Ende (German Edition)
öffnet die Tür schließlich ganz.
«Niemand da», sagt er und atmet hörbar erleichtert auf. In diesem Moment entdeckt er eine weitere Tür zu seiner Rechten.
«Die führt wahrscheinlich zu einem Bad», vermutet Nieves.
Sie ist Ginés und Ibáñez gefolgt und tritt nun beiseite, damit die anderen, die sich zwischen dem Bett und einem Toilettentisch drängen, sich besser verteilen können. Alle schauen sich in dem Zimmer um, dessen Einrichtung dem allgemeinen Durchschnittsgeschmack entspricht. Wie im Hauptraum sieht man durch ein kleines Fenster den Berghang. Schließlich richten sich alle Blicke auf die Tür zu dem vermutlichen Bad, die in demselben Elfenbeinton gestrichen ist wie die Wände.
«Da müssen wir auch reinschauen», kündigt Ginés an. «Man weiß ja nie.»
In diesem Augenblick, noch bevor Ginés sich in Bewegung setzt, ertönt eine Klospülung. Alle erstarren, sind so überrascht, dass sie sekundenlang reglos verharren. Dann sind Schritte zu hören, unverständliches Gemurmel. Schließlich dreht sich der Knauf, die Tür geht auf.
Es ist Hugo.
«Herrgott noch mal!», schimpft Ginés. Auch die anderen fluchen oder glucksen erleichtert.
«Was ist?», fragt Hugo verdutzt über den Aufruhr, den er ausgelöst hat. Er starrt in die versteinerten Gesichter und die aufgerissenen Augen, in denen sich Erleichterung, aber auch Feindseligkeit spiegeln.
«Du hast uns erschreckt, verdammt!», macht Ginés seinem Ärger Luft. «Wir dachten, dadrin wäre jemand.»
«Schön wär’s, oder?», antwortet Hugo und sieht zum Bett.
«Schon, aber wir hatten nicht mehr damit gerechnet, dass … Wie bist du überhaupt …?»
«Du warst doch eben noch in der Küche», wundert sich Cova, die wie vor den Kopf geschlagen wirkt.
«In der Küche ist eine Tür. Die war zwar zu, aber der Schlüssel hat gesteckt, also habe ich sie aufgemacht. Sie führt nach draußen. Dort habe ich mich ein bisschen umgesehen und bin dann hier wieder rein.»
«Hier?»
«Ja, durch die Haustür über den Flur hier rein», erklärt er und deutet hinter sich zum Bad.
«Stimmt, im Flur ist eine zweite Tür», bestätigt Maribel.
«Dieses Licht, das ist also Tageslicht», schlussfolgert Ibáñez enttäuscht und geht ins Bad.
Auch dort ist ein Fenster, allerdings ein noch kleineres. Das meiste Licht fällt durch die beiden offenen Türen.
«Warum hast du die Spülung betätigt?», will Ginés wissen. «Warst du auf dem Klo?»
«Dafür hatte er gar keine Zeit.»
«Ich wollte nur wissen, ob in der Spülung Wasser ist. Aus dem Wasserhahn in der Küche kam erst nur ein Tröpfeln und dann gar nichts mehr. Hier genauso», sagt Hugo und zeigt wieder zum Bad. «Da dachte ich mir eben, ich prüf das mal.»
«Großartig», sagt Ginés, der seinen Ärger nicht verhehlen kann. «Wenn jetzt jemand aufs Klo muss, ist kein Wasser mehr da.»
«Du hast ja recht», entschuldigt sich Hugo zerknirscht. «Ich hab’s halt einfach gemacht, ohne groß drüber nachzudenken.»
«Aber da war doch Wasser», wendet Nieves ein, «das hat man deutlich gehört.»
«Das heißt aber nicht, dass sich der Spülkasten wieder füllt», schaltet sich Ibáñez ein. «Das Wasser kann schon wer weiß wie lange im Spülkasten gewesen sein. Du kannst ja mal dran ziehen, dann wirst du schon merken, dass nichts mehr kommt. Wenn in der Küche kein Wasser ist …»
«Wir haben also kein Wasser», spricht María aus, was sie denkt.
«Vielleicht ist es nur hier so», gibt Nieves dem Befund eine optimistische Interpretation, «hier in der Siedlung, hier im Haus. In der Herberge hatten wir ja Wasser.»
«Reines Glück», widerspricht ihr Ginés. «Ich hatte schon befürchtet, dass hier keines ist. Wahrscheinlich hat die Herberge einen Tank, und die Schwerkraft sorgt dafür, dass das Wasser fließt. Schließlich liegt das Gebäude ziemlich tief, fast auf Flusshöhe.»
«Hier hingegen muss das Wasser nach oben geschafft werden, mit einer Pumpe oder so», ergänzt Amparo.
«Genau.»
«Wir sollten uns auf die Socken machen», mahnt Ibáñez. «Hier ist keiner und wird auch keiner kommen.»
«Ja, aber vorher sollten wir uns ein bisschen ausruhen und etwas essen», schlägt Ginés vor. «Vermutlich ist es längst Mittag.»
«Du sprichst mir aus der Seele», stimmt Amparo ihm zu. «Wenn wir nicht eine Pause einlegen, mache ich keinen einzigen Schritt mehr.»
Amparo setzt sich auf die Bettkante, Maribel folgt ihrem Beispiel, allerdings nicht ohne vorher die Laken unter die Lupe
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