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Enders Schatten

Enders Schatten

Titel: Enders Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orson Scott Card
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wegen einer Hackordnung hatten Gedanken machen müssen und immer oben geschwommen waren. Ein Teil von Bean wollte bei diesem Wettbewerb mitmachen und ihn gewinnen, sich mit Zähnen und Krallen nach oben schaffen. Ein anderer Teil verachtete die ganze Gruppe. Was bedeutete es schon, der Rudelführer eines so räudigen Haufens zu sein?
    Dann schaute er seine kleinen Hände an und die Hände des Jungen neben ihm.
    Ich sehe im Vergleich mit ihnen wirklich wie eine Puppe aus.
    Ein paar beschwerten sich, weil sie Hunger hatten. Es war streng verboten, vierundzwanzig Stunden vor dem Shuttleflug etwas zu essen, und die meisten dieser Kinder hatten nie so lange ohne Essen aushalten müssen. Für Bean waren vierundzwanzig Stunden ohne Essen kaum der Rede wert. In seiner Bande hatte man sich erst ab der zweiten Woche Gedanken über Hunger gemacht.
    Der Shuttle stieg auf, genau wie jedes Flugzeug, aber er hatte eine lange, lange Rollbahn, um schnell genug zu werden, weil er so schwer war. Bean war überrascht über die Bewegung des Shuttles, die Art, wie er gleichzeitig vorwärtsraste und stillzustehen schien, die Art, wie er ein wenig wackelte und manchmal ruckte, als rollten sie über Unebenheiten auf einer unsichtbaren Straße.
    Als sie eine größere Höhe erreichten, gab es ein Rendezvous mit zwei Tankflugzeugen, um den Rest des Raketentreibstoffs aufzunehmen, den sie brauchten, um die nötige Geschwindigkeit zu erreichen. Der Shuttle hätte nie mit so viel Treibstoff an Bord abheben können.
    Während des Tankvorgangs kam ein Mann aus der Pilotenkabine und stellte sich vor die Sitzreihen. Seine himmelblaue Uniform war frisch und saß perfekt, und sein Lächeln wirkte ebenso gestärkt, gebügelt und schmutzabweisend wie seine Kleidung.
    Â»Meine lieben kleinen Kinder«, sagte er, »einige von euch können offenbar nicht lesen. Eure Gurte sollen während des gesamten Flugs an Ort und Stelle bleiben. Warum sind so viele von ihnen gelöst? Wollt ihr irgendwohin?«
    Vielfaches Schnalzen antwortete ihm wie zerstreuter Applaus.
    Â»Und ich möchte euch auch warnen, dass ihr, ganz gleich, wie nervtötend oder verlockend ein anderes Kind sein mag, die Hände bei euch behalten solltet. Ihr solltet immer daran denken, dass die Kinder rings um euch ebenso gute Ergebnisse erzielt haben wie ihr, und einige davon sogar bessere.«
    Bean dachte: Das ist unmöglich. Jemand muss hier das beste Ergebnis haben.
    Ein Junge gegenüber hatte den gleichen Gedanken. »Ach ja?«, sagte er sarkastisch.
    Â»Ich wollte eigentlich weitersprechen, aber gut, ich lasse mich ablenken«, griff der Mann die Bemerkung auf. »Bitte teile uns doch mit, was dich so sehr bezaubert hat, dass du es nicht für dich behalten konntest.«
    Der Junge wusste, dass er einen Fehler begangen hatte, aber er beschloss, es durchzuziehen. »Jemand hat hier ganz sicher die besten Ergebnisse.«
    Der Mann sah ihn an, als wolle er ihn auffordern weiterzureden.
    Ihn auffordern, sich ein noch tieferes Grab zu schaufeln, dachte Bean.
    Â»Ich meine, Sie sagten, jeder habe gleich viel Punkte und einige hätten sogar noch mehr, und das kann ja wohl nicht angehen.«
    Der Mann wartete eine Weile.
    Â»Das ist alles, was ich zu sagen hatte.«
    Â»Geht es dir jetzt besser?«, fragte der Mann.
    Der Junge schwieg mürrisch.
    Ohne dass sich das vollendete Lächeln verändert hätte, wechselte der Mann seinen Tonfall, und statt Sarkasmus lag nun die Schärfe einer Drohung darin.
    Â»Ich habe eine Frage gestellt, mein Junge.«
    Â»Nein, es geht mir nicht besser.«
    Â»Wie heißt du?«, fragte der Mann.
    Â»Nero.«
    Ein paar Kinder, die sich etwas mit Geschichte auskannten, lachten über den Namen. Auch Bean wusste von Kaiser Nero. Aber er lachte nicht. Er wusste, dass ein Kind namens Bean besser nicht über anderer Leute Namen lachte. Außerdem konnte ein solcher Name eine wahre Last sein. Es sagte etwas über die Kraft des Jungen oder zumindest über seinen Trotz aus, dass er keinen Spitznamen angegeben hatte.
    Oder vielleicht war Nero sein Spitzname.
    Â»Nur … Nero?«, fragte der Mann.
    Â»Nero Boulanger.«
    Â»Franzose? Oder nur hungrig?«
    Bean verstand den Witz nicht. War Boulanger ein Name, der etwas mit Essen zu tun hatte?
    Â»Algerier.«
    Â»Nero, du bist für alle Kinder in diesem Shuttle ein Vorbild. Die meisten von ihnen sind so

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