Enders
Generalschlüssel aus der Tasche und presste ihn gegen Lees rechte Handfessel. Sie sprang mit einem Klicken auf.
»Was machst du da?«, wollte er wissen. »Ich werde Schwierigkeiten bekommen.«
»Was haben die mit dir angestellt?«, fragte ich. »Wozu dient dieser Beutel mit dem Nasenschlauch?«
»Damit führen sie uns Nahrung zu«, erklärte Lee. »Wenn wir nicht arbeiten. Auf diese Weise regulieren sie unser Gewicht.«
»Und machen uns abhängig«, setzte Raj hinzu.
»Schließ meine Handschellen auf«, bat Briona. »Ich habe Albträume – erlebe immer wieder die Dinge, zu denen sie mich zwangen.«
Immer mehr Metallos erwachten.
Raj warf Briona einen strengen Blick zu. »Sei still«, ermahnte er sie in seinem singenden indischen Tonfall. »Sie kann dir nicht helfen. Sie steckt in der gleichen Klemme wie wir.«
Ich löste Brionas Fesseln. Sie setzte sich auf und rieb sich die Handgelenke.
»Sagst du«, fauchte sie. »Da – sie hat mich befreit.«
»Mich auch«, rief ein blondes Mädchen.
»Schsch! Ich befreie euch alle«, sagte ich mit gedämpfter Stimme. »Wir können euch nicht sofort von hier wegbringen, aber das kommt noch. Versprochen. Berichtet mir zunächst einmal alles, was ihr über diese Anlage wisst.«
Während ich ein Handschellenpaar nach dem anderen öffnete, wanderten meine Blicke durch den Schlafsaal, der an die zwanzig Metallos beherbergte. Einer davon kam mir besonders bekannt vor.
Blake.
Er war eben erst aufgewacht und hob benommen den Kopf.
»Blake, ich bin es. Callie.« Ich löste seine Fesseln.
Mit dem Schlauch, der aus seiner Nase kam, wirkte er irgendwie fremd und mitleiderregend.
»Wie lange bist du schon hier?«, fragte ich.
»Zu lange«, murmelte Blake. »Haben sie dich auch erwischt?«
»Nein. Ich bin gekommen, um euch hier herauszuholen. Gibt es noch mehr von euch?«
Er nickte.
»Wie viele?«
Lee antwortete an seiner Stelle. »Zwei weitere Schlafsäle voll.«
Das bedeutete, dass hier vermutlich sechzig Starters gefangen gehalten wurden.
»Seid ihr hier je einem Middle namens Ray Woodland begegnet? Gut aussehend, dunkelbraune Haare, eine Narbe an der Wange?« Ich tippte die Stelle in meinem Gesicht an.
Sie schüttelten die Köpfe.
Ich verdrängte den Gedanken, dass mein Vater womöglich nicht mehr hier war. Brockman hielt ihn irgendwo versteckt, davon war ich felsenfest überzeugt.
»Wo sind die Wachtposten?«, fragte ich.
»Keine Ahnung«, murmelte Briona. »Vielleicht schlafen sie. Es ist spät.«
»Nein, einer passt bestimmt auf.« Raj gesellte sich zu uns. »Nachts passt immer einer auf.«
Ich hoffte, dass es sich bei diesem einen um Trax handelte.
»Seid ihr Leute fit genug, um zu kämpfen?«, erkundigte ich mich.
»Und wie!«, sagte Lee mit Nachdruck.
Sie beantworteten alle meine Fragen, so gut sie es vermochten. Ich versprach, dass ich zusammen mit meinen Freunden alles Erdenkliche tun würde, um ihnen zur Flucht zu verhelfen. Aber zuerst musste ich meinen Vater finden. Und dann hörte ich die Stimme in meinem Kopf.
Callie Woodland?
»Wer ist da?«
»Mit wem redet sie?«, fragte Briona die anderen.
Ich zog mich in Richtung Tür zurück, um besser verstehen zu können, was die Stimme sagte.
Ich bin enttäuscht. Ich habe dich für ein so kluges Mädchen gehalten.
Natürlich wusste ich, wer er war. Aber ich hatte so sehr gehofft, dass er um diese Zeit schlafen und nie erfahren würde, dass ich in sein Reich eingedrungen war.
»Soll ich Sie Brockman nennen? Oder Hydens Dad?«
Er lachte leise. Ich freue mich so, dass du endlich gekommen bist. Wie ich es gehofft hatte.
»Sie hatten das gehofft?«
Ich öffnete die Tür und winkte den Starters, mir zu folgen. Briona, Lee, Raj und einige andere kamen mit. Ich hielt den Blick gesenkt, damit Brockman sie nicht durch meine Augen sehen konnte.
Der junge Starter, der dich herbringen sollte, hat versagt.
»Der SUV -Fahrer?«
Bitter, wenn man eine so wertvolle Ware auf diese Weise verliert.
Ich steckte Briona hinter meinem Rücken den Generalschlüssel zu und ließ die Starters an mir vorbei. Kurz darauf verschwanden sie in einem anderen Raum, wahrscheinlich in einem weiteren Schlafsaal mit Metallo-Gefangenen.
Aber ich brauchte euch beide, und mit Hyden in Kontakt zu bleiben, ist gar nicht so einfach.
»Sie haben doch nicht im Ernst erwartet, dass uns dieser Junge überwältigen würde. Er sollte uns von Anfang an hierherlocken.«
Und das hat doch geklappt, oder?
Wir waren wieder einmal auf
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