Enders

Michael.
    »Alle?«, murmelte ich.
    Meine Haut fühlte sich feuchtkalt an. Vor mir lag der Ender, den Ernie niedergeschossen hatte.
    »Mistkerl«, zischte ich.
    Im nächsten Moment stockte mir der Atem, denn der vermeintlich Tote schlug die Augen auf und packte mich am Knöchel.
    »Ernie!«, schrie ich. Ich versuchte mich loszureißen, doch der Ender hielt meinen Fuß wie in einer Eisenklammer fest.
    Unser Bodyguard kam mit gezogener Pistole zurückgerannt. Michael stolperte benommen hinter ihm her. Der Qualm verzog sich allmählich. Ernie bückte sich und richtete die Waffe auf den Kopf des Enders.
    »Lass sie sofort los!«
    Der Ender gab meinen Knöchel frei und kippte nach hinten, bleich und am Ende seiner Kräfte.
    »Zurück, Callie!« Ernie deutete mit dem Kinn über seine Schulter.
    Michael legte einen Arm um mich und zog mich von dem Ender weg. Der Rauch hatte sich inzwischen so weit verflüchtigt, dass Ernie und ich unsere Atemmasken abnehmen konnten.
    »Für wen arbeitest du?«, fragte Ernie den Ender.
    Der Mann schwieg. Seine Miene verriet bittere Resignation.
    »Pass mal auf, Alter«, sagte Ernie. »Du hast noch eine Minute. Dann bist du verblutet. Außer …« Er griff in seine Tasche und zog eine Jet-Spritze hervor. »Weißt du, was das ist? Ein Medikament, mit dem sich deine Blutung stillen lässt.«
    Der Ender riss die Augen weit auf und hob mühsam den Kopf.
    »Ich werde dein erbärmliches Leben retten. Wenn du meine Fragen beantwortest. Wer hat dich hergeschickt?«
    Michael und ich sahen uns an. Würde der Mann reden?
    Der Ender bewegte die Lippen. »Brockman.« Er hustete.
    »Was hat er mit den Kids vor?«, fuhr Ernie fort. »Will er sie ebenfalls in die Luft sprengen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein … verkaufen …« Er streckte eine Hand nach der Spritze aus. »Gib schon …«
    Ernie zog den Arm zurück. »Wann?«
    Der Ender stöhnte vor Schmerzen. »… zehn Tagen …«
    »An wen?«
    »Sehr reiche … die reichsten Enders … der Welt …«
    »Wo?«
    »Spritze …« Wieder streckte der Mann die Hand aus.
    Ernie warf einen Blick auf seine Armbanduhr und injizierte das Medikament mit einem kurzen Daumendruck. Der Ender zuckte nicht einmal zusammen.
    »Wo?«, fragte Ernie. »Wo findet die Auktion statt?«
    Die Augen des Verwundeten wurden glasig. Sein Kopf fiel schlaff zur Seite.
    »Wo ist Brockmans Labor?«, rief Ernie und schüttelte den Ender.
    »Ernie.« Ich tippte ihm auf die Schulter. »Ich glaube, er ist tot.«
    Ernie fühlte den Puls des Enders und stand dann auf.
    »Die Spritze hat nicht gewirkt«, sagte Michael.
    »Natürlich nicht«, entgegnete Ernie. »Aber irgendwie musste ich ihn zum Reden bringen. Los jetzt, beeilt euch.«
    Er übernahm die Führung. Michael und ich folgten ihm zum Hauptlabor, wo uns Hyden mit einem prall gefüllten schwarzen Seesack über der Schulter erwartete. Redmond war bei ihm.
    »Alles in Ordnung, Callie? Wir müssen auf die Wunde achten.«
    »Es geht mir gut«, sagte ich.
    Gemeinsam rannten wir durch den Saal.
    »Weißt du, dass sie alle Metallos entführt haben?«, fragte ich Hyden.
    »Nicht alle«, entgegnete Hyden, aber ich sah die Trauer in seinen Augen. »Nicht dich. Ein Glück, dass du in der Krankenstation warst.« Er wandte sich an Michael. »Und du ebenfalls.«
    Wir hatten das Ende des Hauptlabors erreicht, und ich fragte mich gerade, weshalb Ernie uns in eine Sackgasse führte, als Hyden die flache Hand gegen die Wand presste. Ein Paneel glitt zur Seite und gab einen schmalen Gang frei. Wir hatten ihn kaum betreten, als sich die Geheimtür mit einem leisen Schnappen hinter uns schloss.
    Hyden öffnete eine weitere Tür, die in den Treppenschacht führte. Wir hasteten die Stufen nach oben. Nach einer Weile hörte ich auf, die Stockwerke zu zählen. Ich hatte Seitenstechen und bekam kaum noch Luft. Schließlich nahm Ernie mich am Ellbogen und stützte mich den Rest des Weges.
    Endlich erreichten wir den letzten Absatz. Hyden drückte erneut auf ein Tastenfeld. Eine Stahlverkleidung schwang auf. Dahinter befand sich die Garage. Sobald das Paneel wieder eingerastet war, deutete nichts mehr auf die verborgene Fluchttreppe hin.
    Wir durchquerten gerade die Garage und steuerten auf den SUV zu, als sich die Aufzugtür öffnete. Zwei Enders mit Gasmasken stürmten heraus.
    Hyden gab Ernie mit einem Wink zu verstehen, Michael und mich in den SUV zu verfrachten. Während ich auf den Beifahrersitz und Michael auf die Rückbank kletterte, nahm Hyden hastig