Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ender 4: Enders Kinder

Ender 4: Enders Kinder

Titel: Ender 4: Enders Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
man ihnen beiläufige Fragen stellte (»Ich habe einen Cousin, der progenerative Grammatik an der Komatsu-Universität in Nagoya lehrt«), gab Jane Peter die passenden Kommentare ein:
    »Irgendwie schaff ich’s scheinbar nie bis rüber ins Oe-Gebäude. Die Jungs von der Sprachwissenschaft reden sowieso nicht mit den Naturforschern. Sie glauben, wir sprächen nur in mathematischen Formeln. Wang-mu sagt mir, daß die einzige Sprache, die wir Naturforscher kennen, die Grammatik der Träume sei.«
    Wang-mu verfügte über keinen solchen freundlichen Stichwortgeber im Ohr, aber andererseits rechnete man durchaus damit, daß eine Wanderphilosophin gnomisch in ihrer Rede und mantisch in ihrem Denken wäre. Deshalb konnte sie Peters Kommentar beantworten, indem sie sagte: »Ich sage, das sei die einzige Grammatik, die ihr sprecht. Es gibt keine Grammatik, die ihr versteht.«
    Das provozierte Peter dazu, sie zu kitzeln, was Wang-mu gleichzeitig zum Lachen brachte und sie dazu veranlaßte, ihm das Handgelenk zu verdrehen, bis er aufhörte, wodurch sie den Waldbewohnern bewiesen, daß sie genau das waren, was ihre amtlichen Dokumente über sie aussagten: brillante junge Leute, die trotzdem töricht vor Verliebtheit waren – oder, als ob das einen Unterschied gemacht hätte, vor Jugend.
    Man stellte ihnen in einem Schweber eine Mitfahrgelegenheit zurück in die Zivilisation zur Verfügung, wo sie – dank Janes Manipulation der Computernetzwerke – eine Wohnung vorfanden, die bis gestern leer und unmöbliert gewesen, nun aber mit einer eklektischen Mischung aus Möbeln und Kunstwerken vollgestellt war, die eine charmante Mischung aus Armut, Schrulligkeit und erlesenem Geschmack widerspiegelte.
    »Sehr nett«, sagte Peter.
    Wang-mu, die nur mit dem Geschmack einer Welt und im Grunde genommen nur mit dem eines einzelnen Mannes auf dieser einen Welt vertraut war, vermochte Janes Auswahl kaum richtig zu würdigen. Es gab Sitzgelegenheiten – beides Stühle im westlichen Stil, die die Menschen zu abwechselnden rechten Winkeln zusammenfalteten und Wang-mu alles andere als bequem erschienen, und östliche Matten, die die Menschen darin unterstützten, sich in Kreisen der Harmonie mit der Erde zu verweben. Das Schlafzimmer mit seinen westlichen Matratzen, die sich hoch über den Fußboden erhoben, obwohl es hier weder Ratten noch Schaben gab, war offenbar Peter zugedacht; Wang-mu wußte, daß dieselbe Matte, die sie im Hauptraum der Wohnung zum Sitzen einlud, des Nachts auch ihre Schlaf matte sein würde.
    Rücksichtsvoll bot sie Peter an, als erster zu baden; er jedoch schien kein dringendes Bedürfnis zu verspüren, sich zu waschen, obwohl er von der Wanderung und dem stundenlangen Eingesperrtsein im Schweber nach Schweiß roch. Am Ende aalte sich also Wang-mu in einer Wanne, wo sie mit geschlossenen Augen meditierte, bis sie sich wiederhergestellt fühlte. Als sie die Augen aufschlug, kam sie sich nicht länger wie eine Fremde vor. Statt dessen war sie sie selbst, und die umgebenden Gegenstände und Räume hatten die Freiheit, sich an sie anzubinden, ohne ihr Selbstgefühl zu beeinträchtigen. Das war eine Fähigkeit, die sie schon früh in ihrem Leben erlernt hatte, als sie noch keine Macht, nicht einmal über ihren eigenen Körper, besaß und in allen Dingen gehorchen mußte.
    Es war das, was sie beschützt hatte. Wie Schildfische an einen Hai hatten sich viele unangenehme Dinge an ihr Leben angehängt, aber keines von ihnen veränderte das, was sie unter der Haut war, in der kühlen Dunkelheit ihrer Einsamkeit, wenn ihre Augen geschlossen und ihr Geist im Frieden waren.
    Als sie aus dem Badezimmer kam, fand sie Peter, wie er geistesabwesend von einem Teller mit Trauben aß, während er sich ein Holodrama ansah, in dem maskierte japanische Schauspieler einander anbrüllten und lange, ungelenke, polternde Schritte machten, so als ob die Schauspieler Charaktere darstellten, die doppelt so groß wären wie ihre eigenen Körper.
    »Haben Sie Japanisch gelernt?« fragte sie.
    »Jane übersetzt für mich. Ein sehr eigentümliches Volk.«
    »Es ist eine uralte Theaterform«, sagte Wang-mu.
    »Aber sehr langweilig. Hat es wirklich mal irgendwen gegeben, dessen Herz von diesem ganzen Gebrüll angerührt worden ist?«
    »Wenn Sie in die Geschichte eingeweiht sind«, sagte Wang-mu, »dann brüllen sie die Worte Ihres eigenen Herzens.«
    »Es gibt also tatsächlich jemanden, dessen Herz sagt: ›Ich bin der Wind vom kalten Schnee der

Weitere Kostenlose Bücher