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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ungeduldig.
    »Er steht an einer Bushaltestelle. Das heißt, sein Auto steht in der Haltebucht für die Busse, und er befindet sich neben dem hölzernen Wartehäuschen. Ich weiß nicht, was er da will. Vielleicht will er nur pinkeln.«
    »Was machst du jetzt?«
    »Ich fahre weiter, bis ich irgendwo anhalten kann, um ihn überholen zu lassen.«
    »Das ist gut«, meinte Stephan. »Er muss ja an dir vorbeifahren.«
    Er hörte, wie einige Minuten später der Motor abgestellt wurde. Durch das Telefon drang ein leises Rauschen.
    »Stehst du jetzt?«, wollte er wissen.
    »Ja, etwa zwei Kilometer hinter der Haltestelle. Es ging nicht eher.«
    »Schon gut.«
    Sie warteten. Stephan hörte hin und wieder auf- und abschwellende Geräusche, und Marie meldete jedes Mal, dass es andere Autos waren, die sie überholten oder ihr entgegen kamen.
    »Er kommt nicht«, sagte sie nach einer Weile. »Vielleicht war er mit Frau Rosell an der Haltestelle verabredet.«
    »Wie soll das gehen?«, fragte Stephan. »Die Straße ist etliche Kilometer vom Wasser entfernt. Dreh einfach und fahr zurück. Vielleicht befindet sich dort ein Abzweig, den du nicht gesehen hast.«
    Es vergingen einige Minuten, dann bestätigte sie.
    »Es gibt an der Haltestelle tatsächlich einen Abzweig. Er geht von der anderen Straßenseite ins Tal hinab. Ich habe ihn wahrscheinlich nicht gesehen, weil ich nur auf Hobbeling und sein Auto geachtet habe.«
    Stephan sah auf die Karte.
    »Geht es dort nach Tasarte?«
    »Ja, Tasarte. Hier steht ein Hinweisschild.«
    »Fahr hinunter!«, sagte Stephan. »Die Straße geht hinunter in den Ort Tasarte, die du nach rund zwei Kilometern erreichst. Fahr’ durch den Ort hindurch. Nach der Karte geht die Straße weiter bis zum Strand.«
    »Ich sehe das Meer von hier oben«, sagte Marie. »Es ist aber weit entfernt. Ich müsste durch das ganze Tal fahren.«
    »Das ist richtig«, bestätigte er. »Der Ort liegt ziemlich weit oben, der zugehörige Strand ist ein Stück entfernt. Ich schätze mal acht bis zehn Kilometer.«
     
    Marie fuhr weiter, steuerte das Auto durch das einsam gelegene Tasarte mit seinen wenigen schlichten Häusern, die sich an der steilen engen Straße wie Perlen an einer Schnur aufreihten. Stephan erfuhr, dass es dort sogar einen Spar-Supermarkt gab. Dann schwieg Marie und folgte konzentriert der wenig benutzten Talstraße, die, der Geländeformation folgend, sich durch Geländefurchen und um Felsvorsprünge wand. Irgendwann wurde das Tal etwas breiter und ebener, es gab spärlich betriebene Landwirtschaft. Einige wenige trockene Felder waren mit unansehnlichen grauen feinen Netzen eingehaust und so vor Schädlingen geschützt. Die Straße beschrieb ein letztes Mal einen scharfen Doppelhaken; dann sah Marie das Meer rund hundert Meter vor sich. Der Atlantik schlug mit gleichmäßigen kleinen Wellen auf das Land. Es gab keinen Sandstrand, sondern nur Steine. Die Asphaltstraße endete und führte nun als Schotterpiste bis ans Wasser heran. Marie stellte den Wagen ab, sah sich um und folgte dem Weg längs einer baufälligen alten Mauer Richtung Strand. Hinter der Mauer hörte sie das leise Zischen der Düse einer Wassersprenganlage. Die Wassernebel stiegen in feinen Schleiern in die Luft. Marie sah das zerstäubte Wasser über der Mauerkrone im Sonnenlicht wie Sterne funkeln. Die Mauer wurde von einem alten verrosteten Gittertor unterbrochen, dessen Flügel weit geöffnet waren. Es waren noch etwa 50 Meter bis zum Wasser. Marie passierte das Tor, sah die Wassernebel in der Luft und das Meer vor sich. Dann, mit nur einem flüchtigen Blick, sah sie rechts im Hof das Auto von Hobbeling stehen. Sie erschrak, stockte und ging einem inneren Impuls folgend wie mechanisch weiter. Marie wagte nicht, noch einmal in die Einfahrt zu sehen, doch sie hatte mit ihrem kurzen Blick auch die beiden Personen erfasst, die neben der geöffneten Fahrertür standen. Es waren der Arzt und Frau Rosell, die sich umarmten und küssten. Marie ging teilnahmslos vorbei, zielstrebig, aber nicht hastig und erreichte den schützenden Schatten der sich auf der anderen Seite fortsetzenden Mauer. Sie lief mit klopfendem Herzen schneller, blieb im Schutze der Mauer, die im rechten Winkel abknickte und nun parallel zum steinigen Strand verlief. Zwischen ihr und den vom Wasser geschliffenen Steinen mochten vielleicht 20 Meter liegen. Die Fläche zwischen Strand und Mauer war nicht mehr als eine staubige Piste, auf der etliche andere Autos parkten, deren

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