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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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Autorität besaß. Alle Siege mussten einzig ihm zu verdanken sein. Wer war der große Mann neben Augustus? Neben Alexander? Sie hatten Freunde und Rivalen gehabt, aber niemals Partner.
    Deshalb hält Wiggin mich zurück, obwohl er inzwischen aus den Berichten, die sie den Kommandanten geben, wissen muss, dass ich einen schärferen Verstand besitze als alle anderen in der Drachenarmee. Weil ich ein zu offensichtlicher Rivale bin. Weil ich schon am ersten Tag klargemacht habe, dass ich aufsteigen will, und so lässt er mich wissen, dass das in seiner Armee nicht passieren wird.
    Jemand kam in den Waschraum.
    Bean konnte wegen des Nebels nicht sehen, wer es war. Niemand grüßte ihn. Alle anderen waren hier jetzt fertig und schon wieder in der Unterkunft, um sich auf den Kampf vorzubereiten.
    Der andere ging durch den Nebel an der Öffnung von Beans Duschkabine vorbei. Es war Wiggin.
    Bean stand einfach nur da, mit Seife überzogen. Er fühlte sich wie ein Idiot. Er war so in Gedanken versunken gewesen, dass er vergessen hatte sich abzuduschen und einfach im Dampf stehen geblieben war. Eilig stellte er sich wieder unter das Wasser.
    Â»Bean?«
    Â»Sir?« Bean wandte sich ihm zu. Wiggin stand am Eingang der Duschkabine.
    Â»Ich dachte, ich hätte allen befohlen, in die Sporthalle zu gehen.«
    Bean erinnerte sich. Die Szene spielte sich noch einmal vor seinem geistigen Auge ab. Ja, Wiggin hatte tatsächlich allen befohlen, ihre Blitzanzüge in die Sporthalle zu bringen.
    Â»Es tut mir leid. Ich … hab an etwas anderes gedacht.«
    Â»Jeder ist vor dem ersten Kampf nervös.« Bean hasste es, dass ausgerechnet Wiggin ihn bei etwas Dummem ertappt hatte. Sich nicht an einen Befehl zu erinnern – Bean erinnerte sich an alles. Es war ihm bloß nicht aufgefallen. Und nun behandelte Wiggin ihn gönnerhaft. Jeder ist nervös!
    Â» Du nicht«, sagte Bean.
    Wiggin war bereits auf dem Weg nach draußen. Er kam zurück. »Ach nein?«
    Â»Bonzo Madrid hat dir befohlen, deine Waffe nicht zu ziehen. Du solltest einfach nur dort hängen bleiben wie ein Dummy. Das hat dich doch bestimmt nicht nervös gemacht.«
    Â»Nein«, sagte Wiggin. »Ich war stinksauer.«
    Â»Besser als nervös.«
    Wiggin drehte sich um und wollte gehen, aber dann kam er noch einmal zurück. »Bist du sauer?«
    Â»Ich hab mich inzwischen wieder abgeregt«, sagte Bean.
    Wiggins lachte. Dann verschwand sein Lächeln. »Du bist spät dran, Bean, und duschst immer noch. Ich habe deinen Blitzanzug schon in die Sporthalle gebracht. Jetzt brauchen wir dort nur noch deinen Arsch.« Er nahm Beans Handtuch vom Haken. »Das hier wird auch unten auf dich warten. Und jetzt beweg dich.«
    Wiggin ging.
    Wütend drehte Bean das Wasser ab. Das war vollkommen unnötig, und Wiggin wusste es. Nackt und nass den Flur entlangrennen zu müssen, wenn andere Armeen vom Frühstück zurückkehrten. Es war ein Schlag unter die Gürtellinie, und es war dumm.
    Er nutzt jede Chance, um mich zu erniedrigen.
    Bean, du Idiot, du stehst immer noch hier. Du hättest zur Sporthalle rennen und vor ihm da sein können. Stattdessen bist du dir selbst im Weg. Und warum? Das ist doch alles sinnlos. Nichts davon wird dir helfen. Du willst, dass er dich zum Zugführer macht und dich nicht verachtet. Also warum machst du dauernd irgendwas, was dich dumm aussehen lässt, jung und verängstigt und unzuverlässig? Und du stehst immer noch hier und frierst.
    Ich bin ein Feigling. Der Gedanke zuckte Bean ganz plötzlich durch den Kopf und erfüllte ihn mit Entsetzen. Aber er wollte nicht mehr verschwinden.
    Ich bin einer von diesen Typen, die vollkommen erstarren oder irrationale Dinge tun, wenn sie Angst haben. Die die Beherrschung verlieren und aufhören zu denken.
    Aber in Rotterdam ist das nicht passiert. Wenn es dort passiert wäre, hätte es mich erwischt.
    Oder vielleicht ist es doch geschehen. Vielleicht habe ich deshalb keinen Ton herausgebracht, als ich Poke und Achilles allein am Kai sah. Er hätte sie nicht getötet, wenn ich da gewesen wäre, um zu bezeugen, was passierte. Stattdessen bin ich davongelaufen, bis mir klar wurde, in welcher Gefahr sie war. Aber warum habe ich es nicht gleich erkannt? Ganz einfach: Ich habe es gleich erkannt, so deutlich, wie ich Wiggin gehört habe, als er uns befahl, die Sporthalle aufzusuchen. Ich habe es erkannt und

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