Enders
nicken, besann sich aber eines Besseren. Offensichtlich hatte er starke Kopfschmerzen.
Hyden bedeutete mir, dass er das Wasser holen werde. Jeremy bemerkte ihn erst, als er den Raum verließ.
»Und wer ist der Typ?«, fragte er.
Ich war nahe daran, ihm die ganze Geschichte zu erklären, aber ich bremste mich.
»Ein Freund. Er heißt Hyden.«
»Kommt mir bekannt vor …«
Ich hoffte, dass er sich nicht an die Art und Weise erinnerte, wie Hyden ihn überwältigt hatte. »Eher nicht. Du bist noch ein wenig verwirrt. Wir sind Metallos wie du.«
»Metallos wie ich …«, murmelte Jeremy.
Hyden kam mit dem Wasser zurück. Jeremy nahm das Glas und leerte es in einem Zug.
»Dann habt ihr auch diesen Chip von Prime?«, fragte er.
Wir nickten beide.
»Die Body Bank«, fuhr er fort. »Wenn ich diesen Old Man je zu fassen kriege, drehe ich ihm den Hals um.«
Ich warf Hyden einen Blick zu, doch der ließ Jeremy keine Sekunde aus den Augen.
»Du siehst verdammt fit aus«, meinte er jetzt. »Welche besonderen Talente hattest du bei Prime angegeben?«
»Warum interessiert dich das? Gemischte Kampfkunst«, sagte er. »Taekwondo, Kali, Gatka.«
Hyden nickte.
Wir hatten Jeremy in Aktion erlebt. Tödlich, wenn er nur wollte. Schon deshalb beschlossen wir, ihm nicht sofort alles zu erzählen, sondern abzuwarten, bis er sich an die neue Situation gewöhnt hatte. Zwar besaßen alle Neurochips – mit Ausnahme meines geänderten Modells – eine Sperre, die verhindern sollte, dass ein Metallo einen Mord beging, während er unter der Kontrolle seines Mieters stand. Aber wir wussten nicht genau, ob diese Sperre auch funktionierte, wenn wir unseren Körper selbst steuerten. Und jetzt war nicht der richtige Moment, das herauszufinden.
Als wir an diesem Abend in der Küche unsere Teller füllten, kam Hyden mit einem strahlenden Lächeln auf mich zu und blieb – mit einem gewissen Abstand – neben mir stehen.
»Ist Chili dein Lieblingsgericht oder was?«, erkundigte ich mich.
»Das nicht. Ich wollte mich nur bei dir bedanken.«
»Wofür?«
»Dass du mich überredet hast, die Metallos hierherzuholen.«
»Ein gutes Gefühl, nicht wahr?«
»Vor allem, wenn ich bedenke, dass mein Vater jetzt keinen Zugriff mehr auf diese Leute hat. Wir bilden eine richtige Gemeinschaft. Und …« Er machte eine kleine Pause. »… wir haben jetzt bessere Köche.«
Er grinste mich schelmisch an, ich verdrehte die Augen und ging um den Tisch herum, um Brot zu holen.
Im Speisesaal setzte ich mich neben Redmond. Hyden nahm am anderen Ende des Tisches gegenüber Jeremy Platz. Der Anblick der beiden löste bei mir einige Gedankenspiele aus. Aber ich war froh, dass sie sich nach einem eher holprigen Start gut vertrugen. Jeremy hatte sich wie die meisten Metallos zum Bleiben entschlossen, da sein Leben bei uns besser – und sicherer – war als draußen. Lily, die Akrobatin, und der wegen seiner Kletterkünste bewunderte Derek saßen ebenfalls in der Runde. Michael, der bereits fertig gegessen hatte, unterhielt sich lachend mit Savannah und fertigte ganz nebenbei ein paar Skizzen von ihr an. Auch an den übrigen Tischen waren lebhafte Gespräche im Gang.
Jemand klopfte an sein Glas, und das Stimmengewirr verstummte. Es war Jeremy.
»Ich würde gern ein wenig über unsere Erinnerungen reden«, verkündete Jeremy.
»Du meinst – über die Erinnerungen unserer Mieter?«, fragte Savannah.
»Ich weiß, dass ich nicht der Einzige bin, dem solche Rückblenden zu schaffen machen. Vielleicht hilft es, wenn wir offen darüber sprechen. Wer fängt an?«
Savannah hob die Hand. »Meine Mieterin wollte meine Kampfsport-Erfahrung, um es ihrem früheren Freund richtig heimzuzahlen. Ich war geschockt, als ich die Bilder sah. Irgendein uralter Knacker, den sie abgrundtief hasste. Ich weiß nicht, was er ihr angetan hatte, aber sie war sehr zufrieden, dass sie die Gelegenheit zur Rache bekam.«
Als Nächster meldete sich Michael zu Wort. »Mein Mieter war ein total schmieriger Typ.«
»O Mann, wie recht du hast«, warf ich ein. »Ich bin ihm begegnet.«
»Er versuchte mit meinem Zeichentalent Starter-Mädchen anzubaggern«, fuhr Michael fort. »Bat sie, ihm Modell zu sitzen und so.«
»Nackt«, sagte Jeremy kauend.
»Klar, was sonst?«
Alle sahen auf.
»Dann musst du interessante Bilder im Kopf haben«, meinte Jeremy.
»Eher nicht. Der Typ – ich – bekam nur Absagen. Er war zu leicht zu durchschauen.«
»Meine Mieterin war eine hundertjährige
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