Ende (German Edition)
du zum Rauchen nach draußen gehen könntest.»
Alle verstummen, sehen mehr oder weniger verhohlen mal zu Hugo, mal zu Nieves. Nieves hat den Rest ihres Brots in den Händen und sieht Hugo regungslos an. Hugo wiederum, der seine Zigarette blitzschnell herausgeholt und angezündet hat, nimmt voller Genuss den ersten Zug.
«Nach draußen? Wieso das?», fragt er scheinheilig, bläst den Rauch nach oben, dicht vorbei an seinem Pony.
«Du weißt genau, wieso.»
«Hugo, bitte», flüstert Cova, den Blick starr auf den Tisch gerichtet, obwohl Hugo direkt neben ihr steht.
«Die Fenster sind doch offen.» Hugo lässt sich nicht beirren und breitet die Arme aus, ohne jedoch die Zigarette abzulegen, die er zwischen den Fingern rollt. «Das ist praktisch wie draußen.»
«Nein, ist es nicht», lässt Nieves nicht locker. «Wir sind in einem Innenraum, und das hast du gefälligst zu respektieren.»
«Jetzt nerv nicht!», wehrt sich Hugo. «Immer diese Regeln.»
«Einige von uns stört, dass du rauchst.»
«Und mich stört, dass du dick bist!»
«Hugo, bitte», sagt Cova energischer, nicht mehr so flehend.
«Lass ihn», kontert Nieves gelassen. «Damit zeigt er nur, wie er wirklich ist.»
«Und du? Was fällt dir ein, hier die Oberlehrerin zu spielen? Schließlich sitzen wir nur deinetwegen in dieser Scheiße. Gestern hast du dir schon Rafa vorgeknöpft, hast keine Ruhe gegeben, bis er …»
«Schluss! Ab jetzt werde ich Streitereien nicht mehr dulden», weist Ginés, der plötzlich in der Küchentür erschienen ist, die beiden zurecht. Er hat eine kleine Butangasflasche in der Hand, an der ein Kocher angeschlossen ist. Sein Blick ist ernst und streng, seine energische Stimme hat die Wirkung eines Peitschenhiebs.
«Spiel dich nicht so auf», wehrt sich Hugo. «Soweit ich weiß, hat dich hier keiner zum Anführer ernannt. Was hast du da überhaupt?»
«Anführer hin oder her», sagt Ginés, «ich werde nicht zulassen, dass wir so miteinander umgehen. Solange wir uns nicht trennen, halten sich alle an die Entscheidungen der Mehrheit, ist das klar? Und selbst wenn sich hinterher herausstellt, dass sie falsch waren, wird nicht gemeckert.»
«Ich war schon immer gegen die Diktatur der Mehrheit und …»
«Außerdem», fällt ihm Ginés ins Wort, «befolgen wir strikt die Regeln des Zusammenlebens. In einer Notsituation ist das nämlich überlebenswichtig. Mach also bitte deine Zigarette aus.»
«Dann befinden wir uns also in einer Notsituation», sagt Hugo und tritt sichtlich wütend seine Zigarette aus. «Gut zu wissen! Gut, dass jemand es mal ausspricht. Hier wird ja so getan, als wäre alles Friede, Freude, Eierkuchen. Dabei ist hier etwas oberfaul! Nur dass keiner den Mumm hat, es laut zu sagen!»
Hugos Bemerkung platzt wie eine Bombe. Niemand sagt etwas, niemand kaut mehr, niemand rührt sich. Augen suchen einander, die mehr verraten als Furcht und Unsicherheit.
«Das ist ein anderes Thema», beschwichtigt ihn Ginés. «Darüber müssen wir reden. Vernünftig reden.»
«Vernünftig?», fragt Hugo. «Wir haben den ganzen Tag kein menschliches Wesen entdeckt, und du willst vernünftig reden? In dieser Siedlung müsste eigentlich jemand sein, verflucht. Auch hier, in diesem Haus. Es ist fast so, als hätte jemand die Leute just in dem Moment weggezaubert, als wir hier aufgetaucht sind.»
«Könntest du das näher erläutern?», fragt Ginés. Einen Augenblick lang wirkt er überrascht, verunsichert, als hätte ihn Hugo auf einen Gedanken gebracht, der ihm bislang nicht gekommen ist.
«Nein, kann ich nicht. Ich weiß nicht, was ich denken soll.»
«Okay, am besten, wir reißen uns zusammen, sonst geht die Phantasie noch mit uns durch. Wir müssen alles objektiv analysieren. Es gab eine Reihe von Vorfällen, die ungewöhnlich sind, aber nicht unerklärlich.»
«Wenn du in dem Ton sprichst», kommentiert Amparo, die mit geradem Rücken dasitzt, mit Abstand zur Sofalehne, «dann ist das wie beim Arzt: Ich hab das Gefühl, dass du mir was verheimlichst.»
«Okay», gibt Ginés nach und legt den Gegenstand, den er in der Hand hält, auf den Boden. «Ich will mich wirklich nicht vor der Realität drücken. Fest steht, dass die elektrischen Geräte nicht funktionieren, kein einziges. Und dass wir niemanden gesehen haben, seit wir in der Herberge angekommen sind.»
«Ich schon», wendet Ibáñez ein, «ich habe die Bergsteiger gesehen.»
«Das war vor dem Stromausfall.»
«Stimmt.»
«Dann bist du der Letzte von
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