Enders Schatten
nicht die richtige Herzfrequenz hatte und wer sich zu sehr anstrengte und zu schnell müde wurde. Bean bekam rasch eine Vorstellung von der Leistung, die er aufbringen musste, und vergaà es dann wieder. Nun, da er es wusste, würde er sich sofort daran erinnern, wenn er das Training wieder aufnahm.
Danach war Essenszeit. Sie waren allein in der Messe â als Neuankömmlinge hatten sie an diesem Tag einen anderen Stundenplan. Das Essen war gut, und es gab viel davon. Bean war verblüfft, als einige ihre Portionen betrachteten und sich beschwerten, dass es so wenig war. Es war ein Festmahl! Bean konnte es überhaupt nicht aufessen. Die Jammerer erfuhren von den Ernährungsspezialisten, dass die Portionen ihren Bedürfnissen angepasst waren â die PortionsgröÃe für jedes Kind erschien auf einem Computerdisplay, wenn es den Handflächenscanner in der Messe benutzte.
Also kein Essen ohne Handfläche auf einem Scanner. Wichtig zu wissen.
Bean stellte bald fest, dass seine GröÃe ihm offizielle Aufmerksamkeit einbrachte. Als er sein Tablett mit den Resten in die Entsorgungseinheit schob, brachte ein elektronisches Geräusch den Dienst habenden Ernährungsspezialisten auf den Plan. »Heute ist dein erster Tag, da wollen wir nicht zu streng sein. Aber deine Portionen sind wissenschaftlich ermittelt und abgemessen, um deine Nährstoffbedürfnisse zu erfüllen, und in Zukunft wirst du alles aufessen, was man dir vorsetzt.«
Bean sah ihn schweigend an. Er hatte seine Entscheidung bereits getroffen. Wenn sein Trainingsprogramm ihn hungriger machte, würde er mehr essen. Aber wenn sie erwarteten, dass er sich vollfraÃ, konnten sie das vergessen. Es würde nicht schwierig sein, das überschüssige Essen denen zuzuschieben, die nicht genug bekommen konnten. Sie würden sich darüber freuen, und Bean brauchte nur so viel zu essen, wie sein Körper verlangte. Er konnte sich gut an Hunger erinnern, aber er hatte nun viele Monate bei Schwester Carlotta gelebt und wusste, dass er seinem Appetit vertrauen konnte. Eine Weile hatte er sich von ihr verleiten lassen, mehr zu essen, als sein Hunger ihm vorgab. Das Resultat war ein Gefühl von Schlaffheit gewesen; er hatte nachts nicht gut geschlafen und tagsüber Schwierigkeiten gehabt, wach zu bleiben. Also hatte er wieder nur so viel gegessen, wie sein Körper verlangte, hatte sich von seinem Hunger leiten lassen, und er war wach und beweglich geblieben. Er selbst war der einzige Nährstoffexperte, dem er vertraute. Sollten die anderen doch träge werden.
Als mehrere aus der Gruppe mit essen fertig waren, stand Dimak auf. »Wer fertig ist, kann schon in die Unterkunft zurückkehren. Wenn ihr glaubt, sie finden zu können. Wenn ihr Zweifel habt, wartet auf mich, und ich bringe die letzte Gruppe selbst zurück.«
Die Flure waren leer, als Bean nach drauÃen kam. Die anderen Kinder benutzten die Handflächenscanner und lieÃen sich den grün-braun-grünen Streifen anzeigen. Bean schaute ihnen hinterher. Einer drehte sich um. »Kommst du nicht mit?« Bean schwieg. Es gab nichts zu sagen. Er war offensichtlich stehen geblieben. Es war eine dumme Frage. Der Junge drehte sich wieder um und trabte den Flur entlang auf die Unterkunft zu.
Bean ging in die entgegengesetzte Richtung. Ohne Streifen an der Wand. Er wusste, dass dies die beste Zeit war, die Station zu erforschen. Wenn sie ihn in einem Bereich erwischten, wo er nichts zu suchen hatte, würden sie ihm heute noch glauben, wenn er behauptete, er hätte sich verlaufen.
Der Flur führte vor und hinter ihm nach oben. Er hatte den Eindruck, stets hangaufwärts zu gehen, aber wenn er zurückschaute, wirkte es, als würde er auch hangaufwärts gehen müssen, um an die Stelle zurückzugelangen, von der er aufgebrochen war. Seltsam. Dimak hatte aber schon erklärt, dass die Station ein riesiges Rad war, das sich im Raum drehte, sodass die Zentrifugalkraft die Schwerkraft ersetzte. Das bedeutete, dass der Hauptflur auf jeder Ebene in einem groÃen Kreis verlief, man immer dorthin zurückkehrte, wo man angefangen hatte, und »unten« immer die AuÃenseite des Kreises war. Bean passte sein Denken daran an. Es war zunächst schwindelerregend, sich vorzustellen, dass er sich auf der Seite bewegte, aber dann veränderte er im Geist die Richtung, sodass er sich die Station nun als eine Art Rad an einem Wagen
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