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Endithors Tochter

Titel: Endithors Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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von ihr.«
    Lera nickte. »Ja …« Aber sie konnte es nicht so recht glauben.

 
6
     
    Sendes blickte ihr nach, als Lera durch das niedrige Laubwerk des hinteren Gartens huschte und sich einer Seitentür näherte. Unter einer Öllampe hielt sie an, um den Schlüssel ins Schloss zu stecken, dann drehte sie sich um und winkte dem jungen Söldner noch einmal zu.
    In Sicherheit!
    Sendes beobachtete sie, bis sie ins Haus trat und lautlos die Tür hinter sich schloss. Dann verließ er die Schatten neben dem Hintertor und ging leichter ahnend, schnell die Straße weiter. Lera war sicher zu Hause angelangt. Er selbst würde auch bald sicher in seinem Unterschlupf sein, denn mit einem Überfall musste er kaum rechnen. Und Lera, hoffte er – er verließ sich auf sie –, würde umgehend mit der Ausführung ihres Planes beginnen. Im Augenblick war er zufrieden, wenn schon nicht glücklich, und er fühlte sich nicht mehr so sehr wie ein Gejagter, Verfolgter, sondern sicherer, fast wie früher, nun, da er zurückschlagen konnte.
    Er beschleunigte den festen Schritt auf dem Kopfsteinpflaster. Er begegnete keinen Soldaten, keinen Besoffenen; keine Banditen belästigten ihn, kein Ilorku lauerte ihm auf.
    Doch dass er beobachtet wurde, bemerkte er nicht.
    Als er um eine Ecke bog und durch eine Seitenstraße eilte, folgten kleine Füße ihm hastig über das Pflaster. Sendes hörte sie nicht, und selbst wenn er darauf aufmerksam geworden wäre, hätte er sich nichts dabei gedacht, einen flachsköpfigen Gassenjungen mitten in der Nacht durch die Straßen von Shadizar laufen zu sehen.
    Tirs hielt Wache in der Küche.
    Still und stumm stand er da, völlig reglos, bleich wie eine Leiche in dem gedämpften Mondschein, der durch ein Fenster fiel. Lera sah ihn und zögerte.
    »Tirs?«
    Sein Blick ruhte auf ihr, doch er bewegte sich nicht, grüßte sie nicht.
    Vorsichtig näherte Lera sich, ein anmutiger Schatten zwischen den finsteren. »Tirs, erkennst du mich denn nicht?« Sie blieb unmittelbar vor ihm stehen. Er blickte auf sie hinab, schaute sie mit leeren. Augen an, die weder Intelligenz noch Gefühl verrieten.
    »Du kennst mich nicht einmal mehr, Tirs, oder?« wisperte Lera. Eine Träne perlte über ihre Wange.
    Sie machte sich daran, an ihm vorbeizugehen. Da bewegte sich etwas – Tirs legte eine Hand um ihren Arm. Furchterfüllt drehte Lera sich um, starrte ihn an.
    »Tirs? Kennst du mich nicht? Ich bin es – Lera. O Tirs …«
    Einen Herzschlag ruhte sein leerer Blick noch auf ihr, dann ließ er sie los, wandte sich von ihr ab und wieder der Küchentür zu.
    Lautlos schluchzend rannte Lera zu ihrer Kammer, am anderen Ende des Ganges. Als sie eintrat, lauschte sie nach irgendwelchen Geräuschen über sich, denn Areels Gemächer befanden sich direkt über ihr. Lera war, als röche sie den schweren Duft des schwarzen Lotus bis hierher. Sie nahm an, dass Areel tief in ihren Lotusträumen schlummerte, so zog sie sich aus und legte sich ins Bett.
    Aber sie konnte nicht einschlafen. Ruhelos wälzte sie sich immer wieder herum, lauschte auf Geräusche in der Nacht, die es nicht gab, und immer wieder dachte sie an Sendes’ Worte. Als das ferne Hallen eines Tempelgongs die dritte Stunde nach Mitternacht ankündete, setzte sie sich auf, zündete eine Kerze an, zog die Knie an die Brust, legte die Arme um die Beine und dachte nach.
    Dachte nach und lauschte.
    Lauschte – wonach? Ihrer eigenen Furcht?
    Allmählich nickte sie ein – schlief …
    Bis ein Geräusch – ja, über ihr! – sie weckte.
    Sie wusste nicht, wie spät es war. Ihre Kerze war nicht weit heruntergebrannt. Sie streckte die Beine aus, lauschte angespannt den Schritten über sich. Das konnte nur Areels sein. Dann war das öffnen einer Tür zu hören, Schritte eilten die Treppe herunter und verloren sich, und dann war das öffnen und Schließen der Haustür zu vernehmen.
    Das war alles.
    Lera fragte sich, wohin ihre Herrin gegangen war, und wollte schon aufstehen, doch dann hielt sie es für besser, ihrer Neugier nicht nachzugeben. Es war nicht gut, zuviel zu wissen …
    Wieder konnte sie nicht einschlafen. Sie holte Sendes’ Brief aus dem Kopfkissenüberzug hervor, las ihn noch einmal und erinnerte sich seiner Worte im Hain. Es war alles so unsicher, so vom Zufall abhängig. Wie konnten sie je hoffen, Areel etwas anhaben zu können? Areel mit ihren Zauberkräften …
    … wenn du sicher bist, dann geh in ihr Gemach und suche nach den Dingen, die ihr besonders wichtig

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