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Endstadium

Endstadium

Titel: Endstadium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Insassen offensichtlich in dem kleinen Lokal saßen, das am Ende des Weges vor einem Felsvorsprung stand. Er markierte wie ein Pfeiler den hier endenden Taleinschnitt und ragte trotzig in der Brandung auf. Der Felsvorsprung verklammerte die zerklüftete Küste und die bis hier reichenden Hänge, die das trockene Tal säumten, durch das Marie bis zum Atlantik gefahren war. Sie erkannte sofort in dem Haus mit dem Restaurant das Piratennest von Davids Kinderzeichnung wieder.
    Marie passierte das Lokal mit seiner verwegenen, direkt auf den Strand gebauten Veranda, auf der rot-weiße Sonnenschirme mit Coca-Cola-Werbung standen, und kletterte an den ins Meer ragenden Felsen entlang bis in eine kleine Bucht, von der aus sie versteckt das Motorboot sehen konnte, das direkt vor der Veranda des Restaurants an einem Holzpfahl angebunden war und in der schwachen Brandung schaukelte. Es musste dasjenige sein, mit dem Frau Rosell hergekommen war. Geschützt durch eine Felsnase berichtete Marie Stephan mit dennoch gepresster Stimme, was sie entdeckt hatte.
    »Ich glaube nicht, dass sie mich erkannt hat«, meinte sie. »Sie hat mich nur ein einziges Mal gesehen, als ich damals mit dir in ihrem Haus war. Überdies hat sie sich in erster Linie nur mit dir unterhalten. Und im Übrigen rechnet sie hier nicht mit mir. Sie war zum Glück zu sehr mit ihrem Liebhaber beschäftigt.«
     
     
     
     
     

21
    Julita Rosell hatte mit Jens Hobbeling geschlafen. Ihn zu spüren, hatte gut getan. Sie hatte nach ihm verlangt, sich hier mit ihm in ihrem Elternhaus verabredet, das nach dem Tod ihrer Eltern gelegentlich von ihr oder ihrer Schwester als Refugium genutzt wurde. Das Tal von Tasarte war vom Tourismus noch nicht entdeckt worden. Der steinige Strand hielt viele Besucher fern. Er war bis jetzt nur für einige Individualisten und für die wenigen Surfer attraktiv, die die beschwerliche Autofahrt über die Berge bis Tasarte in Kauf nahmen, um ihrem Sport nachzugehen. Die Kommune hegte schon seit Langem den Plan, den Strand zu verschönern und mehr Gastronomie anzusiedeln. Playa de Tasarte würde einmal ein Juwel der Küste werden. Man musste nur die Bausünden vermeiden, die man andernorts begangen hatte. Dann würde das Grundstück ihrer Eltern wertvoll werden. Aus dem baufälligen Haus würde ein kleines gediegenes Hotel werden.
     
    Julita Rosell stand nackt am Fenster und sah hinaus. Jens Hobbeling stand hinter ihr und knetete nochmals ihren Körper. So wie er sie nahm, sollte es sein. So wollte sie es immer haben. Mit Justus verband sie eine wirtschaftlich gut situierte Ehe, aber keine Leidenschaft. Sie hatte sich in Justus verliebt gefühlt, als sie ihn heiratete. Sie hatte sich eingeredet, dass er der Richtige sei, war von seinem Charme gefangen, natürlich auch von seinem Wohlstand. Sie folgte ihm blindlings nach Deutschland. Gran Canaria bot keine beruflichen Perspektiven. Sie mochte das Hotelgewerbe nicht. Julita Rosell hatte einen Sinn für das Geschäftliche. Sie war geschickt in der Buchhaltung, kombinierte und addierte, wuchs bald aus der bloßen Steuerfachgehilfin hinaus, als die sie ausgebildet worden war, und wechselte gern in die Firma ihres Mannes, um sich dort um all diese Dinge zu kümmern, mit denen er sich nicht beschäftigen mochte. Justus war ein Mann vom Bau. Er liebte die großen Bagger und Fräsen, mit denen er das Erdreich bewegte. Aber im Verhältnis zu ihr war er eigenartig sanft und fast devot folgsam. Er tat, was sie wollte. Und das befriedigte sie nicht. Sie liebte Justus nicht mehr, sie liebte jetzt den Erzfeind ihres Mannes.
    »Was denkst du?«, fragte Hobbeling, während er sie losließ und sich anzuziehen begann.
    »Diese junge Frau vorhin«, sagte sie nachdenklich. »Ich bin mir fast sicher, dass es die Freundin unseres Anwalts ist.«
    »Was sollte sie hier tun?«, fragte er lächelnd.
    »Es lauert auch ein fetter Kerl vor unserem Grundstück rum«, sagte sie. »Vielleicht hängen sie alle zusammen.«
    »Wie soll die Frau hergefunden haben?«, fragte er ungläubig.
    »Bist du sicher, dass dir niemand gefolgt ist?«
    Sie wandte sich zu ihm um. Bei ihrem Anblick keimte in ihm wieder die Lust auf.
    »Ja!«, versicherte er mit Nachdruck. »Mir ist niemand gefolgt.« Er wollte sie wieder berühren.
    »Nicht jetzt!«, sagte sie. »Nächstes Mal. Ich muss zurück. Und du auch.«
    Sie ließ ihn stehen. Es machte ihr Spaß. Er sollte nach ihr verlangen. So wie sie nach ihm. Sie spielten mit ihrem Verlangen und

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