Endlich bei dir in Virgin River (German Edition)
„Es ist mir egal, ob du wütend auf mich bist. Ich hatte Angst, dass du Rosie wehtust. Sie ablehnst. Sie ignorierst. Ihr das Herz brichst.“
Vollkommen verständnislos sah Sean sie an. Das ging ihm alles zu schnell. Er hatte gerade erst erfahren, dass Franci schwanger gewesen war und ihm nichts davon gesagt hatte. Das machte ihn wütend. Aber das Leben war schneller. Jetzt war das Mädchen dreieinhalb Jahre alt und wollte etwas über seinen Vater wissen. Sean hatte absolut keine Ahnung, was man als Vater mit einem fast vierjährigen Kind machte. Erst recht nicht als alleinerziehender Vater!
„Das werde ich nicht tun“, sagte er, obgleich er befürchtete, es könnte ihm durch Unwissenheit passieren. „Das würde ich niemals tun.“
„Danke“, erwiderte Franci. „Wenn du sie nicht so oft sehen möchtest, sorge ich schon dafür, dass sie nicht allzu traurig ist. Und wenn du …“
„Franci …“ Er musste sich beherrschen. So schnell ging das alles nicht. „Gib mir eine Minute Zeit, okay?“ Er atmete hörbar ein. „Ich habe gerade erst erfahren, dass du damals schwanger warst.“ Er schüttelte den Kopf, versuchte alles zu verarbeiten. „Und du hast es ihr noch nicht gesagt?“
„Nein“, antwortete sie.
„Okay. Gib mir die Chance, das alles erst mal zu verdauen. Ich glaube, ich habe einen Schock. Lass uns später darüber reden, wie wir das organisieren wollen. Wenn wir uns untereinander einig geworden sind, sagen wir es ihr am besten gemeinsam. Aber zuerst …“ Er holte noch einmal tief Luft. „Du hattest ein paar Jahre, um dich auf die Situation einzustellen. Ich nur ein paar Minuten … Und ich habe nicht gerade viel geschlafen letzte Nacht.“
Sie errötete unwillkürlich.
„Jetzt ziehe ich mich erst mal an. Und fahre nach Hause. Ich brauche Zeit zum Nachdenken. Ich brauche frische Luft – und du hast deiner wildischen Rose etwas versprochen. Heute Abend rufe ich dich an.“ Er neigte den Kopf zur Seite. „Gibst du mir jetzt vielleicht deine Telefonnummer?“
„Natürlich.“
„Sag ihr nichts, bevor ich nicht auch dazu bereit bin, Franci.“
„Willst du es ihr wirklich mit mir zusammen erzählen?“, fragte sie überrascht.
„Ich weiß es noch nicht“, gab er zu. „Ich möchte nur nicht, dass du ihr es sagst, wenn ich die Situation noch nicht verarbeitete habe. Ich möchte erst selbst damit klarkommen, und dann können wir …“ Er lächelte schief. „Rose? Wieso hast du sie eigentlich Rose genannt?“
„Wegen ihrer Haare“, sagte sie lächelnd. „Sie kam mit diesen wilden roten Haaren auf die Welt. Ich wollte sie eigentlich Taylor nennen – doch dann sah ich ihre Haare.“
Er konnte ihr Lächeln nicht erwidern. Er erhob sich und ging ins Schlafzimmer, um seine Klamotten zusammenzusuchen. Während er aus der Küche humpelte, sah sie wieder die Kratzspuren, die sie auf seinem Rücken hinterlassen hatte, und erschrak. „Oje“, flüsterte sie. Als er wieder in die Küche kam, war er vollständig bekleidet. Nur konnte er sein Hemd nicht zuknöpfen. Sie sagte: „Egal, welche Entscheidung du triffst, bitte denk an erster Stelle an Rosie. Denk an ihre Gefühle, an ihr kleines Herz.“
„Egal, wie meine Entscheidung ausfällt?“, fragte Sean. „Du willst damit sagen, ich habe eine Wahl? Sie ist meine Tochter, oder nicht? Nichts wird daran etwas ändern, ganz egal, wie ich mich entscheide.“
„Ja, sie ist deine Tochter. Das kann ich ihr nicht verheimlichen.“
„Dann brauchst du dir um ihr Herz keine Sorgen zu machen“, erwiderte er. Er schlüpfte in seine Lederjacke und schloss sie über dem ramponierten Hemd. „Schreib mir deine Nummer auf. Um wie viel Uhr geht sie ins Bett?“
Franci kritzelte die Nummer auf ein Blatt Papier. „Gegen acht.“
„Ich rufe dich nach acht an, damit wir reden können“, sagte er und nahm das Stück Papier. Ohne sie noch einmal zu berühren, zu umarmen, zu küssen oder ihr überhaupt ein Zeichen von Zuneigung zu signalisieren, ging er aus dem Haus.
6. KAPITEL
E s war nicht mal acht Uhr am Sonntagmorgen, als Sean Francis Haus verließ. Also fuhr er ein paar Stunden ziellos durch Eureka und Arcata in der Hoffnung, eine geöffnete Bar zu finden. Natürlich hatte keine der schicken Bars, die Sean üblicherweise bevorzugte, um diese Uhrzeit geöffnet. Aber im Moment würde er überall hingehen.
Schwanger, dachte er. Jetzt nicht mehr. Jetzt gab es ein Kind, ein kleines Mädchen. Wie hatte Franci ihm das antun können? Er brauchte
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