Enders Spiel
und scherten sich um nicht, und er würde nicht tun, was sie wollten, er würde verdammt noch mal nicht das Geringste für sie tun. Er hatte nur eine Erinnerung gehabt, die sicher war, eine gute Sache, und diese Bastarde hatten sie mit dem Rest des Dungs in ihn hineingepflügt â und damit war er am Ende, er würde nicht mehr mitspielen.
Wie immer wartete die Schlange im Turmzimmer, löste sich aus dem Teppich auf dem Boden. Aber diesmal zermalmte Ender sie nicht unter seinem FuÃ. Diesmal fing er sie mit den Händen, kniete vor ihr nieder und führte sanft, ganz sanft das klaffende Maul der Schlange an seine Lippen.
Er küsste sie.
Er hatte nicht vorgehabt, das zu tun. Er hatte vorgehabt, die Schlange ihn in den Mund beiÃen zu lassen. Oder vielleicht hatte er vorgehabt, die Schlange lebend zu essen, wie Peter im Spiegel es getan hatte, mit blutigem Kinn und dem zwischen seinen Lippen baumelnden Schlangenschwanz. Aber stattdessen küsste er sie.
Und die Schlange in seinen Händen wurde dicker und verwandelte sich in eine andere Form. Eine menschliche Form. Es war Valentine, und sie küsste ihn wieder.
Die Schlange konnte nicht Valentine sein. Er hatte sie zu oft getötet, als dass sie seine Schwester sein konnte. Peter hatte sie zu oft verschlungen, um zu ertragen, dass sie vielleicht die ganze Zeit über Valentine gewesen war.
War es dies, was sie geplant hatten, als sie ihn ihren Brief hatten lesen lassen? Es war ihm egal.
Sie erhob sich vom Boden des Turmzimmers und schritt zu dem Spiegel. Ender lieà seine Figur ebenfalls aufstehen und mit ihr gehen. Sie standen vor dem Spiegel, wo an Stelle von Peters grausamem Spiegelbild ein Drache und ein Eichhorn standen. Ender streckte die Hand aus und berührte den Spiegel; die Wand öffnete sich und enthüllte eine groÃe Treppe abwärts, mit Teppichen belegt und von rufenden, jubelnden Menschenmassen gesäumt. Gemeinsam, Arm in Arm, schritten er und Valentine die Stufen hinunter. Tränen füllten seine Augen, Tränen der Erleichterung, dass er sich endlich aus dem Raum am Ende der Welt befreit hatte. Und wegen der Tränen merkte er nicht, dass jeder Angehörige der Menge Peters Gesicht trug. Er wusste nur, dass Valentine bei ihm sein würde, ganz gleich, wohin er auf dieser Welt auch ging.
Valentine las den Brief, den Dr. Lineberry ihr gegeben hatte. »Liebe Valentine«, lautete er. »Wir danken dir und belobigen dich hiermit für deine Bemühungen zugunsten der Kriegsanstrengungen. Hiermit wirst du davon in Kenntnis gesetzt, dass dir der Stern Erster Klasse des Ordens der Menschheitsliga zuerkannt worden ist, der die höchste militärische Auszeichnung darstellt, die einem Zivilisten verliehen werden kann. Zu unserem Bedauern verbieten uns die Sicherheitsbestimmungen der I . F., diese Auszeichnung bis zum erfolgreichen Abschluss der gegenwärtigen Operation öffentlich bekannt zu geben, aber du sollst wissen, dass deine Bemühungen mit einem vollständigen Erfolg endeten. Dein sehr ergebener General Shimon Levy, Strategos.«
Nachdem sie ihn zweimal gelesen hatte, nahm Lineberry ihn ihr aus der Hand. »Man hat mir befohlen, dich ihn lesen zu lassen und ihn dann zu vernichten.« Sie nahm ein Feuerzeug aus einer Schublade und setzte das Papier in Brand. Es brannte im Aschenbecher lichterloh. »War es eine gute oder eine schlechte Nachricht?«, fragte sie.
»Ich habe meinen Bruder verkauft«, sagte Valentine, »und sie haben mich dafür bezahlt.«
»Das ist ein bisschen melodramatisch, oder nicht, Valentine?«
Valentine ging in ihre Klasse zurück, ohne zu antworten. An jenem Abend veröffentlichte Demosthenes eine ätzende Anprangerung der Gesetze zur Bevölkerungsbeschränkung. Den Menschen solle erlaubt werden, so viele Kinder zu haben, wie sie wollten, und die Ãberschussbevölkerung solle auf andere Welten geschickt werden, um die Menschheit so weit in der Galaxis zu verbreiten, dass keine Katastrophe, keine Invasion die menschliche Spezies je mit Auslöschung bedrohen könne. »Der nobelste Titel, den ein Kind haben kann«, schrieb Demosthenes, »ist Dritt.«
Für dich, Ender, sagte sie zu sich, während sie schrieb.
Peter lachte entzückt, als er es las. »Das wird sie aber aufhorchen lassen. Dritt! Ein nobler Titel! Oh, du hast eine bösartige Ader.«
10
Drache
»Jetzt?«
»Ich nehme es
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