Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)
bescheiden aussieht, oder?«
Er wedelt mit dem Schwanz.
Vielleicht wird er es gar nicht richtig mitbekommen, jedenfalls nicht wie Menschen solche Dinge realisieren und um das trauern, was unwiderruflich verloren ist.
»Auf Virginia würde ich mich nicht verlassen. So sehr steht sie dann doch nicht auf dich, Kumpel.«
Er keucht, vermutlich die Hunde-Version von seufzen.
Ich will damit jetzt nicht sagen, dass ich ein guter Mensch bin. Aber ich nehme mir ein Stück Küchenrolle, unterdrücke den Würgereflex und hebe das Hundehäufchen auf. Dann renne ich zur Toilette unter der großen Treppe, werfe es hinein und ziehe an der altmodischen Spülkette.
Ich höre sie nicht in die Küche kommen. Deshalb verschütte ich etwas von dem Kaffee auf meinen nagelneuen Pulli, als ich mich umdrehe und Ereka plötzlich dasteht.
»Ist noch genug für eine zweite Tasse da?«
»Bitte, nimm den hier.« Ich reiche ihr meinen Kaffee. Peinlich, der Fleck auf meinem Pulli, und ich kann nur hoffen, dass ich nicht nach Pizza rieche.
»Ach, Unsinn, ich koche mir schnell welchen. Hier, wisch dir das ab.« Sie reicht mir ein Geschirrtuch.
Ich tupfe an dem Fleck herum.
»Konntest du schlafen?«, frage ich.
»Ein bisschen. Summer hat mich ziemlich lange wach gehalten. Sie ist wirklich unglaublich.«
Ich höre Ereka an, dass sie das nicht ironisch meint.
»Ich hatte mir gerade ein paar Rescue-Tropfen eingeflößt, da kam Summer mit Ecstasy an«, flüstert Ereka. »Lieber Gott, war das genial!«
Ich bin mit solchen Sachen prinzipiell nicht einverstanden, aber aus Erekas Gesichtsausdruck kann ich schließen, dass Ecstasy genau das war, was sie gebraucht hat.
»Ach, Ereka, das mit gestern Abend tut mir schrecklich leid.« Ich beobachte sie, während sie Kaffee aufsetzt.
»Du hast mir zu denken gegeben«, sagt sie.
»Ja, aber trotzdem …«
»Wenn meine Freundinnen mir nicht sagen können, was ich nun mal hören muss, wer denn sonst?«
»Setz dich schon mal auf die Terrasse, ich bringe dir deinen Kaffee«, sage ich.
»Betüdel mich nicht so.«
»Ich denke durchaus, dass ein bisschen betüdeln angebracht ist, nachdem ich dich gestern Abend abgeschlachtet habe wie ein Seehundbaby.«
Sie stemmt in gespieltem Ärger die Hände in die Hüften. Aber sie lässt mich gewähren.
Ich schneide – nur für alle Fälle – zwei große Stücke von der Ingwertorte ab. Als ich mit einem Tablett voll Kaffee und Kuchen auf die Terrasse trete, schaukelt Ereka in dem Hängestuhl vor und zurück. Tennyson liegt in einem Fleckchen Sonne, den Kopf auf den Pfoten.
Sie nimmt ihren Kaffee, lehnt die Torte aber mit erhobener Hand ab. »Nein danke. Siehst du? Du hast mir beigebracht, nein zu sagen.«
Ereka sieht mir zu, während ich ein Stück Torte mit der Gabel abbreche.
»Du musst das nicht machen.«
»Ich weiß … aber manchmal wird Neinsagen überbewertet.«
Das meine ich ernst, ganz bestimmt. Ist manchmal schwer zu sagen. Ich kann nicht einschätzen, ob Ereka mich mag. Ob ich liebenswert bin. Ob sie mir erlauben wird, die Sauerei aufzuwischen, die ich gestern Abend veranstaltet habe.
Ereka nippt an ihrem Kaffee und sieht zu, wie sich der Nebel von der Landschaft hebt wie ein Brautschleier.
Als sie sich wieder mir zuwendet, liegt Verunsicherung in ihrem Blick.
»Sag mal, Jo, du und Frank … seid ihr … ist da noch Leidenschaft?«, fragt sie, und das letzte Wort klingt beinahe wie ein Wunsch.
Worauf sie damit hinauswill? Ich müsste lügen, wenn ich sagen würde, das weiß ich. Aber nach gestern Abend muss ich ihr gegenüber so großzügig sein, wie ich nur kann.
Allerdings habe ich keine Ahnung, wie ich im Rahmen eines lockeren Gesprächs vernünftig darauf antworten soll. Es ist sechs Jahre her, dass Ereka und ich uns öfter gesehen haben. Seither hat meine Beziehung zu Frank mehrere Inkarnationen durchlaufen, in denen mal Leidenschaft dabei war und mal nicht. Unter anderem gab es auch eine Phase von etwa zwei Jahren, in der mir davor graute, dass er ins Bett kam und ich mir einen weiteren Vorwand dafür einfallen lassen musste, warum mir nicht nach Sex zumute war – wieder einmal. Ich konnte mit ansehen, was meine Zurückweisungen bei ihm bewirkten. Wie aus seiner Wut Trauer und daraus Desinteresse wurde. Irgendwann wachte er nicht einmal mehr mit einer Erektion auf. Das machte mir Angst. Frank ohne seine Morgenlatte war wie Frank ohne seinen albernen Humor, seinen Katzenallergie-Heuschnupfen oder das Muttermal an seiner
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