Endless: Roman (German Edition)
deshalb in dich verliebt sein könnte?«
Er wackelte mit dem Zeigefinger. »Begreif doch, Meena«, sagte er. »Die Tatsache, dass du immer noch Single bist, bedeutet, dass du nie wirklich über mich hinweggekommen bist.«
»Vielleicht«, erwiderte Meena, »bedeutet es aber auch, dass ich über einen Mann, mit dem ich nach dir zusammen war, nicht hinweggekommen bin. Auf diesen Gedanken bist du wohl nicht gekommen. Nein, wahrscheinlich nicht.« Sie ließ seinen Kopf los und zog den Autoschlüssel aus dem Zündschloss. »David, geh nach Hause, und schlaf deinen Rausch aus.«
Sie würde es ihm nicht sagen. Nicht auf diese Art. Nicht, wenn er betrunken war und sich so danebenbenahm. Wahrscheinlich würde er sich dann sowieso an nichts erinnern können, wenn er wieder nüchtern war.
Und außerdem würde er die Information wahrscheinlich nicht gut aufnehmen. Am Ende sprang er noch von der George-Washington-Brücke.
Und Meena hatte gelernt, dass die Dinge sich immer noch zum Guten wenden konnten. Unser Schicksal war
schließlich nicht in Stein gemeißelt. Man brauchte sich ja bloß David anzusehen. Sie hatte ihn einmal davor gewarnt, dass er sterben würde, und er hatte sich seine Gesundheit bewahrt, und jetzt war er …
Na ja, vielleicht war David kein gutes Beispiel. Aber es gab einige andere. Alaric Wulf zum Beispiel, einer ihrer Kollegen von der Geheimen Garde. Sie warnte ihn praktisch jeden Tag vor irgendeiner neuen Bedrohung, in die er hineinmarschierte, und weil er auf sie hörte, starb er nicht.
Schade war nur, dass er in anderer Hinsicht überhaupt nicht auf sie hörte.
»Sei dankbar für das, was du hast, David«, sagte Meena, statt ihn davor zu warnen, dass seine Nummer schon wieder aufgerufen worden war. »Das ist viel, und die Wahrheit ist … du hast es vielleicht nicht mehr allzu lange.«
»Aber ich will dich«, beharrte er. Er wirkte verwirrt.
»Nein«, sagte Meena fest. »Dass du mich wegen Brianna sitzen gelassen hast, war das Klügste, was du je getan hast. Vertrau mir. Du und ich, wir waren einfach nicht füreinander bestimmt. Nimm ein Taxi zur Penn Station, und fahr mit dem Zug zurück in dein nettes, sicheres Zuhause in New Jersey. Die hier schicke ich dir mit der Post.« Sie klimperte mit den Schlüsseln. »Eines Tages wirst du mir dafür dankbar sein, das kann ich dir versprechen.«
Wahrscheinlich allerdings erst, wenn er wieder nüchtern war, sie ihn angerufen hatte, um ihm die schlechten Nachrichten zu überbringen, und er Gelegenheit gehabt hatte, sich beim Arzt komplett durchchecken zu lassen.
Sie öffnete die Tür, um auszusteigen. Sie wollte in ihre neue Wohnung zurück, in ihr neues Leben, aus dem David
innerhalb einer Nanosekunde wieder verschwinden würde, wenn er etwas darüber wüsste.
Meena Harper wusste nämlich viele Dinge, von denen ihr Exfreund keine Ahnung hatte. Nicht nur, wie Menschen sterben würden oder dass Dämonen und Dämonenjäger nicht nur in Romanen vorkamen, sondern auch, dass jede Kreatur auf der Erde, ob Dämon oder nicht, zu Gutem wie zu Bösem fähig war.
Und schon der winzigste Schubs konnte einen Erdrutsch auslösen.
Schade war nur, dass ihre Vorahnungen ihr nicht sagten, wann einer dieser Schubse notwendig war … oder in welche Richtung … oder wann jemand anderer als sie selbst sterben würde.
Diese Information wäre jetzt bestimmt nützlich für sie gewesen, als sie aus Davids Auto aussteigen wollte und seine Hand vorschoss und sich mit eisernem Griff um ihr Handgelenk legte.
Am schlimmsten war, dass er gar nichts sagte. Er hielt nur ihr Handgelenk fest und blickte sie aus leeren Augen an.
Dann öffnete er den Mund und entblößte spitze Fangzähne.
2
Meenas Reaktion war rein instinktiv. Sie stieß mit der Spitze des Autoschlüssels, den sie noch in der Hand hielt, in sein Gesicht.
Aber für jemanden, der so betrunken war, waren seine Reflexe überraschend gut – er packte ihre Hand, bevor sie seiner Haut überhaupt auch nur nahe kam.
Eine Sekunde später betätigte er einen Hebel, ihr Sitz klappte nach hinten, und sie lag hilflos auf dem Rücken.
Und dann war ihr Freund über ihr.
Sie starrte ihn mit einer Mischung aus Angst, Wut, Erniedrigung und Überraschung an. Wie war das bloß passiert? Wie hatte sie so dumm sein können? Wieso hatte sie nicht begriffen, dass alle diese Träume von David eine Warnung und keine Prophezeiung gewesen waren? Sein Hirntumor war nicht erneut gewachsen.
Er war in einen Vampir verwandelt
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