Ende (German Edition)
ich alles begriffen.»
Maribel verstummt. Wie den anderen ist auch ihr nicht entgangen, welche Verwandlung mit Hugo vor sich gegangen ist, als er den Namen seiner Frau gehört hat. Ibáñez hat ihn spontan ausgesprochen, gedankenlos, einfach nur, um Maribels schlechtem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen. Hugo hat den Blick von der Lampe gelöst und auf seine Freunde gerichtet, als wache er in diesem Moment auf: wie ein Hypnotisierter, wenn der Hypnotiseur mit dem Finger schnippt.
«Sie hat es gewusst», sagt Hugo, als wäre es das Ergebnis eines stundenlangen Grübelns.
«Was hat sie gewusst?», fragt Ibáñez.
«Alles.»
Hugo sagt es mit großer Bestimmtheit, was merkwürdig wirkt, weil diese Bestimmtheit in krassem Gegensatz zu seinem fiebrigen Blick steht.
«Könntest du uns das bitte erklären?», fragt María so taktvoll wie möglich nach.
«Das hier ist das Ende», sagt Hugo. «Das Ende von allem.»
«Wie kommst du darauf?»
«Weil sie es gesagt hat, mit diesen Worten: Es ist das Ende, das Ende von allem. Aber ich habe sie nicht ernst genommen», erklärt Hugo in einem Tonfall, der anfangs überdreht wirkt und am Ende in ein Schluchzen übergeht. «Es wäre alles gut geworden. Alles wäre gut geworden, wenn ich sie nur wirklich umarmt hätte, wenn ich gesagt hätte, dass ich ihr verzeihe. Hab ich aber nicht. Und jetzt, jetzt sitzen wir hier und …»
«Beruhig dich, Hugo», sagt Ginés.
«Ich glaube, wir müssen da zwei Dinge auseinanderhalten», mischt sich Amparo ein. «Das eine ist die Paarbeziehung, das andere …»
«Nein! Es ist ein und dasselbe!», fällt Hugo ihr wütend ins Wort. «Kapiert ihr das denn nicht? Es ist das Ende von allem. Von allem!»
«Bei Rafa war es auch so», ergreift Maribel das Wort und zieht alle Blicke auf sich.
«Wie meinst du das?», fragt Amparo und setzt sich auf.
«Schaut mich nicht so an. Ihr macht mir Angst.»
«Ganz ruhig», beruhigt María sie. «Willst du damit andeuten, dass Rafa dir das Gleiche gesagt hat? Mit diesen Worten?»
«Nein, das nicht. Aber auch er ist einfach verschwunden.»
«Maribel», sagt Ginés wie jemand, der an die Vernunft appelliert.
«Erst habe ich es ja auch nicht geglaubt. Ich dachte wie ihr, dass er wütend war und abgehauen ist. Aber das würde er nie tun. Er würde mich nie alleinlassen.»
«Aber du hast doch gesagt, dass ihr euch in letzter Zeit nicht so gut verstanden habt», wendet María ein.
«Ja, und das stimmt auch. Aber jetzt ist mir klargeworden, dass das keine Rolle gespielt hat. Alle Paare streiten sich mal.»
«Woher willst du wissen, dass er verschwunden ist?», fragt Ibáñez. «Du hast doch geschlafen, oder?»
«Nein, nicht wirklich. Ich konnte nämlich nicht einschlafen, weil ich mich so aufgeregt hatte.»
«Hast du gesehen, wie er verschwunden ist?», hakt Ibáñez nach.
«Nein, aber er lag neben mir auf dem Bett. Ich habe mich von ihm weggedreht. Und als ich mich wieder zu ihm hingedreht habe, war er plötzlich weg. Ich dachte, er wäre aufs Klo gegangen.»
«Dann hast du es also nicht mit eigenen Augen gesehen?»
«Schluss jetzt mit diesem Verhör!», fordert Amparo und sieht Ibáñez in die Augen. «Erst machst du uns blöd an, weil wir über Cova gesprochen haben. Und jetzt steckst du selber den Finger in die Wunde! Ich hab die Nase voll von eurem Anführergetue. Als wären wir kleine Kinder und ihr …»
«Ich wollte nur ein bisschen Vernunft in diesen Wahnsinn bringen. Es muss doch eine rationale Erklärung für all das geben», rechtfertigt sich Ibáñez, der sich merklich zur Ruhe zwingen muss. «Ich habe nach Gemeinsamkeiten zwischen beiden Fällen gesucht. Um zu helfen, um uns allen zu helfen. Wenn wir rausfinden …»
«Wer soll dir denn deine Altruistennummer abkaufen? Den großen Wohltäter im Dienste der Gemeinschaft? Halt lieber die Klappe und hör auf, den Oberlehrer zu spielen!»
«Was soll denn das?», beschwert sich Ibáñez und sieht die anderen an. «Was ist bloß mit dir los?»
«Bring erst mal Ordnung in dein eigenes Leben, bevor du hier den großen Weisen markierst», ätzt Amparo übertrieben bissig. Und es scheint nur ein Vorgeschmack auf weitere Attacken zu sein.
«Halt du lieber dein Lästermaul», kontert Ibáñez mit schneidender Kälte.
Aber Amparo lässt sich nicht beirren.
«Man muss vorleben, was man predigt, verstehst du?»
«Was ist denn nur los mit euch beiden?», will Ginés wissen. «Wenn ihr ein Problem miteinander habt, ist es ein ungünstiger
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