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Endlich gefunden

Titel: Endlich gefunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Katherine Green
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wäre irgendeine Arbeit oder Anstrengung meinerseits erforderlich gewesen, ich hätte es gewiß unterlassen,denn bei meiner Rückkehr nach der Stadt lebte die Neigung zu meiner Cousine von neuem in mir auf und nahm mich so völlig in Anspruch, daß alles, was nicht in Beziehung zu ihr stand, ohne Reiz für mich war.
    So vergingen zwei Jahre. Ich stand völlig unter Eveline Blakes Einfluß, aber es kam zu keiner Verlobung zwischen uns. Immer noch gab ich die Hoffnung nicht auf, daß sie eines Tages die Meine werden könne, aber bald sollte ich erfahren, wie sehr ich mich getäuscht hatte. Mein Vater war ein kranker Mann, er litt schon damals an dem Uebel, das ihn wenige Monate später ins Grab brachte, dennoch wußte er um jeden meiner Schritte und durchschaute mich ganz.
    Eines Tages ließ er mich zu sich rufen und eröffnete mir, daß er mich, seinen einzigen Sohn, zwar reich und unabhängig zurückzulassen wünsche, doch werde er das nur tun, wenn ich bereit sei, einer Neigung zu entsagen, die er im höchsten Grade mißbillige. Er habe gegen Heiraten unter nahen Verwandten ein ausgesprochenes Vorurteil, da sie gefährlich und frevelhaft seien und meist die unglücklichsten Folgen nach sich zögen. Wenn ich meinen Willen durchsetzen wolle, müsse er sich einen andern Erben suchen; denn das große Vermögen der Blakesolle, solange er es hindern könne, nie einer Rasse von blödsinnigen Schwächlingen zufallen.
    Allein nicht genug, daß er mich von der Frau trennte, welche ich liebte – in sicherem Vorausblick in die Zukunft bestand er auch darauf, ich solle noch vor seinem Tode eine würdige, verständige Wahl treffen und mich verheiraten.
    Deine Braut braucht nicht reich zu sein, auch nicht aus vornehmer Familie, fügte er hinzu. Ist sie nur gut und tugendhaft, nicht mit uns verwandt und von angenehmem Aeußern, so soll mein letzter Atemzug noch ein Segen für meine Kinder sein.
    Der Gedanke hatte sich seiner so völlig bemächtigt, daß ihn nichts davon abzubringen vermochte, auf alle meine Einwendungen hatte er nur die eine Antwort:
    Du sollst ganz frei wählen dürfen, und ich lasse dir einen Monat Zeit. Führst du mir nach Ablauf dieser Frist nicht deine Braut zu, so werde ich das Vermögen einem Erben vermachen, der bereit ist, meinen letzen Wunsch zu erfüllen.
    Einen Monat! – Ich musterte die vornehmen Schönen, die ich allabendlich in den Empfangssälen meiner Bekannten traf, und mir verging aller Mut. Sollte ich eine von ihnen zum Weibe nehmen, mitder Liebe zu einer andern Frau im Herzen? Unmöglich. Eine Gattin aus solchem Stande hätte auch ihrerseits Ansprüche erhoben, wenn sie einem Manne die Ehre erwies, ihm die Hand zu reichen. Was hatte ich aber jenen Damen zu bieten? Reichtum besaßen sie schon, eine hohe Stellung in der Gesellschaft gleichfalls. Liebevolle Hingebung? – das überstieg meine Kräfte. Unwillig gab ich den Gedanken auf.
    Bei meiner Cousine fand ich keine Hilfe. Sie war von stolzem Charakter und liebte mein Vermögen und meine Stellung nicht minder, als meine Person.
    Müssen Sie eine andere heiraten, um Ihr Erbe nicht zu verlieren, so wählen Sie Ihre Gattin nicht aus unserem Kreise, sagte sie, ich dulde keine Nebenbuhlerin in meinem Reich. Ihre Frau muß einfacheren Sinnes und weniger ehrgeizig sein als ich. – Aber beflecken Sie Ihren guten Namen nicht, denn er ist auch der meinige, pflegte sie stets hinzuzufügen.
    Inzwischen verging ein Tag nach dem andern. Hätte ich mir die Sache auch aus dem Sinn schlagen können, der strenge, fragende Blick, mit dem mein Vater mich allabendlich empfing, wenn ich an sein Lager trat, würde sie mir schnell genug ins Gedächtniszurückgerufen haben. Mir war, als wälze sich ein ungeheures Schicksal näher und näher zu mir heran, um mich zu zermalmen.
    Wie oder wann der Gedanke an Luttra zum erstenmal in mir aufstieg, kann ich nicht sagen. Anfangs schreckte ich davor zurück und wies ihn verächtlich von mir; aber er kehrte immer wieder, und es sprach so vieles zu ihren Gunsten, daß ich eine Heirat mit ihr bald als rettende Zuflucht zu betrachten begann. Wohl war sie eine Heimatlose, Flüchtige, aber mein Vater wollte ja keine Familienbeziehungen. Daß Bande des Blutes sie an Schurken und Verbrecher knüpften, wußte ich, doch hatte sie sich seit Jahren von jeder Verbindung mit ihnen losgesagt und ein neues Leben unter ganz anderen Verhältnissen geführt. Ich machte mich immer mehr mit dem Gedanken vertraut: welche dankbare, anspruchslose

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