Endlich gefunden
ich ein Pferd haben, verstehen Sie mich! Ich habe schon zwei Tage Verspätung; sorgen Sie, daß ich ohne Aufenthalt weiter kann.
Der barsche, unfreundliche Ton, mit dem ich sprach, schnitt alle neugierigen Fragen ab. Während ich im Schenkzimmer rasch die mir vorgesetzten Speisen verzehrte, bemerkte ich, daß Blake mehr als einmal zu mir herübersah, doch erwiderte ichden Blick nicht und tat, als achte ich überhaupt nicht auf ihn. Eilig bestieg ich dann das erste Pferd, welches herbeigeführt wurde, als habe ich nichts anderes im Sinn, als so schnell wie möglich fortzukommen.
Da ich indessen nicht wußte, welche Richtung Herr Blake einzuschlagen gedachte, hielt ich hinter dem nächsten Hügel still und wartete, bis er auf der einsamen Straße langsam herangeritten kam. Gern hätte ich ihn an mir vorbeigelassen, doch wagte ich dies nicht, aus Furcht, sein Mißtrauen zu erwecken. Ich gab also meinem Tiere die Sporen und ritt voraus; nicht einmal umsehen durfte ich mich nach ihm, wie groß auch mein Wunsch war, ihn nicht aus den Augen zu verlieren.
Jetzt teilte sich die Straße, und ich ergriff die Gelegenheit, anzuhalten und zum erstenmal rückwärts zu blicken. Er war etwa fünfzig Schritt hinter mir. Als er mich eingeholt hatte, grüßte ich höflich, und fragte, ob er mir wohl sagen könne, welcher Weg nach Perry führe, ich hätte in der Eile vergessen, nach der Richtung zu fragen. Nach links deutend, erwiderte er kurz: Ich weiß nur, daß dieser Weg nicht hinführte. – Dann trabte er auf demselben weiter.
Was sollte ich tun? – Ohne mich zu verraten,durfte ich ihm nicht folgen, und doch zwangen mich die Umstände dazu. Ich suchte mir zu helfen so gut es ging. Eine Viertelstunde etwa ritt ich langsam auf der nördlichen Straße nach rechts, dann wandte ich mein Pferd und jagte zurück, so schnell es mich tragen wollte. Bald sah ich denn auch eine ziemliche Strecke vor mir den stattlichen Reiter einen sanft ansteigenden Hügel hinauftraben. Bis er den Gipfel erreicht hatte, zog ich mich in den Wald an der Seite des Weges zurück, und sobald er verschwunden war, folgte ich seiner Spur.
Wir mochten in der rauhen Gebirgsgegend wohl eine Stunde so hintereinander hergeritten sein, er immer einen Hügel weit vor mir voraus, als sich eine unbestimmte Ahnung meiner bemächtigte, daß wir uns unserem Ziele näherten. Rasch trabte ich die letzte Anhöhe hinauf und überblickte vom Gipfel das vor mir ausgebreitete Tal, welches rings von bewaldeten Hügeln umgeben in grüner Einsamkeit dalag. Die wenigen in der Tiefe verstreuten Häuser gaben der Landschaft ein trauliches Ansehen, wie ich mit Wohlgefallen bemerkte. Als ich jedoch nach dem einsamen Manne hinblickte, der jetzt auf halber Höhe sein Pferd anhielt, verwandelte sich meine behagliche Stimmung in plötzlichen Schrecken. Herr Blake hatte einen Revolver aus der Tasche gezogen,den er prüfend betrachtete. – Bald aber überzeugte ich mich, daß meine Befürchtung grundlos war, und er nichts Böses gegen mich im Schilde führte. Er sah sich nicht nach mir um, sondern behielt nur seine Straße im Auge, auf der er jetzt nach einem Hause abbog, welches einen so düstern, unheimlichen Anblick gewährte, daß mich seine Vorsicht durchaus nicht Wunder nahm.
Es lag auf einem ebenen Grunde an der Stelle, wo drei Wege sich kreuzten, und schien ein Gasthaus zu sein. Die Mauern waren nur roh beworfen, ohne Anstrich, und aus den moosbewachsenen Schornsteinen stieg kein Rauch in die Höhe. Nirgends ein Lebenszeichen; auf die verschlossenen Türen und Fenster fiel nur der Schatten einer alten, dunkeln Tanne, die als einsamer Wächter neben dem verfallenen Vorbau stand. Auch Herr Blake mochte wohl das Haus für verlassen halten; er steckte die Pistole hastig wieder ein und ritt langsam weiter. Ich sprang vom Pferde, führte mein Tier in das Gebüsch, wo ich es an einem Baume festband, und ging quer durch den Wald nach dem Gebäude zu. Im Unterholz verborgen, wollte ich beobachten, was weiter geschehen werde. Ich sah Blake heftig erregt, aber mit entschlossener Miene geradeswegs auf das einsame Haus zureiten. Ohne abzusteigen klopfte ermit der Reitpeitsche kräftig an die Vordertüre. Als keine Antwort erfolgte, beugte er sich zu der Klinke hin – die Tür war verschlossen. Darauf ritt er um das Haus herum, fand jedoch keinen Eingang. Er kam wieder zurück und rüttelte ungeduldig an der Türe, allein das starke Schloß widerstand allen seinen Bemühungen. Nun gab er sein
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