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Ende (German Edition)

Ende (German Edition)

Titel: Ende (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Monteagudo
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begreift man, in welcher Position er liegt, wo der Kopf ist, wo die Füße sind. Es ist Hugo, der schreiend aufgewacht ist und nervös in alle Richtungen schaut, wie jemand, der gerade einen Albtraum gehabt hat. Seine Schreie haben die anderen geweckt.
    «Wer hat da geschrien?», ruft Hugo mit weit aufgerissenen Augen. «Wer schreit da?»
    Alle sind jetzt wach, haben sich aufgesetzt, einige sind sogar aufgestanden. Sie sind ebenso erschrocken wie Hugo, blicken sich wie gelähmt um, befürchten das Schlimmste.
    «Das warst du selbst, Hugo!», sagt Ginés schließlich mit belegter Stimme. «Offenbar hattest du einen Albtraum.»
    «Nein! Hörst du das nicht?», fällt ihm Hugo ins Wort, in dessen Stimme Panik mitschwingt. «Hört denn keiner das Kreischen?»
    Hugo sieht kurz zum Himmel. Amparo ist die Erste, die begreift, trotz des allgemeinen Entsetzens, trotz der irrationalen Angst, die alle in der Gruppe erfasst hat.
    «Die Vögel! Es sind die Vögel!», beeilt sie sich zu sagen und kriecht auf Hugo zu, um ihn in den Arm zu nehmen. «Ganz ruhig, Hugo, es ist nur Vogelgezwitscher. Es wimmelt hier nur so von Vögeln.»
    Ginés atmet erleichtert auf. Auch die anderen entspannen sich, einige legen sich wieder hin.
    «Wer hat mit Hugo Wache gehalten?», fragt Ginés. Amparo streichelt Hugo den Kopf, der jetzt schluchzt wie ein Kind.
    Ginés schaut alle an, wartet auf eine Antwort. Plötzlich ruft er: «Wo ist Ibáñez?»
    Diese Frage, diese drei Worte genügen, um alle wieder in Alarmstimmung zu versetzen.
    «Noch mal: Wer hat mit Hugo Wache gehalten?»
    «Er ist weg», stammelt María.
    «Vielleicht musste er mal pinkeln», vermutet Nieves.
    «Da ist seine Tasche», sagt Amparo und deutet mit dem Kopf dorthin, wo sie liegt, «die Tasche, die er immer bei sich getragen hat.»
    «Ibáñez! Ibáñez!», ruft Ginés. «Wer zum Teufel hat mit Hugo Wache gehalten?»
    Ginés ist aufgestanden, ebenso Nieves, María. Amparo sieht ihre Freunde ängstlich an, wäre ebenfalls aufgesprungen, hielte sie nicht Hugo in den Armen. Hugo ist vollkommen verstört, wirkt wie weggetreten. Maribel blickt in alle Richtungen, auch zum Himmel, bleibt aber sitzen. Schwalben ziehen ihre Bahnen wie geworfene Steine. Es sind so wenige, dass sie keine Erklärung für das Kreischen bieten, das nach wie vor ertönt.
    «Hugo hat gar nicht Wache gehalten», sagt Maribel mit einem Gesicht, als wäre sie von ihren eigenen Worten überrascht.
    «Was?», fragt Ginés.
    «Ich habe Wache gehalten. Mit Ibáñez.»
    «Hast du nicht gerade geschlafen?»
    «Ja, ich bin eingenickt.»
    Ginés schnaubt und reibt sich die Augen. Maribels kindliches Erstaunen scheint zu bestätigen, dass sie tatsächlich geschlafen hat, tief geschlafen, und dass sie Mühe hat, vollständig wach zu werden.
    «Wir hatten doch gesagt, dass es immer zwei sein müssen», schimpft Ginés ungehalten, «damit, falls einer einschläft, der andere ihn wecken kann. Oder jemand anderen.»
    Maribel schweigt. Schließlich ergreift Amparo das Wort.
    «Wenn überhaupt, ist Ibáñez schuld. Offensichtlich ist Maribel zuerst eingeschlafen. Und er hat nicht reagiert.»
    «Stimmt das?», will Ginés von Maribel wissen. «War Ibáñez wach, als du eingenickt bist?»
    «Ja, ich glaub schon. Ich war so müde!»
    «Jetzt wissen wir nicht, wie er verschwunden ist», überlegt Ginés laut.
    «Wie schon», sagt Amparo. «So wie Cova gestern in der Schlucht.»
    «Schon möglich!», blafft Ginés sie an. «Aber wir wissen es eben nicht genau. Er könnte auch einfach abgehauen sein. Schließlich haben wir gestern ganz schön auf ihm herumgehackt.»
    «Am Ende bin ich noch schuld», beschwert sich Amparo. «Immer bin ich an allem schuld.»
    Maribel reckt sich und will aufstehen. Als sie den Fuß aufsetzt, verzieht sich ihr Gesicht vor Schmerz. Nieves und María helfen ihr auf. Auch Ginés beteiligt sich, aber seine grübelnde Haltung verrät, dass es in seinem Kopf arbeitet.
    «Wir haben keinen Beweis. Und genau das wollte ich: einen Beweis», sagt er plötzlich, ohne sich an jemand Bestimmten zu richten.
    «Wie viele Beweise willst du denn noch?», fragt Maribel, die jetzt wacher wirkt. «Denk mal drüber nach, wen er sich jetzt geholt hat.»
    «Wer?», fragt Ginés gereizt. «Der schwarze Mann?»
    «Du kannst ihn noch so sehr verspotten, los wirst du ihn trotzdem nicht», fährt Maribel fort. «Er zieht seinen Plan Schritt für Schritt durch.»
    «Wie könnt ihr nur so einen Schwachsinn erzählen», sagt Nieves

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