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Ende einer Welt

Titel: Ende einer Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claude Anet
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vorwärts
gegen den Boden stemmend, und der Speer, der ihren rechten Arm
machtvoll verließ, schien in der Luft den rasenden Lauf des
Jünglings fortzusetzen.
    Wenn die Spiele beendet waren, tauchten sie ihre dampfenden
Körper in die kalten Fluten des Stromes. Dann legten sie
wieder ihre Kleider an und kehrten zu den Wohnstätten
zurück, wo sie von den vollbrachten Taten und
künftigen Jagden sprachen.
    No liebte es, sich des Abends mit den erfahrenen
Männern und den Weisen des Stammes zu unterhalten. Er stellte
ihnen Fragen über Dinge, die ihn beschäftigten. Die
Erde war doch wohl drei bis vier Tagemärsche weit vom Lager
noch nicht zu Ende? Was lag dort weiter rückwärts, wo
er nicht mehr hinzusehen vermochte? Die Berichte besagten, daß
gegen Norden unendliche Eisfelder die Erde bis tief in den Sommer
hinein bedeckten. Dort gäbe es nur weiße
Bären. Weit hinten im Osten sei eine Grenze hoher Berge, deren
schneebedeckte Gipfel bis in den Himmel reichten. Im Süden
aber, zehn Tagemärsche weit, sollte ein großes Wasser
liegen, und jenseits des Wassers vermutete man auch Länder,
die von Tieren und Menschen bewohnt waren. Die Händler allein
konnten diese Gegenden durchqueren, denn nur sie standen im
freundschaftlichen Verkehr mit jenen Geistern, die anderen den Zutritt
verwehrten. In diesen entfernten Ländern war es immer Sommer,
und die Menschen nährten sich dort von dem, was auf
Bäumen wuchs.
    Zu diesem Punkt versicherten die Weisen, daß nach
sehr alten Berichten in einer Epoche, von der kaum noch eine ganz
dunkle Erinnerung übriggeblieben war, die Eintracht auf der
Erde herrschte. Damals töteten die Menschen nicht, um zu
leben; sie nährten sich nicht von blutigem Fleisch, sondern
von Pflanzen und Früchten. Glücklich lebten sie in
Frieden mit unseren Brüdern, den Tieren. Ach! seither war
Zwietracht entstanden und trennte Menschen und Tiere in zwei
für ewig feindliche Lager. Ströme von Blut waren
vergossen worden, die eine Versöhnung unmöglich
machten ...
    Über die Welt der Geister aber schwiegen die Weisen,
denn es war nicht geziemend, darüber vor der Einweihung zu
sprechen.
    No besaß auch Freunde, die älter waren als
er selbst, und die er gern aufsuchte. Zweien von ihnen, die besondere
Handfertigkeit besaßen, oblag es an den Wänden der
Hütten und Grotten, in Renntiergeweih und Mammutzähne
die Tiere nachzubilden, die das Land bevölkerten. No sah
andächtig ihrer Arbeit zu. Dank ihrer Kunst waren es fast
wirkliche Tiere, die man vor sich hatte, so wunderbar waren sie in
ihren Stellungen und Bewegungen erfaßt. Das eine ihrer Leben
blieb frei da draußen in Wäldern und auf Wiesen, doch
das zweite war durch zauberhafte Macht in ein Stück Elfenbein
oder an die Felswand gefesselt, aus der die begabte Hand des
Künstlers es herausgegraben hatte. No mühte sich, dem
Beispiel seiner Freunde zu folgen. Er verstand, warum es so notwendig
sei, in Naturtreue das Tier nachzubilden, das man festhalten wollte.
Der Geist des Tieres mußte durch die Ähnlichkeit so
weit getäuscht werden, daß er das Bild zu seinem
Wohnsitz wählte. Der geringste Fehler genügte, ihn
die Täuschung erkennen zu lassen und er kam nicht. Dann bleibt
nichts als ein totes Stück Horn und ein lebloser Stein in
deinen Händen ...
    So dachte auch No, während er arbeitete, an das, was
er auf seinen Jagden gesehen hatte, an das Rind auf der Weide, wie es
plötzlich, durch ein Geräusch beunruhigt, den Kopf
hebt, den Schweif zur Hälfte aufrichtet, den Rücken
streckt. Wird es den Feind anspringen? Oder wird es fliehen? Es
zögert ... Dieser Augenblick war es, den No festhalten wollte.
– Oder das Bild eines verwundeten Bisons, das sich am Boden
wälzt; es leidet; es brüllt dumpf; es dreht mit
großer Mühe den Kopf nach
rückwärts, um die klaffende Wunde mitten im
Rücken zu erreichen und sie schmerzlindernd zu lecken ...
    No wußte, daß man mit einer vollendeten
Darstellung des Wildes, das man jagen will, Macht über diese
Beute gewinnt, vorausgesetzt natürlich, daß man auch
die Zauberformel kennt, die vor dem Bilde auszusprechen sind. Doch
diese Worte bilden einen Teil des vom Stamme als heilig
gehüteten Schatzes und werden den Männern erst bei
der Einweihungsfeier enthüllt.
    Bei dem Gedanken, daß auch er sie bald im
geheimnisvollen Innern der heiligen Grotten erfahren werde, bebte No
vor Ungeduld.
    Trotz der vorgeschrittenen Jahreszeit

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