Enders
Ender«, berichtete Lily. »Sie hatte Krebs im Endstadium und träumte davon, einmal auf einem Trapez durch eine Zirkuskuppel zu schwingen. Ich spürte, wie begeistert sie war, wie sehr sie das Schweben genoss. Es war eine wunderbare Erfahrung.«
Die anderen nickten mitfühlend und setzten dann ihre privaten Unterhaltungen fort.
Redmond wandte sich mir zu und sagte leise: »Diese Box mit dem Speicherblock, den ich in meinem Safe für Sie hinterlegt hatte …«
»Sie meinen die verschlüsselten Notizen, aus denen hervorgeht, wie Sie meinen Chip verändert haben?«, fragte ich. »Was ist damit?«
»Haben Sie das Kästchen noch?«
Ich fragte mich, weshalb er das wissen wollte. »Es ist an einem sicheren Ort verwahrt.«
»Gut.« Seine Augen wurden schmal. »Lassen Sie es dort. Und geben Sie es niemals aus der Hand.«
Ich sah eine Traurigkeit in seinem Blick, die ich mir nicht erklären konnte. Langsam nickte ich.
»Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten«, sagte ich.
»Ich kann Ihren Chip nicht entfernen, falls es das ist, was Sie meinen.«
»Nicht den Chip. Nur die Metallplatte, die Sie als Abschirmung in meine Schädeldecke eingesetzt haben.«
»Warum?«
»Sie funktioniert nicht mehr.«
»Ich erklärte Ihnen, dass sie ihre Aufgabe nur für kurze Zeit erfüllen würde.«
»Genau deshalb möchte ich, dass sie wieder entfernt wird. Ich glaube, dass sie meine Kopfhaut reizt. Jedenfalls kratze ich ständig daran herum.«
Er schob seine Schüssel beiseite. »Ich halte es für besser, alles so zu lassen, wie es ist. Auf diese Weise bleibt das Trauma minimal. Und das kleine Plättchen schadet Ihnen nicht.«
»Es ist mein Kopf. Je weniger Metall er enthält, desto besser, würde ich sagen.«
Als ich sah, dass Redmond die Lippen zusammenpresste, verschränkte ich trotzig die Arme. Ich wollte keinen Rückzieher machen, obwohl ich befürchtete, dass er recht hatte. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich mit dem Entfernen der Metallplatte meinem eigentlichen Ziel einen Schritt näher kam. Dem Entfernen des Chips. Irgendwann würde auch das gelingen …
Redmond holte sich Hydens Zustimmung für den Eingriff. Ich bat Michael, mich zu begleiten und bei mir zu sein. Immer wenn ich ihn sah, wünschte ich mir, Tyler könnte auch hier sein. Hoffentlich würde ich ihn bald wiedersehen.
Wir folgten Redmond in ein kleines Behandlungszimmer mit einem Waschbecken, Medikamenten und einer Reihe von Instrumenten-Schubladen. Redmond legte einige Instrumente zurecht und sterilisierte sie. Ein scharfer Geruch nach Desinfektionsmitteln stieg mir in die Nase. Michael stellte sich neben mich und nickte mir beruhigend zu.
»Können wir anfangen?«, fragte Redmond.
Er wies mich an, mit dem Gesicht nach unten auf dem Operationstisch Platz zu nehmen. Eine Aussparung in der Liegefläche sorgte zwar dafür, dass ich einigermaßen Luft bekam, aber das Ganze war alles andere als bequem. Der Rand der Mulde war mit einer Lage Hygienepapier ausgeschlagen, das an meinem Gesicht scheuerte, während Redmond etwas Kaltes an meinem Hinterkopf befestigte.
»Was machen Sie da eigentlich?«, wollte ich wissen.
»Ich klebe rund um die Platte wasserfeste Streifen fest, um Ihr Haar zu schützen.«
»Fühlt sich an, als würden Sie meinen ganzen Kopf verpflastern.«
»Je breiter die Abdeckung, desto größer die Sicherheit.«
»Ist der Eingriff schmerzhaft?«, erkundigte sich Michael. Sehr feinfühlig von ihm.
»Sollte er eigentlich nicht sein«, meinte Redmond. »Ich komme ohne Skalpell aus.«
Mir wäre es lieber gewesen, er hätte ein Skalpell benutzt und den Chip herausgeschnitten. Aber das hier war eben die zweitbeste Lösung. Ich hörte das Zischen eines Sprays und spürte, wie meine Kopfhaut erst eiskalt und dann taub wurde.
»Das hier ist eine zusätzliche Schutzschicht, damit das Lösemittel, das ich verwenden werde, nicht in die Schädeldecke dringt.«
»Wozu ein Lösemittel?«, fragte Michael.
»Leute, so genau will ich es dann auch nicht wissen«, warf ich ein.
Ich stellte mir Michaels Gesichtsausdruck vor, während er Redmond bei der Arbeit beobachtete. Für ihn war der Eingriff sicher eine Art spannendes wissenschaftliches Experiment, den er irgendwann vielleicht sogar in einer Zeichnung festhielt.
»Der Kleber, mit dem das dünne Metallplättchen an ihrem Hinterkopf befestigt war, muss aufgelöst werden. Da das Material sehr stark haftet und sich nur mit einer Säure zersetzen lässt, hatte ich meine Bedenken, die
Weitere Kostenlose Bücher