Ende (German Edition)
genommen und ausgeschüttelt zu haben. Die anderen bleiben stehen. Nieves geht neugierig zu dem Toilettentisch mit seinen Döschen, Flakons und einem kleinen gerahmten Foto.
«War in der Küche was zu essen?», fragt Ginés.
«Ich glaube ja, aber ich habe nicht nachgeschaut.»
«Wollen wir uns einfach so bedienen?», gibt Nieves zu bedenken, dreht sich um und sieht ihre Freunde an.
«Das ist eine Notlage», findet Amparo. «Wir können ja einen Zettel schreiben und die Situation erklären. Jedenfalls habe ich Hunger.»
«Wir können auch Geld hinlegen», schlägt Maribel vor.
«Oder eine Kreditkarte.»
«Vergesst nicht, dass wir auch Proviant brauchen», erinnert Ginés, «vor allem Wasser.»
«Wir dürfen es aber auch nicht übertreiben!», wendet Hugo ein.
«Ich gehe vom schlimmsten Fall aus», erklärt Ginés. «und will für alles gewappnet sein. Was, wenn wir zu Fuß bis Somontano gehen müssen?»
«Bis Somontano?»
«Das sind zwanzig Kilometer! Oder?»
«Ich will nicht den Teufel an die Wand malen», beschwichtigt Ginés, «und ich will niemandem einen Schreck einjagen. Aber wir haben nun mal das Pech, dass wir uns in einer spärlich besiedelten Region befinden. An der Straße nach Somontano liegen kaum bewohnte Häuser. Also müssen wir darauf gefasst sein, dass …»
«Du musst es gar nicht aussprechen», sagt Amparo, die ihn aus den Augenwinkeln betrachtet.
«… dass uns das Gleiche passiert wie hier.»
«Scheißsiedlung. Hab ich ja gleich gesagt», regt sich Hugo auf. «Wir hätten nicht herkommen sollen.»
«Aber hier leben doch Leute!», insistiert Nieves, die sich wieder zu der stehenden Gruppe gesellt hat.
«Dann stell sie mir vor, verdammt!», blafft Hugo. «Wir hätten direkt zur Schlucht gehen sollen, dort wimmelt es sonntags von Ausflüglern.»
«Von wimmeln kann nicht die Rede sein», widerspricht Ibáñez.
«Wie lange braucht man nach Somontano?», meldet sich María zu Wort, die aufmerksam zugehört hat und eine kurze Stille nutzt.
«Zu Fuß?»
«Ja.»
«Das wissen wir nicht so genau», antwortet Ibáñez. «Mit dem Auto braucht man, mal überlegen, es sind rund zwanzig Kilometer, wobei, wenn wir durch die Schlucht gehen, sparen wir uns einiges an Weg. Ich würde sagen, vier, fünf, sechs Stunden. Je nachdem, wie schnell wir marschieren.»
«Eins steht fest», sagt Ginés. «Den Morgen haben wir schon mal vergeudet. Oder besser: anders genutzt. Ich würde vorschlagen, wir essen erst mal was, in aller Ruhe, um wieder zu Kräften zu kommen. Und dann machen wir uns auf zur Schlucht.»
«Er hat recht», stimmt Amparo ihm zu und steht auf. «Gehen wir in die Küche und schauen nach, was es so gibt. Essen können wir dann im Wohnzimmer.»
«Und wenn das Essen verseucht ist?», wendet Maribel ein.
«Welches Essen? Meinst du den Kuchen?», fragt María.
«Nein, ich meine das Essen überhaupt.»
«Jetzt mach mal halblang», sagt Ginés. «Nichts deutet darauf hin, dass irgendwas mit dem Essen ist.»
«Außerdem haben wir Wasser getrunken», schließt sich Ibáñez Ginés’ Meinung an. «Wäre das Essen verseucht, wäre das Wasser noch verseuchter.»
«Kaffee haben wir auch getrunken.»
«Ja, kalten Kaffee.»
«Und die Kekse gegessen, die Nieves mitgebracht hat.»
«Los, lasst uns den Kühlschrank plündern. Wer Schiss hat, kann ja Dosen essen», schlägt Hugo vor.
«Genau. Und den Inhalt uns überlassen», witzelt Amparo.
I báñez hat am Tisch des Wohnzimmers Platz genommen, mit dem Rücken zum großen Fenster, durch das man einen weiten Blick über die Landschaft hat. María und Maribel sitzen auf dem Sofa, mit dem Gesicht zu dem Regal, in dem der Fernseher steht. Amparo und Nieves wiederum haben es sich auf den beiden Sesseln bequem gemacht, die sie so ausgerichtet haben, dass sie ihren Freunden beim Reden in die Augen sehen können. Cova ist Ibáñez’ Beispiel gefolgt und hat sich ans Tischende gesetzt, das zur Diele geht, während Hugo erst auf dem Stuhl neben seiner Frau gesessen und etwas gegessen hat und jetzt hinter ihr steht und zerstreut das Bild an der Wand betrachtet. Das Gemälde ist eher geschmiert als gemalt und anbiedernd erotisch: eine braungebrannte Bäuerin, die eine Weizenähre in der Hand hält.
Alle tun sich gütlich an dem, was sie in der Vorratskammer und im Kühlschrank gefunden haben. Hugo spielt mit einem Pfirsich herum, den er gar nicht essen will. Um das klaustrophobische Gefühl zu lindern, haben sie alle Türen und Fenster weit
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