Endlich gefunden
Art Haß bemächtigte sich meiner.
Ich bat meine Frau, mich mit dem Vater allein zu lassen, und noch ehe sich die Türe hinter dem armen jungen Geschöpf geschlossen hatte, brach meine tiefe Kränkung, aller Gram, den ich seit Monaten in meiner Brust verborgen hatte, gewaltsam hervor.
Ich habe dir eine Tochter gebracht, wie du befohlen hast, rief ich. Nun gib mir den Segen, den du mir versprachst, und laß mich ziehen, denn mit einer Frau, die ich nicht liebe, kann ich nicht leben!
Mein Vater hatte noch kein Wort der Erwiderung gefunden, da öffnete sich die Türe wieder, und die Frau, welche ich so im ersten Morgendämmern ihres jungen Glücks von mir gestoßen, stand vor uns.
Großer Gott, wie sah sie aus! – Wenn ich jetzt oft nachts aus schweren Träumen aufschrecke – die doch noch köstlich sind gegen die Gedanken, die mich im Wachen quälen – dann taucht vor mir, aus den düstern Schatten, das jugendliche Haupt auf im Strahlenglanz seines Goldhaares und mit dem vor Entsetzen versteinerten Ausdruck.
Hoch aufgerichtet, aber Verzweiflung im Blick, stand sie da. Habe ich recht gehört? stammelte sie.
Hast du mich nur geheiratet, weil man es dir befahl – mich, die ich viel zu gering für dich bin und deinen hohen Stand erst jetzt erkenne? Gabst du mir mit deiner Hand nicht auch dein Herz, wodurch allein die Ehe ihr Recht und ihre Weihe erhält? Mußt du, während dein Vater im Sterben liegt, dies Haus meiden, wenn ich darin bleibe?
Ich sah, wie sich die bleichen Lippen meines Vaters bewegten, als ob er für mich antworten wolle. Wie hartherzig und verstockt ich auch damals war, es erschütterte mich doch. Ich sagte ihr, ich hätte sie nicht kränken wollen und könne es nur beklagen, daß sie meine unbesonnene Rede gehört habe. Sie solle vergeben, daß mir in der Bitterkeit meines Herzens über meine grausam zerstörten Hoffnungen solche Worte entschlüpft seien. Wenn es ihr Kummer bereite, würde ich aus Rücksicht für sie mein Vaterhaus jetzt nicht verlassen.
Eine dunkle Röte färbte ihr die Wangen; sie schämte sich, daß ich so klein von ihr dachte. Also habe ich recht gehört, sagte sie mit tonloser Stimme.
Ich senkte stumm den Blick zu Boden.
Holman, Holman, klang es angstvoll vom Bette her, du wirst mir nicht jetzt meine Tochter rauben wollen.
Luttra hatte sich der Türe genähert; als ich ihrnacheilte, wandte sie sich um. Der Sohn soll sich nicht von seinem Vater trennen, sagte sie fest entschlossen; daher muß ich es sein, die aus diesem Hause geht. Seit unserer ersten Begegnung in jener denkwürdigen Nacht, fuhr sie in sanfterem Tone fort, habe ich dich hoch verehrt und dein Bild im Herzen getragen. Ich war überglücklich, als du mich fragtest, ob ich dein Weib sein wolle, und beachtete es kaum, daß du den Antrag nicht damit begannst, mir deine Liebe zu gestehen, denn sie ist es, die fester als der Trauring die Gatten vereint. Mich beseligte der Gedanke, dir angehören zu dürfen; damals glaubte ich, das sei genug. Auch jetzt liebe ich dich noch so sehr, daß ich dich verlassen will. Für dein Glück würde ich noch mehr tun, ich würde dir deine Freiheit zurückgeben; allein, da du eine Frau dem Namen nach brauchst, so will ich das bleiben, wozu du mich haben wolltest. Ich werde deinem Namen niemals Schande machen, und wenn dereinst vielleicht ein Tag kommt, an dem du der Hingebung meines Herzens oder meines Beistandes bedarfst, so soll mich keine Macht der Erde von dir fernhalten. Bis dahin werde ich, obgleich dein angetrautes Weib, mich aller Rechte begeben, die du mir am heutigen Morgen verliehen hast. Lebe wohl und sei glücklich!
Im nächsten Augenblick war sie, einem Traumbild gleich, geräuschlos aus dem Zimmer verschwunden.
Ich wollte ihr nacheilen, aber ein Schmerzensschrei, der vom Bette herkam, hielt mich zurück; mein Vater lag bleich und regungslos auf dem Kissen. So konnte ich ihn nicht verlassen. Ich befahl Frau Daniels, die stets in der Nähe des Kranken zu finden war, die Dame – ich glaube, ich sagte »meine Frau« – anzuhalten, dann kehrte ich zu meinem Vater zurück. Als es mir endlich gelang, ihn aus der Ohnmacht zu wecken, war seine erste Frage nach der Tochter, die ihm wie ein Lichtstrahl in seiner Dunkelheit erschienen war. Ich wollte gehen, um sie herbeizuholen, aber schon trat die Haushälterin ins Zimmer.
Frau Blake ist fort, sagte sie, ich konnte sie nicht mehr erreichen.
Dreizehntes Kapitel.
Es war das letztemal, daß ich meine Gattin mit Augen
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