählte er
nicht eines als Freund. Er kannte sie nur, um sie zu töten.
Zwischen ihnen und ihm war ewiger Krieg, ein Kampf, der bald mit
offener Kraft, bald mit Heimtücke und List geführt
wurde. Sobald er seine Behausung verließ, setzte der Mensch
sich tausend Gefahren aus. Hinter den Bäumen und den Felsen
lauerten stumme Feinde auf ihn, und der Gedanke, daß es immer
so bleiben werde, solange es Menschen und Tiere geben würde,
bedrückte ihn an manchen Tagen.
    Und was gab es außerdem noch für schwer zu
ertragende Leiden und Plagen!
    Krankheiten kamen über den Stamm, von unsichtbaren
Feinden gesandt, über die man ganz im unklaren war. Sie
dezimierten die Söhne des Bären. Wohl vermehrten die
Weisen ihre versöhnenden Riten, doch die Widersacher waren
geschickt genug, sich auch dem mächtigsten Zauber zu
entziehen. Wie die Fliegen beim ersten Frost, so starben die Leute vom
Fluß.
    Eine noch gefährlichere Plage kam über sie.
Die Furcht zog in das Tal ein und nahm von ihren Seelen Besitz. Eine
Katastrophe, die man herannahen fühlte, ohne zu wissen, von
welcher Art sie sein werde, würde in naher Zeit den ganzen
Stamm vollkommen vernichten. Angstbeklommen zitterte man in den
Hütten, man wagte sich nicht vor die Türen, ja, man
litt lieber Hunger, als den Gefahren entgegenzutreten, die
draußen warteten. Und wieder bemühten sich die
Weisen, die unseligen Ursachen dieses Zaubers zu entdecken. Dieser
Zustand währte manchmal einen ganzen Monat, manchmal auch
zwei. Erst allmählich kehrte die Ruhe zurück,
grundlos, wie Sonnenschein nach Regenwetter, und die Leute vom
Fluß verloren selbst die Erinnerung an den Schrecken, der sie
in ihre Wohnstätten gebannt hatte.
    Einige blieben aber ständig durch Gesichte und Angst
geplagt. Sie sahen Dinge, die alle anderen nicht wahrnehmen konnten;
sie hörten Worte und Geräusche, die allen rings um
sie entgingen. Untätig blieben sie die ganzen Tage, aber
trotzdem behandelte man sie mit Güte, und sie nahmen an der
Nahrung ihrer Stammesbrüder teil, ohne bei deren Erwerb
mitgeholfen zu haben.
    Manchmal packte einen dieser Besessenen ein Anfall. Er sank
wie hingemäht zu Boden; rötlicher Schaum entquoll
seinen Lippen. Mit Armen und Beinen stieß er im Krampf um
sich. Lange Zeit blieb er wie leblos. Die Weisen begannen den
Unglücklichen zu behandeln. Sie berührten ihn mit
einem Renntierhuf und gaben ihm einen Trank, aus Pflanzen bereitet,
deren Mischung nur ihnen bekannt war. Dann versuchten sie durch
Beschwörungsformeln den Geist zu verjagen, der ihn
quälte. In ernsten Fällen, wenn alles vergeblich war,
wurde zur Operation geschritten. Es blieb nichts übrig, als
eine Öffnung in den Schädel des Besessenen zu bohren,
durch die der böse Geist zu entweichen vermochte. Man verfuhr
dabei auf folgende Weise:
    Die drei Weisen ließen zuerst die vorgeschriebene
Beschwörung ergehen. Wenn die Wirkung nicht so war, wie man
erhoffte, nahm einer von ihnen einen hierfür besonders
zugespitzten Stein und setzte ihn, während die beiden anderen
den Kranken festhielten, mit aller Kraft auf den Schädel des
Unglücklichen, wo er ihn dann zwischen seinen Händen
so rasch als möglich drehte, während ein anderer
Tropfen auf Tropfen heißen aromatischen Wassers auf die Haut
fallen ließ, nachdem auch darüber die notwendigen
Formeln gesprochen waren. Diese heikle Operation wurde mit der
äußersten Langsamkeit durchgeführt. Sobald
sich das Loch in der Schädeldecke zu formen begann, hielt der
Weise inne, um erst am nächsten Tage fortzufahren. Er stillte
das Blut mit Hilfe gewisser Kräuter, mit denen die
Jäger ihre Wunden verbanden. Es brauchte oft sechs bis acht
Tage, bevor die Schädeldecke durchbohrt war.
    Es kam vor, daß der Kranke gesundete. Es kam
häufiger vor, daß er starb. In diesem zweiten Falle
war es den Leuten vom Fluß klar – selbst die
Schwerfälligsten und Stumpfesten begriffen es –
daß die Zaubersprüche nicht in

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