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Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Endlich wieder Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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hinaus auf die Terrasse.
    »Ich habe Callum gefunden. Ist er nicht süß? Er wusste nicht, dass der Telefonanschluss im Haus nicht funktioniert«, berichtet Virginia mir, als hätte auch ich ungeduldig auf Neuigkeiten über die Telefonkrise gewartet. Ich bemühe mich, interessiert zu wirken. »Und er hat irgendwo den Schlüssel für das Zimmer oben. Er hat sich gleich entschuldigt und versprochen, später vorbeizukommen und uns eine kleine Führung durchs Haus und den Gedenkgarten zu geben.«
    »Was ist denn nun in dem abgeschlossenen Zimmer?«, frage ich.
    Virginia zuckt mit den Schultern. »Das werden wir sehen, wenn er es aufschließt.«
    »Und an wen oder was soll der Garten erinnern?«
    »Die Leute, denen das Haus früher gehört hat, haben ihren Sohn mit Mitte zwanzig verloren. Er war ein begnadeter Konzertpianist. Seine Mutter hat zum Gedenken an ihn einen Rosengarten angelegt. Aus tausend Rosensträuchern.«
    Ereka und ich drehen uns unwillkürlich um und wechseln einen Blick. Sie hat Tränen in den Augen. Bei ihr ist die Trauer immer dicht an der Oberfläche.
    Virginia erbietet sich, Helen zu wecken. Ein paar Minuten später kommen die beiden die Treppe herunter, Helen in einem schlabberigen Schlafanzug, unter dessen Oberteil ihre ehemals pornotauglichen Titten wie Kartoffelsäcke schaukeln. Als ich sie so sehe, schwöre ich mir, dass ich ihr ein paar hübsche Schlafanzüge kaufen werde. Aus feiner Baumwolle und ohne Folienprints mit Comicfiguren drauf.
    Ich achte nämlich auf meine Freundinnen und ihre Bedürfnisse.

13  Nie geschätzt

    M usst du wirklich schon nach dem Mittagessen fahren?«, fragt Summer Ereka, als wäre sie ihre neue beste Freundin.
    Summer sitzt mir gegenüber und plappert so ungezwungen, als wäre es ganz normal, sich Schuhe von jemand anderem »geborgt« zu haben. Sie ist völlig unbeeindruckt. Vor dem Frühstück habe ich meine Joggingschuhe an der Terrassentür abgeholt und sie selbst wieder angezogen. Vielleicht sollte ich noch mal meine Unterwäsche durchzählen.
    Der Tisch auf der Terrasse ist mit einem handbestickten Tischtuch gedeckt, das Ereka in einer Küchenschublade gefunden hat, als verdiente das Frühstück seine eigene Pracht. Während Ereka uns Kräuteromelett mit Räucherlachs und Ricotta serviert, klingelt Virginias Telefon. Ich bin irgendwie erleichtert.
    »Halleluja«, stößt sie aus, entschuldigt sich und geht telefonieren.
    »Ich muss zurück und Jake ablösen. Das ist unser elterlicher Staffellauf«, erklärt Ereka.
    Summer macht ein übertrieben trauriges Gesicht und nippt an ihrer Cola light. »Du wirst mir fehlen«, sagt sie.
    Als Virginia zurückkommt, hat sie die Flasche Moët in der Hand. Es ist kaum zu übersehen, wie bekümmert ihre Miene wirkt.
    »Alles in Ordnung?«, fragt Helen.
    »Das war die Krankenschwester von der Intensivstation.«
    »Wie geht es deiner Mutter?«, frage ich.
    »Sie stirbt.«
    »Ist sie … Hat sie Schmerzen?« Sterbende Leute haben meistens Schmerzen. Die Frage ist also ganz sinnvoll.
    »Sie bekommt eine Menge Schmerzmittel, und sie liegt im Koma, demnach ist das schwer zu beurteilen.«
    »Was hat die Schwester denn gesagt?«, erkundigt sich Helen.
    Virginia zuckt mit den Schultern. »Dasselbe wie immer: schlechte Nacht, nicht mehr lange …«
    »Das muss wirklich schwer für dich sein.« Normalerweise bin ich nicht so lahm.
    »Ja und nein. Wir beide führen nicht unbedingt eine ideale Mutter-Tochter-Beziehung.«
    »Das ist sehr freundlich ausgedrückt«, sagt Helen.
    »Stimmt. Und sie ist beinahe schon nicht mehr da.«
    »Fährst du zurück?«, fragt Helen.
    »Ich glaube nicht, dass in den nächsten vierundzwanzig Stunden irgendwas passieren wird. So geht das jetzt schon seit zwei Wochen. Außerdem würde sie gar nicht merken, ob ich da bin oder nicht.«
    Ereka öffnet den Mund, als wollte sie Virginia widersprechen, doch sie schließt ihn wieder.
    »War sie wirklich so schrecklich?«, frage ich.
    Ich habe Mühe, mir vorzustellen, was für ungeheuerliche Dinge dazu führen könnten, dass jemand so beiläufig vom Tod seiner eigenen Mutter spricht. Hat Virginia täglich Prügel bekommen? Musste sie hungern? War sie jahrelang in einem Schrank eingeschlossen? Von solchen Müttern liest man in billigen Klatschblättchen. Ab und zu tauchen sie in einer Talkshow auf. Ihr stimmt mir sicher zu, wenn ich sage, dass so etwas in der Tat die Frage aufwirft, ob man sich das Recht auf Fortpflanzung verdienen müsste. Zumindest sollte ein

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